Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Schmerz in meiner Brust, der mich zerreißt!
Dieses »Gemeinsam«, auf dem du beharrst, ist wie ein glühender Dolch, der sich
in mein Herz bohrt!
Aber
ich sagte nichts von alldem. Starr sah ich an Kiro vorbei, hinaus in den Garten.
Obwohl
ich kein Wort sprach, spürte Kiro wohl instinktiv, dass etwas mit mir nicht
stimmte. »Laura … bitte«, hauchte er. »Sieh mich doch wenigstens an.«
Ich
presste die Lippen fest zusammen, meine Fingernägel erzeugten ein widerliches
Geräusch auf dem Leder der Couch.
»Begreif
es doch, es hat keinen Sinn«, drang Hansens Stimme von Richtung Tür zu uns.
»Wann wirst du es endlich einsehen? Muss sie dich erst bewusstlos schlagen,
damit du verstehst, dass sie nicht mit dir reden will ? Du tust ihr
nichts Gutes mit deiner endlosen Quasselei.«
Kiro
atmete hörbar und gezwungen ruhig aus. »Wie lange hören Sie uns schon zu?«,
fragte er gepresst, ohne sich nach dem Arzt umzudrehen.
Hansen
trat zu uns. In beiden Händen trug er prall gefüllte Einkaufstüten, die er nun
auf dem Tisch uns gegenüber entleerte. Es handelte sich beinahe ausschließlich
um Konserven, ein paar Tiefkühlprodukte schienen auch darunter zu sein. »Ich
bin am Verhungern«, sagte er, ohne auf Kiros feindselige Worte einzugehen. »Ihr
auch?«
Ich
nickte Hansen dankbar zu. Zwar hatte ich im Moment überhaupt keinen Appetit,
aber mein Verstand sagte mir, dass ich seit Tagen nichts mehr im Magen hatte,
auch wenn ich mich überhaupt nicht so fühlte.
Hansen
lächelte mir aufmunternd zu. Mit einer Handvoll Dosen verschwand er in der
Küche, ließ Kiro und mich erneut in schwelendem Schweigen zurück. Ich erhob
mich und setzte mich an den Tisch, um Hansens Einkauf zu mustern. Ein weißer
Kunststoffbehälter, der nicht zu den übrigen Lebensmitteln zu passen schien,
erregte meine Aufmerksamkeit. Ich griff danach und wog ihn nachdenklich in der
Hand. Strychnin stand darauf in einfachen, schwarzen Buchstaben, und
darunter waren zahlreiche, orangefarbene Gefahrensymbole zu sehen, die jenen
Tod und Schmerz versprachen, die den Inhalt des Behälters nicht mit der nötigen
Vorsicht behandelten. Ich ließ das Gift los, sodass es einige Zentimeter über
die Tischplatte rollte, ehe es an einer metallenen Dose Kartoffelsuppe gebremst
wurde. Irgendwie hatte ich so meine Zweifel, ob dieses Mittel ausreichen würde,
unser Ungezieferproblem vollständig zu beseitigen.
Ich
hob den Kopf und sah, dass Kiro mich scharf beobachtete. Als er bemerkte, dass
ich seines Blickes gewahr geworden war, wandte er sich ab und starrte aus dem
Fenster.
Endlich
kam Hansen mit prall gefüllten Tellern aus der Küche zurück, deren Inhalt
sichtbar dampfte. Kiro seufzte und stand auf, um sich ebenfalls an den Tisch zu
setzen. Unvermittelt regte sich mein Magen doch, als Hansen das Essen vor uns
absetzte, und ich fiel geradezu über meinen Anteil her. Obwohl es sich nur um
einen einfachen Eintopf mit faserigem Fleisch handelte, hatte ich den Eindruck,
als hätte ich in meinem ganzen Leben noch nie etwas derart Wohlschmeckendes gegessen.
Die
nächsten Minuten aßen wir schweigend, so konzentriert auf unsere Teller, als
wäre es eine schwere geistige Herausforderung für uns, deren Inhalt in unsere Mägen
zu befördern. Es war eine bedrückende Stille, und ich hatte das Gefühl, in
ihrem Mittelpunkt zu stehen. Weder entgingen mir die seltsamen Blicke, die Kiro
mir von der Seite her wiederholt zuwarf, wenn er dachte, ich bemerke es nicht,
noch Hansens aufgesetzt fröhliche Miene, die nur dazu diente, seine
Befangenheit zu überspielen. Niemand schien sich in der Gegenwart des anderen
wohlzufühlen, keiner wollte dem Blick seines Gegenübers begegnen.
Nach
dem Essen hielt das Schweigen noch einige Minuten an, doch nun, da wir keinen
Vorwand mehr hatten, hinter dem wir uns verstecken konnten, nahm es eine
andere, ja, beinahe feindliche Konsistenz an.
»Ich
brauche jetzt dringend etwas Ruhe«, murmelte ich plötzlich und erhob mich mit
einem Ruck. Ich hatte das Gefühl, ersticken zu müssen, wenn ich auch nur eine Sekunde
länger in diesem Raum bleiben müsste. Hastig schob ich mich am Tisch vorbei und
stolperte zur Tür.
»Laura?«
Ruckartig
wirbelte ich herum. Kiro hatte sich ebenfalls von seinem Platz erhoben, und in
seinen Augen lag erneut jenes unerträgliche, stille Flehen. »Laura … bitte.«
Ich
presste die Lippen so fest zusammen, dass es schmerzte, und mit einem Mal
fühlten meine Augen sich heiß an. Wortlos schüttelte ich den
Weitere Kostenlose Bücher