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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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atemlos hervorgestoßen, »nimm ihn und sorge dafür, dass es ihm wohl ergeht.
Unsere Zukunft ist zu ungewiss, als dass wir dem Kleinen die nötige Sicherheit
bieten könnten. Ich vertraue dir, Miranda, ich weiß, dass du ihn lieben wirst,
als wäre er euer eigenes Kind.«
    »Das
kann ich nicht tun, Andreas«, hatte sie geantwortet, den Tränen nahe. Trotzdem
hatte sie das schutzlose Baby an ihre Brust gepresst, hatte es in den Armen
gewiegt. Seine Augen hatten alles mit unheimlicher Aufmerksamkeit verfolgt, und
obwohl das gänzlich unmöglich war, schien es genau zu begreifen, was sein Vater
zu tun im Begriff war.
    »Ihr
werdet es schaffen«, hatte sie gesagt, »und heil zu uns zurückkommen. Dann
werde ich euch euren Sohn zurückgeben, in die Hände seiner ihn liebenden
Eltern, wo er hingehört.«
    Andreas
hatte schmerzlich gelächelt und den Kopf geschüttelt. »Miranda … wir werden
nicht zurückkommen. Niemals.« Und mit diesen Worten war er in der Nacht
verschwunden, hatte sie mit dem Kind in den Händen allein zurückgelassen.
    Seither
verfolgte sie diese Begegnung bis in ihre finstersten Träume, raubte ihr den
Schlaf. Immer wieder fragte sie sich selbst, ob sie dem Schicksal einen Riegel
hätte vorschieben können, wenn sie rascher reagiert, Andreas festgehalten
hätte, wenn nötig mit Gewalt. Es war offensichtlich gewesen, dass er und Eloin
beschlossen hatten, einen letzten, finalen Schritt zu unternehmen, der ihnen
beiden das Leben kosten würde. Welchen, das hatte Miranda niemals erfahren.
Doch Andreas behielt recht – weder er noch Eloin waren nach dieser Nacht jemals
wiedergesehen worden.
    Seither
war das Kind bei Miranda und ihrem Gefährten, und ebenso wie sie selbst hatte
auch Johannes sich geschworen, ihm ein Leben in Behaglichkeit und Sicherheit zu
bieten.
    Sie
wussten nur nicht, wie sie dies in diesen schweren Zeiten schaffen sollten.
    »Miranda«,
murmelte Johannes an ihrem Ohr.
    Er
reichte ihr das Kind, und sie strich ihm abwesend über das helle Haar, das es
eindeutig von seinem Vater geerbt hatte. Es lächelte sie an, und ihr Herz verkrampfte
sich.
    »Ich
werde noch ein paar Worte mit Viktor sprechen«, erklärte Johannes. »Bitte bring
den Kleinen nach Hause. Die Gedenkfeier hat länger gedauert, als ich dachte, er
muss dringend ins Bett.«
    Miranda
nickte abwesend, konnte sich kaum auf das konzentrieren, was Johannes sagte.
    Plötzlich
berührte sie seine sanfte Hand an der Wange, und sie hob den Blick. Ermutigend
lächelte er sie an. Sie fragte sich, woher er die Kraft dazu nahm.
    »Hab
keine Angst«, sagte er. »Ich werde schon sehr bald zurück sein. Halte dich auf
den sicheren Pfaden und sieh niemandem in die Augen.« Er küsste sie auf die
Stirn. »Ich liebe dich, Miranda«, hauchte er in ihr Haar. »Ich liebe dich so
sehr.«
    Miranda
erwiderte seinen Kuss, sanft, mit zitternden Lippen. »Ich liebe dich auch. Gib
auf dich acht. Ich brauche dich, hörst du? Wir brauchen dich.«
    Als
Johannes sich umwandte und auf den Redner zuging, der sich bereits zum Gehen
gewandt hatte, spürte sie einen heftigen Stich in ihrem Inneren. In diesem
einen, grässlichen Moment war sie sich sicher, dass sie Johannes niemals wiedersehen
würde.
    Hastig
verscheuchte sie diesen beklemmenden Gedanken und machte sich auf den Weg, das
Kind schützend in den Armen haltend. Je weiter sie sich von dem Mann, den sie
liebte, entfernte, desto mehr beschleunigten sich ihre Schritte, bis sie
schließlich beinahe rannte, blind vor Angst und Trauer und kaum auf den Weg
achtend, den sie einschlug.
     
    Als Miranda die
kleine, aber behagliche Zweizimmerwohnung erreichte, in der Johannes und sie
seit ein paar Wochen ihr Leben fristeten, stellte sie überrascht fest, dass die
Eingangstür nicht abgesperrt war. Besorgt warf sie einen Blick auf das Kind in ihren
Händen.
    »Sollen
wir da hineingehen, was meinst du?«
    Zu
ihrer Überraschung gluckste der Junge vergnügt und strampelte mit den Ärmchen.
So fröhlich hatte sie ihn seit dem Verschwinden seiner Eltern nicht mehr
gesehen. Da sie mittlerweile bereits begriffen hatte, dass der Kleine über eine
geradezu unglaubliche Auffassungsgabe und eine noch weit bessere Intuition
verfügte, verwarf sie jede Sorge augenblicklich.
    »Scheint,
als wäre Papa vor uns da«, stellte Miranda überrascht fest und öffnete die Tür.
    Erst
einen Atemzug später wurde ihr bewusst, dass sie Johannes eben als  »Papa« des
Kleinen bezeichnet hatte. Sie seufzte tief, als sie die Tür hinter

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