Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
schrecklich
naiv. Der einzige Mensch, dem Hansen helfen will, ist er selbst, so war es
immer und so wird es immer sein. Er will sich vor dem Kommenden schützen und
bildet euch als seine winzige Privatarmee aus, seine persönlichen Leibwächter.
Du weißt, dass ihr stärker seid als er?«
»Hören
Sie auf damit«, zischte ich. »Hören Sie auf, meine Gedanken verwirren zu
wollen. Das hat keinen Sinn, begreifen Sie das nicht? Was auch immer Sie damit
bezwecken, ich werde mich ganz sicher nicht von Ihren Engelszungen einlullen
lassen.«
»Hansen
war Kiros erster Pflegevater.«
Ich
hielt mitten im Schritt inne und starrte den anderen an. » Was? «
Ein
triumphierendes Glitzern erwachte in den Augen des Fremden. »Das hat er dir
verschwiegen, nicht wahr? Bevor Hansens Frau verschwand, war der junge Kiro in
seiner Obhut. Er hat ihn fortgegeben, nachdem seine Frau nicht mehr da war,
denn er ist nicht der Typ Mensch, der sich aus Barmherzigkeit um die Kinder
anderer kümmert.«
»Das
glaube ich nicht«, flüsterte ich.
»Nein?
Obwohl du weißt, dass Hansen mit Kiros Eltern befreundet war? Obwohl du weißt,
dass er mit Kiro seit seiner frühen Kindheit Kontakt hatte?«
»Hansen
kannte Kiros leibhaftige Eltern?« Mir klappte der Mund auf.
Der
Blonde lächelte triumphierend. »Das hat er dir also auch noch nicht anvertraut?«
Ich
schüttelte fassungslos den Kopf. »Kein einziges Wort.«
Die
Hand des Fremden spielte geistesabwesend mit meinem langen Haar. »Laura, Laura.
Und ich dachte, wenigstens so viel Ehrlichkeit wäre Hansen zuzutrauen. Er hat
dich noch weit mehr vorgeführt, als ich dachte.«
»Wenn
Sie all diese Dinge tatsächlich wissen und das nicht bloß sagen, um mich zu
verwirren«, begann ich umständlich, »dann sagen Sie mir die ganze Wahrheit.
Zumindest wäre dies eine gute Gelegenheit für Sie, sich selbst in ein besseres
Licht zu rücken.«
Der
andere lachte leise. »Du bist ganz schön dreist, Mädchen.«
Es
klang amüsiert.
»Gut,
ich erzähle dir etwas über Kiros Vergangenheit. Obwohl ich zugeben muss, dass
es eine sehr bittere Geschichte ist.«
»Ich
vertrage so einiges«, gab ich zurück.
»Gut,
dann hör zu. Ich nehme an, Hansen hat dir von den blutigen Verfolgungen der Magier
erzählt?«
Ich
nickte.
»Der
Zirkel, der das Hauptziel dieser Morde war«, fuhr er fort, »bestand aus einer
Reihe untereinander gleichberechtigter Magier. Trotzdem gab es zwei Mitglieder,
die gewissermaßen eine besondere Stellung in diesem Verbund innehatten. Zum
einen lag das daran, dass sie unglaublich mächtig waren und die alte Kunst
beherrschten wie kaum ein anderer in ihren Reihen, zum anderen hatte es den
Grund, dass sie gütig waren und gerecht. Sie waren die geborenen Anführer, und
obwohl sie selbst niemals diese Stellung für sich beansprucht hätten, wurden
sie doch von all ihren Mitstreitern als solche behandelt. Bei diesen beiden
besonderen Menschen handelte es sich um Eloin und Andreas. Die beiden hatten eine
innige Zuneigung zueinander entwickelt und liebten den jeweils anderen mehr als
ihr eigenes Leben. Wie du dir sicher denken kannst, waren es diese Gefühle, die
ihnen schließlich zum Verhängnis werden sollten.
Gleichwie,
während die Zahl der Magier von Tag zu Tag weiter dezimiert wurde, von dem
unerbittlichen Feind, zu dem der Staat mittlerweile geworden war …«
»Und Er «, unterbrach ich den Fremden. »Sie haben vergessen, den dunklen
Magier zu erwähnen.«
Die
eisfarbenen Augen des anderen fixierten mich. » Er war nicht einmal eine
annähernd so große Bedrohung wie der Hass der Menschen gegen die Magier, Mädchen.
Vergiss das nicht, vergiss das nie!«
»Ich
habe etwas anderes gehört«, beharrte ich.
»Von
Hansen, nicht wahr?«
Das
brachte mich zum Verstummen.
»Gut,
wie auch immer. Während also die Lage immer ernster zu werden drohte, setzten Andreas
und Eloin ein Zeichen der Hoffnung in diese von Blut getränkte Welt: Ein Kind
wurde geboren. Und dieses Kind war Kiro.«
Ich
riss die Augen auf. »Kiro ist ein Erbe des Zirkels?«
»Er
ist DER Erbe des Zirkels«, verbesserte der andere betont. »Und er wurde seinen
Eltern zum Verhängnis. Da Eloin und Andreas – berechtigterweise – um das
Wohlergehen ihres Sohnes fürchteten, beschlossen sie, das Kind in sichere Hände
zu geben und selbst die Stadt zu verlassen. Es war ein feiger Entschluss«,
fügte der Blonde abfällig hinzu. »Diese sicheren Hände, die sie für den Jungen
ausgesucht hatten, waren die Hansens und
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