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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Hansen abreagierte.
    »Da
sich sonst niemand für diesen Job meldet, bin ich das im Augenblick wohl. Und
wenn du nicht augenblicklich gehorchst, werde ich dir Beine machen, also sieh
zu, dass du in deinen Pyjama schlüpfst, Junge.«
    »Sie
sind ein Ekel«, murmelte Kiro, trollte sich aber gehorsam.
    Ich
wollte ihm bereits folgen, aber Hansen hielt mich an der Schulter fest. Es
kostete mich einiges an Konzentration, ihn nicht wie eine Viper anzuzischen.
    »Was
wollen Sie noch?«, fragte ich ungeduldig.
    »Warum
hast du das gesagt?« Hansens Augen ruhten vorwurfsvoll auf mir. »Warum machst
du ihm falsche Hoffnungen? Die Sache nagt doch so schon genug an ihm. Macht es
dir Spaß, den Jungen leiden zu sehen?«
    »Natürlich
nicht!«, begehrte ich auf. »Ich habe nur gesagt, dass Mike lebt, weil ich der
festen Überzeugung bin, dass es die Wahrheit ist.«
    »Gut,
vielleicht lebt er noch«, gestand Hansen überraschenderweise ein. Er hatte die
Stimme gesenkt, um zu verhindern, dass Kiro etwas von seinen Worten aufschnappte.
»Aber wenn du mich fragst, wäre es weitaus besser, er wäre tot. Was auch immer
Michael heute ist, er ist ganz sicher nicht mehr der Bruder, den Kiro in
Erinnerung hat. Und das weißt du sehr genau.«
    »Kiro
ist das nicht wichtig«, sagte ich, ohne Hansen in die Augen zu sehen.
    »Ganz
genau«, erwiderte dieser. »Und eben das ist das Problem.«
    »Darf
ich mich jetzt entfernen, Leutnant?«
    Für
die Dauer eines Herzschlages fühlte ich noch Hansens durchdringenden Blick auf
mir ruhen, ein Blick, der mich förmlich zu sezieren schien. Dann sah ich aus
den Augenwinkeln, wie der Arzt widerwillig nickte. »Mach, dass du
verschwindest, Laura. Aber reiß dich bitte zusammen. Der Junge ist verletzlicher,
als du glaubst, also spiel nicht mit seinen Gefühlen.«
    Ich
lachte leise und entwand mich Hansens Griff. »Und das sagen ausgerechnet Sie?« Mit
diesen Worten verließ ich das Wohnzimmer und zog die Tür hinter mir ins
Schloss.

Kapitel X
     
    Entgegen meinen
Erwartungen schlief ich beinahe augenblicklich ein, nachdem ich mich auf dem
schmalen Gästebett ausgestreckt hatte, das in den letzten Wochen beinahe
ausschließlich als Ersatzschreibtisch und improvisiertes Bücherregal gedient
hatte, und erwachte erst Stunden später, als die Sonne längst hoch am Himmel
stand.
    Selbst
jetzt wurde ich nicht von alleine wach, wie mir nach einigen Sekunden, in denen
ich bloß schlaftrunken Löcher in die Luft starrte, bewusst wurde. Etwas hatte
mich geweckt.
    Ein
dumpfes, aber nichtsdestotrotz sehr ungeduldiges Klopfen ertönte; das Geräusch,
das mich gerade so unsanft aus dem Schlaf gerissen hatte. Doch der unhöfliche
Störenfried beschränkte sich nicht darauf, meine Tür zu quälen, sondern tat
eines der schlimmsten Dinge, die man einem schlafenden Menschen antun konnte: Er
rief nach mir.
    »Laura?
Laura, schläfst du noch?«
    »Jetzt
nicht mehr«, grummelte ich.
    Der
Störenfried, der meine Worte natürlich nicht hatte hören können, fuhr fort,
meinen Namen zu brüllen und seine Knöchel am Holz der Tür wundzuschlagen. Ich
erkannte in der Stimme zweifelsfrei Hansens markant-harte Betonungen wieder,
obgleich die heftigen Emotionen darin sie beinahe unkenntlich verzerrten. Etwas
musste passiert sein.
    Diese
Erkenntnis vertrieb den letzten Rest Schläfrigkeit, der sich verbissen an
meinen Sinnen festgekrallt hatte. Entschieden schlug ich die Decke zurück,
schwang die Beine über die Bettkante und war mit einigen raschen Schritten bei
der Tür angelangt, um Hansen zu öffnen.
    »Was
ist passiert?«, fragte ich, ohne mich mit einer Begrüßung aufzuhalten.
    Auf
Hansens Gesicht lieferten sich die für seinen Charakter so typische Vernunft
und eine mit aller Macht an die Oberfläche dringen wollende Panik einen
erbitterten Kampf. »Kiro ist verschwunden«, antwortete er. »Ich habe das ganze
Haus auf den Kopf gestellt, aber keine Spur von ihm gefunden. Er ist wie vom
Erdboden verschluckt.«
    »Kiro
ist verschwunden?«, wiederholte ich verblüfft. Das war so ziemlich das Letzte,
was ich erwartet hatte. »Aber er hat doch gar keinen Grund, sich ohne ein Wort
davonzustehlen. Abgesehen davon: Wohin sollte er überhaupt gehen?«
    Hansen
schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Ich hoffe nur, er macht keine
Dummheiten. Obwohl es mich nicht überraschen würde.«
    »Was
meinen Sie damit, obwohl es Sie nicht überraschen würde?«, fragte ich mit
gerunzelter Stirn.
    Hansen
lachte trocken. »Laura, das weißt du sehr

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