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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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hörbar.)
    ALWA
    Wer ist das …?
    RODRIGO
    Sie können Gott danken, dass ich hier kein Publikum vor mir habe.
    ALWA
    Wer kann das sein?!
    RODRIGO
    Das ist meine Geliebte! Seit einem vollen Jahre haben wir uns jetzt nicht mehr gesehen.
    ALWA
    Wie wollten denn die schon zurück sein! – Wer mag da kommen! – Ich erwarte niemanden.
    RODRIGO
    Zum Henker, so schließen Sie doch auf!
    ALWA
    Verstecken Sie sich!
    RODRIGO
    Ich stelle mich hinter die Portiere. Da habe ich vor einem Jahr auch schon einmal gestanden.
    (Rodrigo verschwindet hinter der Portiere links vorn, Alwa öffnet die Mitteltüre, worauf ALFRED HUGENBERG , den Hut in der Hand, eintritt.)
    ALWA
    Mit wem habe ich … Sie? – Sind Sie nicht …?
    HUGENBERG
    Alfred Hugenberg.
    ALWA
    Was wünschen Sie?
    HUGENBERG
    Ich komme von Münsterburg. Ich bin heute morgen geflüchtet.
    ALWA
    Ich bin augenleidend. Ich bin gezwungen, die Jalousien geschlossen zu halten.
    HUGENBERG
    Ich brauche Ihre Hilfe. Sie werden sie mir nicht versagen. Ich habe einen Plan vorbereitet. – Hört man uns?
    ALWA
    Wovon sprechen Sie? – Was für einen Plan?
    HUGENBERG
    Sind Sie allein?
    ALWA
    Ja. – Was wollen Sie mir mitteilen?
    HUGENBERG
    Ich habe zwei Pläne nacheinander wieder fallen lassen. Was ich Ihnen jetzt sage, ist bis auf jeden möglichen Zwischenfall durchgearbeitet. Wenn ich Geld hätte, würde ich Sie nicht ins Vertrauen ziehen. Ich dachte zuerst lange daran … Wollen Sie mir nicht erlauben, Ihnen meinen Entwurf auseinanderzusetzen?
    ALWA
    Wollen Sie mir bitte sagen, wovon Sie denn eigentlich sprechen?
    HUGENBERG
    Die Frau kann Ihnen unmöglich so gleichgültig sein, dass ich Ihnen das sagen muss. Was
Sie
vor dem Untersuchungsrichter zu Protokoll gaben, hat ihr mehr genützt als alles, was der Verteidiger sagte.
    ALWA
    Ich verbitte mir eine derartige Unterstellung.
    HUGENBERG
    Das sagen Sie so; das verstehe ich natürlich. Aber Sie waren doch ihr bester Entlastungszeuge.
    ALWA
    Sie waren der! Sie sagten, mein Vater habe sie zwingen wollen, sich selbst zu erschießen.
    HUGENBERG
    Das wollte er auch. Aber man glaubte mir nicht; ich wurde nicht vereidigt.
    ALWA
    Wo kommen Sie jetzt her?
    HUGENBERG
    Aus einer Besserungsanstalt, aus der ich heute morgen ausgebrochen bin.
    ALWA
    Und was beabsichtigen Sie?
    HUGENBERG
    Ich erschleiche mir das Vertrauen eines Gefängnisschließers.
    ALWA
    Wovon wollen Sie denn leben?
    HUGENBERG
    Ich wohne bei einem Mädchen, das ein Kind von meinem Vater hat.
    ALWA
    Wer ist Ihr Vater?
    HUGENBERG
    Er ist Polizeidirektor. Ich kenne das Gefängnis, ohne dass ich jemals drin war; und mich wird, so wie ich jetzt bin, kein Aufseher erkennen. Aber darauf rechne ich gar nicht. Ich weiß eine eiserne Leiter, von der man vom ersten Hof aus aufs Dach und durch eine Dachluke unter den Dachboden gelangt. Vom Innern aus führt kein Weg dorthin. Aber in allen fünf Flügeln liegen Bretter und Latten unter den Dächern und große Haufen Späne. Ich schleppe die Bretter und Latten an fünf Enden zusammen und zünde sie an. Ich habe alle Taschen voll Zündmaterial, wie es zum Feuermachen gebraucht wird.
    ALWA
    Dann verbrennen Sie doch!
    HUGENBERG
    Natürlich, wenn ich nicht gerettet werde. Aber um in den ersten Hof zu kommen, muss ich den Schließer in meiner Gewalt haben und dazu brauche ich Geld. Nicht dass ich ihn bestechen will; das würde nicht gelingen. Ich muss ihm das Geld vorher leihen, damit er seine drei Kinder in die Sommerfrische schicken kann. Dann drücke ich mich morgens um vier, wenn die Sträflinge aus geachteten Familien entlassen werden, zur Tür hinein. Er schließt hinter mir ab. Er fragt mich, was ich vorhabe; ich bitte ihn, mich am Abend wieder hinauszulassen. Und eh’ es hell wird, bin ich unter dem Dachboden.
    ALWA
    Wie sind Sie aus der Besserungsanstalt entkommen?
    HUGENBERG
    Ich bin zum Fenster hinausgesprungen. Ich brauche zweihundert Mark, damit der Kerl seine Familie in die Sommerfrische schicken kann.
    RODRIGO (aus der Portiere tretend)
    Wünschen der Herr Baron den Kaffee im Musikzimmer oder auf der Veranda serviert?
    HUGENBERG
    Wo kommt der Mensch her?! – Aus derselben Türe! – Er sprang aus derselben Türe heraus!
    ALWA
    Ich habe ihn in Dienst genommen. Er ist zuverlässig.
    HUGENBERG (sich an die Schläfen greifend)
    Ich Dummkopf! – Ich Dummkopf!
    RODRIGO
    Ja, ja, wir haben uns hier schon gesehen! Scheren Sie sich zu Ihrer Frau Vize-Mama! Ihr Brüderchen möchte seinen Geschwistern gerne Onkel werden. Machen

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