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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Sie Ihren Herrn Papa zum Großvater seiner Kinder. Sie haben uns gefehlt! Wenn Sie mir in den nächsten vierzehn Tagen noch einmal unter die Augen kommen, dann schlage ich Ihnen den Kürbis zu Brei zusammen.
    ALWA
    Seien Sie doch ruhig!
    HUGENBERG
    Ich Dummkopf!
    RODRIGO
    Was wollen Sie mit Ihren Brennmaterialien! – Wissen Sie denn nicht, dass die Frau seit drei Wochen tot ist?
    HUGENBERG
    Hat man ihr den Kopf abgeschlagen?
    RODRIGO
    Nein,
den
hat sie noch. Sie ist an der Cholera krepiert.
    HUGENBERG
    Das ist nicht wahr.
    RODRIGO
    Was wollen Sie denn wissen! – Da, lesen Sie; hier! (Zieht ein Zeitungsblatt hervor und deutet auf eine Notiz darin.) »Die Mörderin des Dr. Schön …« (Gibt das Blatt an Hugenberg.)
    HUGENBERG (liest)
    »Die Mörderin des Dr. Schön ist im Gefängnis auf unbegreifliche Weise an der Cholera erkrankt.« – Da steht nicht, dass sie gestorben ist.
    RODRIGO
    Was will sie denn sonst getan haben? Sie liegt seit drei Wochen auf dem Kirchhof. In der Ecke links hinten, hinter den Müllhaufen, wo die kleinen Kreuze sind, an denen kein Name steht, da liegt sie unter dem ersten. Sie erkennen den Platz daran, dass kein Gras darauf wächst. Hängen Sie einen Blechkranz hin, und dann machen Sie, dass Sie wieder in Ihre Kinderbewahranstalt kommen, sonst denunziere ich Sie der Polizei. Ich kenne das Frauenzimmer, das sich durch Sie ihre Mußestunden versüßt.
    HUGENBERG (zu Alwa)
    Ist es wahr, dass sie tot ist?
    ALWA
    Gott sei Dank, ja! – Ich bitte Sie, mich nicht länger in Anspruch zu nehmen. Mein Arzt verbietet mir, Besuche zu empfangen.
    HUGENBERG
    Meine Zukunft ist so wenig mehr wert! Ich hätte das letzte Bisschen, das mir das Leben noch gilt, gerne an ihr Glück hingegeben. Pfeif drein! Auf irgendeine Art werde ich nun doch wohl zum Teufel gehen!
    RODRIGO
    Wenn Sie sich unterstehen und mir oder dem Herrn Doktor hier oder meinem ehrenwerten Freund Schigolch noch in irgendwelcher Weise zu nahe zu treten, dann verklage ich Sie wegen beabsichtigter Brandstifterei. Ihnen tun drei Jahre Zuchthaus not, damit Sie wissen, wo Ihre Finger nicht hineingehören. – Und jetzt hinaus!
    HUGENBERG
    Ich Dummkopf!
    RODRIGO
    Hinaus!! (Wirft Hugenberg zur Tür hinaus. Nach vorne kommend.) Nimmt mich wunder, dass Sie dem Lümmel nicht auch Ihr Portemonnaie zur Verfügung gestellt haben.
    ALWA
    Ich verbitte mir Ihre Unflätigkeiten! Der Junge ist im kleinen Finger mehr wert als Sie!
    RODRIGO
    Ich habe an dieser Geschwitz schon Genossenschaft genug. Soll meine Braut eine Gesellschaft mit beschränkter Haftpflicht werden, dann mag ein anderer vorangehen. Ich gedenke die pompöseste Luftgymnastikerin aus ihr zu machen und setze deshalb gerne mein Leben aufs Spiel. Aber dann bin ich Herr im Hause und bezeichne selber die Kavaliere, die sie bei sich zu empfangen hat.
    ALWA
    Der Junge hat das, was unserem Zeitalter fehlt. Er ist eine Heldennatur. Er geht deshalb natürlich zugrunde. Erinnern Sie sich, wie er vor Verkündigung des Urteils aus der Zeugenbank sprang und dem Vorsitzenden zurief: »Woher wollen Sie wissen, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie sich als zehnjähriges Kind die Nächte barfuß hätten in den Cafés herumtreiben müssen?!«
    RODRIGO
    Hätte ich ihm nur gleich eine dafür in die Fresse hauen können! – Gottlob gibt es Zuchthäuser, in denen man solchem Pack Achtung vor dem Gesetz einflößt.
    ALWA
    Er wäre so einer, der mir in meinem »Weltbeherrscher« Modell stehen könnte. Seit zwanzig Jahren bringt die Literatur nichts als Halbmenschen zustande; Männer, die keine Kinder machen und Weiber, die keine gebären können. Das nennt sich »modernes Problem«.
    RODRIGO
    Ich habe mir eine zwei Zoll dicke Nilpferdpeitsche bestellt. Wenn die keinen Sukzess bei ihr hat, dann will ich Kartoffelsuppe im Hirnkasten haben. Sei es Liebe, seien es Prügel, danach fragt kein Weiberfleisch; hat es nur Unterhaltung, dann bleibt es stramm und frisch. Sie steht jetzt im zwanzigsten Jahr, war dreimal verheiratet, hat eine kolossale Menge Liebhaber befriedigt, da melden sich auch schließlich die Herzensbedürfnisse. Aber dem Kerl müssen die sieben Todsünden auf der Stirn geschrieben stehen, sonst verehrt sie ihn nicht. Wenn der Mensch so aussieht, als hätte ihn ein Hundefänger auf die Straße gespuckt, dann hat er bei solchen Frauenspersonen keinen Prinzen zu fürchten. Ich miete eine fünfzig Fuß hohe Garage, da wird sie dressiert; und hat sie den ersten Tauchersprung exekutiert, ohne den Hals

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