Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
erteilst. Du sollst nur wissen, dass
ich ab jetzt besser auf dich achtgeben werde. Natürlich macht das keinen meiner
Fehler ungeschehen, doch ich werde nicht mehr von deiner Seite weichen und dich
beschützen, das verspreche ich dir.«
Ich
sah Kiro an, vermutlich nur für wenige Sekunden, aber genauso gut hätten es
Jahre sein können. Mein Blick fing den seinen ein und ich spürte, dass etwas,
sehr tief in mir vergraben und kaum noch vorhanden, sich regte; ein einziges,
müdes Aufglimmen einer alten Glut, die sofort wieder erlosch, ohne mehr als
kalte Asche zurückzulassen.
»Es
ist gut«, sagte ich, als hätte es diese kurze Unterbrechung nie gegeben.
»Nichts von all dem, was passiert ist, hättest du irgendwie verhindern können.
Natürlich haben wir Fehler gemacht, wir beide, aber das ist menschlich.
Denkst du, es hätte irgendetwas geändert, hätten wir in bestimmten Situationen
anders reagiert, als wir es eben getan haben?«
»Das
hätte es«, antwortete er leise. Er streckte seine Hand aus, um sie mir auf den
Unterarm zu legen, eine vollkommen einfache, vertraute Geste, bei der er sich
vermutlich nichts Besonderes gedacht hatte, hielt dann aber mitten in der
Bewegung inne, als sich unsere Blicke trafen. Eine ganze Weile saß er einfach
nur da, den Arm halb erhoben und leicht nach vorne gelehnt, und musterte mich
sehr nachdenklich und auf eine ganz bestimmte Art traurig, die ich fast nicht
ertragen konnte. Ich wusste genau, in just dem Moment, als ich begriffen hatte,
dass er mich berühren wollte, hatte sich der Schrecken über diese Erkenntnis
deutlich in meinen Augen widergespiegelt. Ich konnte es immer noch nicht. Warum
konnte ich ihn nicht einfach berühren?
»Du
hast Angst vor mir, nicht wahr?« Kiros Stimme erschien mir seltsam leer.
Es
war jene Frage, die ich schon die ganze Zeit über gefürchtet hatte, und der
sehnsüchtige Wunsch, sie niemals beantworten zu müssen, zerbrach in tausend
Scherben, um mit scharfen Kanten in meine Seele zu schneiden. Ich wandte den
Blick ab und schloss meine Finger zur Faust, um das plötzliche Zittern, das sie
ergriffen hatte, zu verbergen. Mit einem Mal war die Leere wieder da, die
erneut versuchte, mich zu verschlingen. Und ich war machtlos dagegen.
Verdammt
noch mal, ja! Ja, ich hatte Angst! War es das, was er hören wollte? Dass ich
ihn fürchtete, auf eine Art, die ich selbst nicht begriff und die mich bis aufs
Tiefste verstörte? Dass ich ihm nicht mehr vertrauen konnte, obwohl ich es
wollte, und dass ich mich selbst für diese Gefühle hasste?
»Laura,
ich bitte dich, sprich mit mir«, flehte Kiro. Er klang regelrecht verzweifelt,
und zum ersten Mal überhaupt war ein Klang in seiner Stimme, der mir vollkommen
offen seine Gefühle für mich veranschaulichte – aber ich konnte mich nicht
darüber freuen, ganz im Gegenteil machte es alles nur noch schlimmer.
»Der
Körper, den dieser Mann trug, als er dir diese schrecklichen Dinge antat, war
doch nur eine Hülle, eine Maske. Es war nicht real, und es verändert nichts an
unserer Beziehung zueinander. Ich bin immer noch derselbe Mensch, den du kennengelernt
hast, und niemand wird je etwas daran ändern können.«
»Das
mag sein«, flüsterte ich heiser, die Finger nun in die weichen Polster des
Sofas verkrallt, »aber ich bin nicht mehr dieselbe. Und das werde ich niemals
wieder sein, ganz gleich, wie sehr du dich um mich bemühst.« Ich schluckte
schwer und schüttelte einmal knapp, aber überaus entschieden den Kopf. »Niemals
wieder.«
»Sag
das nicht«, murmelte Kiro. »So etwas darfst du nicht einmal denken .«
Ich
schloss müde die Augen und schüttelte erneut den Kopf, diesmal nur ansatzweise.
Es war doch sowieso sinnlos. Alles war so sinnlos. »Kannst du es denn nicht
einfach akzeptieren? Dass ich im Augenblick Abstand brauche von ...« Dir. Es
lag mir bereits auf der Zunge, aber das hätte ihn verletzt, und ihm wehzutun
war das Letzte, was ich wollte. »... allem. Zeit für mich brauche, um zur Ruhe
zu kommen?«
»Ich
verstehe das«, sagte Kiro sanft. »Und ich glaube fest daran, dass die Angst
verschwinden wird. Gemeinsam werden wir es schaffen, sie zu bezwingen. Ich weiß
es einfach.«
Du verstehst nichts!, wollte ich ihn
anbrüllen. Du hast keine Ahnung, wie ich mich fühle! Du willst es nicht wissen!
Warum tust du mir das an, bohrst immer weiter in meiner Wunde? Alles, was ich
will, ist, von dir erlöst zu werden! Du bist der Grund dafür, dass es mir
schlecht geht, du allein bist der
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