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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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den Poren hing, in die Wohnung bewegen musste. Dann kniete sie sich hin und begann zu putzen. Glücklicherweise war ihre Übelkeit nun fast ganz vorüber.
    Sie duschte und ging anschließend in die Küche, öffnete eine Flasche Ramlösa-Mineralwasser und ging zurück ins Wohnzimmer. Das Fenster zur Straße stand offen, und ein beruhigendes Gemurmel drang aus der Fußgängerzone hoch.
    Sie wohnte in einer Dreizimmerwohnung über einem Blumengeschäft in der Hauptgeschäftsstraße, die an diesem Ende Flanaden hieß. Eine Vierzimmerwohnung wäre ihr lieber gewesen, aber das konnte sie sich nicht leisten. Die Mädchen bewohnten die beiden Zimmer zum Hof, denn sie fand, dass beide ein eigenes Zimmer benötigten. Sie selbst schlief auf einer Schlafcouch. Sie hatte sich ein solides Modell gegönnt und nicht so eine billige Variante, auf der man weder bequem sitzen noch angenehm schlafen konnte. Außerdem war sie hübsch und mit einem grob gewebten terrakottaroten Stoff bezogen.
    Im Großen und Ganzen war die Wohnung nicht übel. Ihr gefielen ältere Häuser. Die Mädchen hatten den Umzug gut überstanden, obwohl sie jetzt einen weiteren Schulweg hatten. Aber Oskarshamn war schließlich nicht London, die Abstände waren vertretbar, und sie fuhr sie, wenn nötig, auch schon mal zu ihren Freundinnen nach Svalliden. Sie selbst hatte das Präsidium fast vor der Tür.
    Sie knotete ihren Morgenrock enger, beugte sich aus dem Fenster und blickte den Passanten auf die Köpfe. Eine frische Meeresbrise schlug ihr entgegen. Sie befand sich ganz klar auf dem Wege der Besserung.
    Genau unter ihr saß ein junges Mädchen auf einer Bank. Louise erinnerte sich plötzlich, wie sie selbst in diesem Alter gewesen war. Damals, als sie noch winzige rosa Tops hatte tragen können und ihre Arme faltenlos und goldbraun gewesen waren. Mit Daumen und Zeigefinger kniff sie sich in die Seite und kam zu dem Schluss, dass sie immer noch recht schlank war. Knackig, um die Wahrheit zu sagen. Sie hatte ihre Figur doch nicht ganz verloren. Glücklicherweise gab es das Training, und sie war gezwungen, sich für die Arbeit einigermaßen fit zu halten.
    Die Braunarmige schien sich gestört zu fühlen. Ein Jüngling, der sicher nicht ihren eventuellen Träumen entsprach, machte ihr unbeholfen Avancen, ohne sie jedoch zu berühren. Ob er wohl gleich aufsteht und geht?, überlegte Louise und wartete auf die Fortsetzung des Schauspiels. Beide blieben jedoch sitzen. Die Gutaussehende an einem Ende der Bank, vorgebeugt, als wolle sie sich verstecken, der junge Mann auf dem entgegengesetzten, bequem und nonchalant zurückgelehnt.
    Louise erschauerte plötzlich, sie ging zum Sofa und kroch wieder unter ihre Decke. Dann schaltete sie den Fernseher ein: Wiederholung von »Mitt i naturen«. Das passt, dachte sie und schaute sich fünf Minuten lang die gezähmte Wildnis an.
    Dann fielen ihr die Augen zu.
     
    Kriminalkommissar Claes Claesson hatte seinen Wagen geparkt und las jetzt den Namen am Briefkasten. Rot, ein kurzer, guter Name. Dann dachte er einen Augenblick darüber nach, wie es wohl war, im Kärleksstigen, dem Liebespfad, zu wohnen.
    Das Viertel lag zentral. Bis ins Zentrum waren es nur zehn Minuten zu Fuß. Der Kärleksstigen war eine Sackgasse. Außer seinem neutralen Dienstwagen parkten dort im Augenblick keine weiteren Fahrzeuge. Die Häuser aus den Sechzigerjahren hatten eine recht sichtgeschützte Lage, da die Vorderfront der gegenüberliegenden Häuser in die entgegengesetzte Richtung wies. Ausgesprochen friedlich, und selbst für Anwohner, die nicht liebeskrank waren, eine angenehme Lage.
    Als er den Gartenpfad aus schönen roten Öländischen Kalksteinplatten betrat, hörte er vom Meer die Schreie eines Möwenschwarms. Wie ein Reflex meldete sich das Verlangen, schwimmen zu gehen. Aber es war Herbst. Er konnte sich nicht erinnern, dass er in Schweden je so spät im Jahr im Meer geschwommen war. Er hatte gelegentlich erwogen, sich zu den Leuten zu gesellen, die auch bei Eis und Schnee im Meer badeten, aber jetzt würde er wohl kaum noch die Zeit dazu finden. Vielleicht würde er damit später einmal sein Rentnerdasein versüßen.
    Er betrachtete den kleinen Vorgarten, während er die wenigen Schritte auf die Haustür zuging. Vermutlich würde er nach dem Gespräch mit Frau Rot keine Lust mehr zum Schwimmen haben. Ein niederschmetternder Gedanke. In den Beeten leuchteten ungewöhnlich viele Rosen, eine dunkelrote Sorte, die wetterbeständig zu sein

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