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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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schien, und eine hellgelbe, deren Blütenblätter an den Rändern schon etwas gebräunt waren.
    Die Gardinen bewegten sich, und die Haustür wurde geöffnet, noch bevor Claesson die Treppenstufen hinaufgegangen war. Harriet Rot hielt ihm ihre Hand entgegen und gab ihm einen kräftigen Händedruck. Sie ging auf die Sechzig zu, war mittelgroß, etwas füllig und hatte pralle Brüste. Sie trug Jeans und einen dünnen roten Rollkragenpullover, obwohl es dafür viel zu warm war.
    Claesson hatte seinen Besuch telefonisch angekündigt. Sie hatte wenig Zeit, das wusste er bereits. Sie wollte zu ihren Enkeln, den Zwillingen, sah jedoch ein, dass die Sache mit ihrer Freundin unbedingten Vorrang hatte. Ihr hatte geschwant, dass etwas nicht in Ordnung war, als Harald Eriksson sie mitten in der Nacht angerufen hatte. Aber eine Schussverletzung!
    »Als ich davon in der Zeitung las, hätte ich mir nie träumen lassen, dass es sich um Charlotte handelt! Und ausgerechnet nach einem Besuch bei mir, das macht es fast noch schlimmer. Als sei ich mitschuldig!«
    »Empfinden Sie das so?«, fragte Claesson, während er das etwa tausendste Wohnzimmer seines Polizistenlebens betrat.
    »Ja, dummerweise. Aber alle anderen, die nach meiner kleinen Party nach Hause gingen, leben noch«, meinte sie trocken. »Das habe ich kontrolliert.«
    Sie verstummte und wurde über und über rot. Sie hatte selbst gemerkt, wie das klang, und schämte sich fürchterlich. Claesson musste das Gesicht abwenden, weil es in seinen Mundwinkeln zuckte.
    Natürlich hatten die Freundinnen nach Bekanntwerden des Unglücks rege telefoniert. Davon war auszugehen. Sicherlich waren sie entsetzt und besorgt gewesen. Sofern sie sich gut verstanden hatten, was er allerdings nicht unbedingt voraussetzte, aber herauszufinden gedachte.
    Er betrachtete die durchschnittliche Möblierung, ein Dreisitzersofa, darüber eine Landschaft in Öl, zwei Sessel, ein polierter Couchtisch mit einer Kristallschale, ein Flokati darunter, ein hübscher Esstisch mit einem modernen Kronleuchter darüber, ein Regal aus Eiche mit Nippes und eine eingebaute Vitrine mit Kristallglas. Dazu kamen die mehr oder minder verblichenen Fotos von Familienmitgliedern aus verschiedenen Phasen ihres Lebens. Ein Foto war, nach den leuchtenden Farben zu urteilen, erst kürzlich aufgenommen worden. Es zeigte die Zwillinge, von denen bereits die Rede gewesen war. Sie lächelten. Das Zimmer war aufgeräumt und schien nur selten benutzt zu werden. Claesson vermutete, dass beim Ehepaar Rot der Fernseher in einem anderen Zimmer stand, das sicher gemütlicher war als dieses.
    »Ein Glück, dass sie nicht gestorben ist«, fuhr Harriet Rot fort, und ihre Stimme klang fast übertrieben besorgt, als wollte sie ihren Fauxpas wiedergutmachen. »Ich habe mir sagen lassen, dass sie die Sache wohl gut überstehen wird. Unsere Ärzte sind wirklich gut. Ich weiß das, ich arbeite als Pflegehelferin auf der Chirurgie«, erklärte sie, und Claesson nickte.
    »Erinnern Sie sich, wann Charlotte Eriksson gestern Ihr Haus verließ?«
    »Es war nach halb zwölf, dessen bin ich mir sicher. Alle gingen gleichzeitig. Ich stand auf der Treppe und winkte ihnen hinterher. Dann fing ich drinnen an zu spülen.«
    »Darf ich Sie fragen, ob Ihr Ehemann zu Hause war?«
    »Er kam, lange bevor alle gingen, etwa um halb elf, aber er war müde und ging sofort zu Bett. Er schlief wie ein Murmeltier.«
    »Wir würden uns gerne mit allen Ihren Gästen unterhalten. Können Sie mir die Namen nennen?«
    Claesson zog seinen Block aus der Tasche. Harriet Rot begann, sich die Schläfen zu massieren, während sie, wie eine Beschwörung, die Namen aufsagte.
    »Alena Dvorska. Sie schob ihr Fahrrad. Ich vermute, dass sie erst damit gefahren ist, als sie sich beim Låglandsvägen von den anderen trennte. Sie wohnt ein Stück außerhalb der Stadt … in Sörvik. Dann waren da noch Susanne Lundwall und Åsa Feldt.«
    Sie sah aus, als hätte sie jemanden vergessen.
    »Richtig! Eva-Karin Laursen ging früher. Sie musste heute in aller Frühe aufstehen.«
    Claessons Stift flog über den Block.
    »Ich habe die Telefonnummern«, sagte Harriet Rot und ging ihr Adressbuch holen.
    Claesson schrieb die Nummern auf.
    »Wie verlief das … mh … Treffen?«, fragte er dann.
    Harriet Rot sah ihn ratlos an.
    »Ist irgendwas Besonderes vorgefallen?«, verdeutlichte er.
    »Nein«, antwortete sie und schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass ihr stahlgraues Haar in alle Richtungen

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