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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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allmählich ein unangenehmer Druck hinter
meiner Stirn bemerkbar machte, konnte ich mich einfach nicht mehr davon lösen.
    »Ich
weiß es nicht«, beteuerte ich nochmals. Diesmal klang es eindeutig verzweifelt.
    Es ist soweit , sagte eine Stimme in meinem
Kopf, die mir beängstigend fremd erschien.
    Plötzlich
fuhr Kiro wie von der Tarantel gestochen hoch. »Laura«, keuchte er. »Sieh dir
das an!«
    Kiros
ausgestreckter Arm deutete zitternd auf einen kaum handbreiten Riss in der
Decke, durch den ein kleiner Ausschnitt des Himmels hätte sichtbar sein müssen,
ein Fetzen der blau-grauen Wolkendecke, die den Horizont seit Stunden überzogen
hatte und ein baldiges Unwetter ankündigte. Doch alles, was ich erkennen konnte,
war Schwarz; das tiefste Schwarz, das ich je in meinem Leben gesehen hatte.
    »Was
ist das?«, flüsterte ich. »Wo ist der Himmel?«
    Da
begann die Erde, zu beben. Zuerst war es nur ein sanftes, kaum erwähnenswertes Vibrieren,
doch dann erzitterte das gesamte Gebäude in seinen Grundfesten. Ein
krampfhaftes Zucken lief durch den Boden unter unseren Füßen, die Ziegelsteine der
Wände rieben knirschend aneinander, und das Holz der Dachbalken über unseren
Köpfen krachte und knackte hörbar, als die gesamte Konstruktion betrunken schwankte.
Mir war, als stöhnte und ächzte das Haus selbst wie unter Agonie, ein riesiges
Lebewesen, in dessen Bauch wir uns befanden. Jahrzehntealter Staub und Verputz
regneten von der Decke, rieselten von den Wänden und hüllten uns in eine graue,
erstickende Wolke.
    »Raus«,
hustete Kiro. »Wir müssen … sofort … raus hier! Dieses ganze Haus ist eine
einzige, riesige Falle! Hier bricht gleich alles zusammen!«
    Ich
wollte antworten, doch alles, was ich hervorbrachte, war ein qualvolles, um
Atem ringendes Keuchen, das im Wimmern und Klagen des sterbenden Gebäudes unterging.
    Kiro
hatte recht. Wir mussten raus hier, sonst würden wir lebendig unter Tonnen von
Stein und Holz begraben. Doch wie? Den einzigen Ausgang hatten Kiro und ich vor
wenigen Minuten mit eigenen Händen versperrt, und das gründlich. Selbst wenn
wir genügend Zeit gehabt hätten, das gute Dutzend Möbel zur Seite zu räumen –
in diesem Chaos aus Staub, Schatten und Bewegung war es schlichtweg unmöglich,
sich zu orientieren. Wir saßen in der Falle.
    »Das
Fenster!«, keuchte Kiro.
    Er
hustete und stieß im nächsten Moment ein schmerzerfülltes Keuchen aus, als ein
Teil des herabbröckelnden Verputzes seine Schulter streifte und ihn zur Seite
riss.
    »Wir
müssen … müssen ein Fenster einschlagen! Das ist unsere einzige Chance!«
    Ein
ohrenbetäubendes Krachen und Bersten erscholl über uns, und ein gut zwei Meter
langer und mehr als oberschenkeldicker Teil des Dachbalkens brach in der Mitte
entzwei wie ein Zweig und krachte zu Boden. Die gesamte Decke rutschte ein
Stück weiter nach unten, an der tiefsten Stelle nur noch eine Handbreite von
unseren ohnehin schon gesenkten Köpfen entfernt. Der pechschwarze Spalt über
unseren Köpfen wurde breiter. Oder war es das Licht an sich, das weniger wurde?
    »Nun
komm schon!«, brüllte Kiro.
    Eine
starke Hand krallte sich in meinen Unterarm und zerrte mich mit etwas mehr als
sanfter Gewalt herum wie ein kleines Kind, und genau wie ein solches ließ ich
alles willenlos mit mir geschehen. Die Furcht durchzuckte mich wie ein
elektrischer Schlag, mit einem Mal spürte ich den eiskalten, übelriechenden
Atem des Bösen, der mir in Mund und Nase drang und mir die Luft raubte. Ich
fühlte mich wie paralysiert, konnte kein Lid bewegen, doch Kiro reagierte mit
überraschender Geistesgegenwart und packte mich kurzerhand an den Hüften, um
mich vors Fenster zu setzen wie eine Stehlampe, die umgestellt werden musste.
    Mit
einer fast beiläufig wirkenden Bewegung trat er die Spanholzplatte ein, mit der
das Fenster vernagelt worden war, fasste mich erneut um die Taille und hob mich
mühelos hoch, um mich durch die Öffnung zu hieven.
    Mit
einem atemlosen Keuchen landete ich hart auf dem Boden, und einen Sekundenbruchteil
später kamen auch Kiros Füße neben mir im Freien auf. Er wollte mich in die
Höhe ziehen, doch meine Beine gaben unter mir nach, sodass ich ihn ganz im
Gegenteil mit mir hinunterriss, und halb aneinandergeklammert fielen wir nieder
wie Zinnsoldaten, die ein launisches Kind umgetreten hatte. Im selben Moment
krachte das Haus hinter uns völlig in sich zusammen, als wäre es aus Karten und
nicht aus Holz, Stein und Beton errichtet.
    Als
das

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