Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
Vom Netzwerk:
einzuhacken.
    Geistesgegenwärtig
riss Taoyama beide Arme über den Kopf und versuchte gleichzeitig mit der Kraft
des Verzweifelten, die gewaltige Krähe, die von so nah noch größer wirkte, von
sich zu schieben. Unerträgliche Schmerzen pulsierten durch Taoyamas Arme, als Schnabel
und Krallen die Haut seiner Glieder abwetzten wie die Schale einer reifen
Orange. Währenddessen schlug die Krähe hektisch mit den Flügeln, die Taoyama
immer wieder wuchtig ins Gesicht peitschten und ihn besinnungslos zu schlagen
drohten. Seine Abwehrbewegungen erlahmten allmählich, seine Kräfte versiegten.
Mit einem gurgelnden Ächzen sackte Taoyama in sich zusammen.
    Ein
sengender Schmerz fraß sich durch seine Bauchdecke, als die Aaskrähe seine
Deckung durchbrach und sich an seinen Organen gütlich tun wollte. Taoyama brüllte,
als er spürte, wie er bei lebendigem Leib ausgeweidet wurde, holte aber zugleich
mit dem Arm aus und schlug den Vogel unter Aufbietung seiner letzten Kraftreserven
von seiner Brust. Er traf das Tier frontal, und mit einem schrillen Schrei
wurde es einige Meter weggeschleudert, um weit entfernt Taoyamas altbekanntes
Schicksal zu teilen und auf dem harten Beton aufzuschlagen.
    Der
Japaner biss die Zähne zusammen, wälzte sich herum und schleppte sich kriechend
voran. Zum Aufstehen fehlte ihm die Kraft. Seine Beine fühlten sich nutzlos und
ungewohnt schwer an. Aus der Wunde in seinem Bauch quoll unablässig klebrige,
zähflüssige Wärme, die den Asphalt unter seinen Fingern glitschig werden ließ.
Als in seinem Rücken ein ihm schon bekanntes Kreischen erscholl, zuckte er so
heftig zusammen, dass er auf seinem eigenen Blut ausglitt und mit dem Kinn hart
auf dem Boden aufschlug. Frische, nach Kupfer schmeckende Flüssigkeit füllte
seinen Mund. Er versuchte, sich wieder in die Höhe zu stemmen, doch seine
Gliedmaßen verweigerten ihm den Dienst, und er brach in sich zusammen wie eine
Marionette, die ein überdrüssiger Spieler fallen gelassen hatte. Sein Kopf
rollte kraftlos zur Seite, seine Lider wurden immer schwerer. Mit einem Mal war
er nur noch müde.
    Dann komm doch und friss mich endlich, damit es vorüber ist , sagte eine fremd klingende Stimme in seinem Kopf. Komm und bring
es zu Ende.
    Wieder
der Schrei des Vogels, plötzlich klackernde Schritte auf dem Asphalt. Ein lauter
Knall ertönte, und die Krähe entfernte sich mit rauschenden Flügelschlägen.
    »Recht
so, du Bestie!«, schrie ihr eine Stimme nach. »Sieh zu, dass du Land gewinnst!«
    Eine
starke Hand packte Taoyama an der Schulter und wuchtete ihn auf den Rücken.
Sein Retter atmete scharf ein, als er die klaffende Wunde in der Bauchdecke des
Japaners sah, machte sich aber unverzüglich daran zu schaffen. Taoyama stöhnte.
Wieder dieser grässliche Schmerz in seinem Leib, diesmal deutlich intensiver
als zuvor. Mit einem erstickten Schrei bäumte er sich im Griff des Fremden auf
und versuchte, die tastenden Hände zur Seite zu schlagen.
    Kühle
Finger legten sich auf seine schweißbedeckte Stirn und drückten ihn zu Boden.
    »Ruhig,
Junge. Ganz ruhig. Nicht bewegen. Deine Wunde ist zwar provisorisch verbunden,
aber die Blutung kaum gestillt. Dafür habe ich nicht das richtige Material bei
mir.«
    Taoyama
antwortete nicht, er sah auch keinen Sinn darin. Wenn er nicht reagierte,
verschwand der Fremde vielleicht und ließ ihn endlich schlafen.
    »Hiroshi?
Hiroshi! Komm, sprich mit mir!« Wieder packte die Hand Taoyamas Schulter,
diesmal, um kräftig daran zu rütteln. »Nicht einschlafen, hörst du? Schlaf bloß
nicht ein! Hiroshi, hast du mich verstanden?«
    Taoyama
deutete ein schwaches Nicken an und ließ sich gleich darauf wieder
zurücksinken. Hauptsache, der andere war endlich still und ließ ihn zufrieden.
Er war so müde. So schrecklich müde …
    » Hiroshi! «
    Erschrocken
fuhr Taoyama hoch und riss die Augen auf. Sofort wurde ihm schwindlig und er
drohte, zur Seite zu kippen, doch der verschwommene Umriss, der immer noch
neben ihm kniete, streckte hastig den Arm aus und stützte den Japaner. »Na
bitte, geht doch.« Die Stimme des Mannes klang zufrieden, doch die Sorge darin
überwog. »Wie fühlst du dich?«
    Taoyama
blinzelte. Nur allmählich lichteten sich die Schleier vor seinen Augen wieder,
und ihm wurde bewusst, wie nahe er daran gewesen war, in den Armen seines neuen
Mentors zu sterben.
    »Viktor?«,
murmelte er schwach. »Sie hier? Aber … warum? Ich dachte …«
    Brandt
schüttelte entschieden den Kopf. »Was dachtest

Weitere Kostenlose Bücher