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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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meiner Umgebung zugleich aufzunehmen. Erkannte man mich von den
Fahndungsfotos? Wussten diese Leute, wer ich war, was ich angeblich getan
hatte? Mein Herz raste so heftig, als wollte es das knöcherne Gefängnis meiner
Rippen sprengen.
    Es
war ein Gefühl, das mir beinahe jeden klaren Gedanken raubte. Aus meinem zügigen
Gang war rasch eine kopflose Flucht geworden, und ich hetzte wie von Sinnen
durch die Straßen, nicht auf die Abzweigungen achtend, die ich nahm, einzig und
allein darauf bedacht, in menschenleere Gebiete zu gelangen, wo ich sicher war
vor den durchdringenden Augen dieser Fremden.
    Ich
konnte nicht sagen, wie lange ich so gelaufen war, ehe ich mich schließlich
erschöpft gegen eine Hauswand sinken ließ und nach Atem rang. Hier gab es keine
Menschen mehr, keine Autos, nicht einmal Vögel auf den Stromleitungen. Fürs
Erste würde ich hier in Sicherheit sein.
    Meine
Augen wanderten ziellos über meine Umgebung, und es versetzte mir einen
heftigen Stich, als ich begriff, dass ich nichts wiedererkannte.
    Die
Erkenntnis traf mich schmerzhaft: Kiro war fort, und ich wusste nicht, wo ich
ihn suchen sollte. Anstatt meinem Ziel näherzukommen, hatte ich mich nun obendrein
selbst verirrt.
    Ich
würde Kiro niemals finden – nicht einmal den Rückweg.
     
     

Kapitel XI
     
    Während ich am
Bordstein hockte und aus leeren Augen ins Nichts starrte, setzte die Sonne über
meinem Kopf ihre unermüdliche Reise fort, tauchte unter dem Zenit hinweg und
bewegte sich Richtung Horizont. Mein Gefühl für das Verstreichen der Zeit hatte
ich schon vor Wochen verloren, und so konnte ich nur mutmaßen, dass es mittlerweile
später Nachmittag geworden war. Ich musste für Stunden unterwegs gewesen sein.
    »Kiro«,
flüsterte ich. »Wo steckst du?«
    Ich
vergrub das Gesicht in den Händen, und Tränen sickerten heiß durch meine
Finger.
    Kiro ist mir nicht egal , hallte meine eigene
Stimme in meinem Kopf wider, und ich spürte mit aller Kraft, wie wahr diese
Worte waren.
    War
er verschwunden, weil er sich von mir abgewiesen fühlte? Oder hatte Hansen
recht, und die Hoffnung, dass Mike noch lebte, irgendwo da draußen, hatte Kiro
jede ruhige Minute geraubt? Wie ich es drehte und wendete, es schien meine
Schuld zu sein, dass der Junge fort war. Was genau ihn weggetrieben hatte,
zählte im Grunde nicht – Fakt war, dass ich ihn verloren hatte, vielleicht für
immer.
    »Laura?«
    Mit
einem Ruck fuhr mein Kopf hoch. Diese Stimme … War es denn wirklich möglich …?
    In
der Ferne erkannte ich eine schlanke, hochgewachsene Gestalt mit langem Haar,
die sich auf mich zubewegte. Ich kniff die Augen zusammen, denn das Sonnenlicht
blendete mich und ließ die Person zu einem schwarzen Scherenschnitt gerinnen.
    »Kiro?«
Mit einem Ruck erhob ich mich von der Bordsteinkante, mein Herz schlug hart
gegen meine Brust. »Bist du es wirklich?«
    »Laura,
komm hierher!« Die Gestalt breitete ihre Arme aus. Ich sah sie nun deutlicher,
das lange, weißblonde Haar, die blasse Haut. Auch ihre Kleidung war weiß, und unvermittelt
hielt ich Ausschau nach einem Paar großer, gefiederter Flügel, das ihr aus den
Schultern wachsen musste.
    Der
Mann, der mittlerweile nur noch wenige hundert Schritte entfernt war, lächelte.
Etwas in meinem Inneren verkrampfte sich, als ich sein Gesicht sah. Langsam tat
ich einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, Sie sind nicht
Kiro.«
    »Das
ist richtig, Laura. Aber ich bin auch nicht dein Feind.«
    Die
Gestalt hatte mich nun erreicht, und in mir ertönte eine schrille Alarmglocke,
die mich zur Flucht antreiben wollte. Ich sah nun, dass der Fremde verblüffende
Ähnlichkeit mit Kiro hatte: Er war von ähnlicher Statur und Größe und hatte
dieselbe, ungewöhnliche Haarfarbe. Sein Haar war jedoch deutlich länger, und
obwohl seine Gesichtszüge ebenso fein gezeichnet waren, erkannte ich sofort,
dass er weit älter sein musste, obgleich es mir unmöglich war, eine genaue Zahl
zu benennen. Seine Augen waren von einem stechenden Blau, ein krasser Gegensatz
zu Kiros beinahe schwarzer Iris.
    »Wer
sind Sie? Und woher kennen Sie meinen Namen?«, fragte ich mühsam beherrscht.
    »Du
traust mir nicht«, stellte der Fremde fest. Er stand nun direkt vor mir, und
ich erkannte, dass er um beinahe einen Kopf größer als Kiro sein musste. »Das
verstehe ich sehr gut. Es sind harte Zeiten.«
    »Sind
Sie ein Freund von Hansen?«, bohrte ich nach, nachdem ich ihn eindringlich
gemustert hatte. Schließlich hatte

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