Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
Vom Netzwerk:
Loomis Place. Das Loomis-Place-Apartmenthaus. Acht Stockwerke. So eine Art nierenfarbene Ziegelsteine. Vielleicht in der fünften Etage? Nach hinten raus? Ein junger Mann. Ich hatte heute Morgen einen komischen Fleck bei mir an der Decke.
    Der Typ mit den Koteletten: Sein Handy piept.
    Und Nash zieht die Finger aus dem Mund, und seine Lippen, fest geschlossen, wölben sich faltig nach vorn. Er besieht sich die Fingernägel aus solcher Nähe, dass er schielt.
    Der Tote war drogensüchtig, erzähle ich. Viele Leute in diesem Haus haben es mit Drogen. Ich frage, ob es da noch andere Tote gegeben hat. Hat es letzte Nacht im Loomis Place vielleicht zufällig einen ganzen Haufen Tote gegeben?
    Und der Typ mit den Koteletten packt das Mädchen bei den Haaren und zieht sie von seinem Mund weg. Mit der anderen Hand nimmt er ein Handy aus einer Innentasche seines Jacketts, klappt es auf und sagt: »Hallo?«
    Ich sage, die sind alle ohne äußerlich erkennbare Todesursache aufgefunden worden.
    Nash rührt mit einem Finger in der Zwiebelsoße herum und sagt: »In dem Haus wohnen Sie?«
    Ja, das sagte ich bereits.
    Der Typ mit den Koteletten hält das Mädchen immer noch an den Haaren und spricht in sein Handy. »Nein, Schätzchen«, sagt er, »ich bin gerade beim Arzt, und es sieht nicht gut aus.«
    Das Mädchen schließt die Augen. Sie biegt den Hals nach hinten und wühlt ihm ihre Haare in die Hand.
    Und der Typ mit den Koteletten sagt: »Nein, sieht aus, als gäb’s schon Metastasen.« Er sagt: »Nein, mir geht’s gut.«
    Das Mädchen schließt die Augen.
    Er zwinkert ihr zu.
    Sie lächelt.
    Und der Typ mit den Koteletten sagt: »Das bedeutet mir jetzt sehr viel. Ich liebe dich auch.«
    Er legt auf und zieht das Gesicht des Mädchens an seins.
    Und Nash nimmt den Zehner vom Tresen und stopft ihn sich in die Tasche. Er sagt: »Nein. Kein Wort davon gehört.«
    Das Mädchen rutscht mit den Füßen von der Fußstange ab und lacht. Sie tritt zurück und sagt: »War sie das?«
    Und der Typ mit den Koteletten sagt: »Nein.«
    Und ohne dass ich es will, passiert es. Ich brauche den Typ mit den Koteletten bloß anzusehen, und schon rauscht mir dieses Lied durch den Kopf. Das Lied, meine Stimme unter der Dusche, die Stimme des Verhängnisses, sie hallt in mir wider. Schnell wie ein Reflex. Wie ein Niesen, so schnell passiert es.
    Nash, der mich mit seinem Zwiebelatem anhaucht, sagt: »Hört sich irgendwie komisch an, wie Sie danach fragen.« Er schiebt sich den Rührfinger in den Mund.
    Und das Mädchen an der Theke sagt: »Marty?«
    Und der Typ mit den Koteletten, der eben noch an der Theke gelehnt hat, rutscht langsam zu Boden.
    Nash dreht sich nach ihm um.
    Das Mädchen kniet neben dem Burschen. Ihre Hände schweben dicht über dem Nadelstreifentuch seines Revers, doch ohne es zu berühren. Sie sagt: »Marty?« Ihre Fingernägel sind in funkelndem Violett lackiert. Ihr lila Lippenstift ist um den Mund des Burschen verschmiert.
    Und vielleicht ist der Typ wirklich krank. Vielleicht ist er an einer Kirsche erstickt. Vielleicht habe ich nicht schon wieder einen umgebracht.
    Das Mädchen sieht zu Nash und mir herauf, das Gesicht glänzend von Tränen. Sie sagt: »Kann einer von euch Erste Hilfe?«
    Nash taucht seine Finger wieder in die Zwiebelsoße, und ich steige über die Leiche und gehe, während ich mir den Mantel überziehe, an dem Mädchen vorbei zum Ausgang.

13
     
    Wieder in der Nachrichtenredaktion, erkundigt sich Wilson von der Weltredaktion, ob ich heute schon Henderson gesehen habe. Baker von der Buchredaktion sagt, Henderson habe sich nicht krank gemeldet, gehe zu Hause aber auch nicht ans Telefon. Oliphant von der Sonderbeilagenredaktion sagt: »Streator, haben Sie das gesehen?«
    Er reicht mir einen Belegbogen, eine Anzeige:
    Achtung an die Kunden
des French Salon
     
    Darunter steht: »Haben Sie in letzter Zeit bei gesichtskosmetischen Behandlungen stark blutende Wunden oder Narben davongetragen?«
    Die Telefonnummer ist mir unbekannt, und als ich anrufe, meldet sich eine Frauenstimme: »Anwaltskanzlei Doogan, Diller und Dunne«, sagt sie.
    Und ich lege auf.
    Oliphant steht an meinem Schreibtisch, er sagt: »Wo Sie schon mal hier sind, sagen Sie was Nettes über Duncan.« Die basteln an einem Artikel, sagt er, über Duncan, ein hübsches Porträt und eine kurze Darstellung seiner Karriere, und sie brauchen noch ein paar gute Zitate. Ein Illustrator benutzt das Foto von Duncans Mitarbeiterausweis, um das Porträt

Weitere Kostenlose Bücher