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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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in sein Gesicht und seine Schlagfertigkeit verliebt. Als Janos mit seinem Lehramtsstudium fertig gewesen war, hatte er keine Stelle gefunden, und sie hatte Gabriella erwartet. Asphalt und Hochhäuser bereiteten ihr nicht mehr nur noch Freude, also waren sie nach Oskarshamn gezogen, in eine Gegend, in die Louise nie hatte zurückkehren wollen.
    Und so war es jetzt. Sie befand sich im nördlichen Teil der Runnöer Schären, so viel wusste sie. Nach einer Weile tauchte eine Bucht mit graugrünem Wasser und einer Badestelle mit Holzsteg und Rettungsring an einem Pfosten auf. Sie entdeckte einzelne kleinere Inseln, und das hohe Riedgras auf den Uferwiesen an der Badestelle zitterte im Wind. Es war die reine Idylle. Ein schmaler Streifen Sandstrand und offen liegender Fels in verschiedenen Grautönen, auf dem man sich im Sommer sonnen konnte.
    Sie hielt auf dem gekiesten Vorplatz an, schlug die Tür ihres Wagens zu und lauschte dem Plätschern der Wellen und dem Rauschen des Windes.
    Vor ihr lag ein klassisches Holzhaus mit einem unförmigen Anbau auf der Rückseite. Das Haupthaus war nicht sonderlich groß, es war vermutlich ursprünglich einmal von einer Häusler- oder Fischerfamilie bewohnt worden. Das Haus war das erste von fünf Anwesen, die alle am Nordufer der Bucht standen. Am Südufer war das Land eben, dahinter begann wieder der Wald.
    »Hallo!«
    Eine Frau um die fünfundvierzig mit einem üppigen Busen und einem blaulila Turban auf dem Kopf hielt die Tür an der Giebelseite des Hauses auf. Das ersparte Louise die Überlegung, wo sie anklopfen sollte.
    Alena Dvorska machte, obwohl ihre beste Freundin gestorben war, einen unerwartet fröhlichen und munteren Eindruck. Vielleicht war das aber auch ihr Naturell.
    Louise sah sich zu einem Kaffeetrinken mit Zimtschnecken eingeladen.
    »Wenn man so weit draußen wohnt, dann muss man immer was in der Tiefkühltruhe haben«, meinte ihre Gastgeberin.
    Sie war eigentlich Textilkünstlerin. Während die Kaffeemaschine lief, erbot sie sich, Louise durchs Haus zu führen. Alena trug ein heidekrautgrünes Hemd und verschlissene Jeans und führte Louise in den neuen Teil des Hauses, ein Atelier mit großen Fenstern. Ihr Mann, der nicht zu Hause war, malte, aber mehr als Hobby. Ein Stümper, fand Louise, so etwas Schreckliches hätte nicht einmal sie selbst zuwege gebracht. Die großen Leinwände, die an den Wänden lehnten, waren mit grellen Farben in halsbrecherischen Kombinationen bedeckt. So etwas würde ihr nicht über die Schwelle kommen. Sie war äußerst dankbar, dass sie sich über diese geschmacklosen Werke nicht äußern musste.
    Dafür weckte die übrige Einrichtung eine spontane Freude in ihr. Sie sah, wie farblos und büromäßig ihre Existenz im Präsidium war. Dort verkümmerte man beinahe. Hübsches Garn und Stoffballen in verschiedenen Farbnuancen, angefangen von grobgewebter, grauer Wolle bis zu hauchdünner Seide, die an glänzende Spinnweben erinnerte, gab es hier. An der Decke hingen Mobiles, die wie textile Kronleuchter aussehen. Zerbrechlich und leicht aus dünnem Draht mit Kiebitzen aus Wollbüscheln, durchsichtigem Seidenpapier und verschiedenfarbigen Garnen.
    »Die mache ich auf Bestellung und für den Kunsthandwerksladen«, sagte Alena Dvorska, als ihr Louises bewundernder Blick auffiel.
    »Wirklich sehr schön«, sagte Louise andächtig.
    »Danke!«
    Ein schwacher Akzent war herauszuhören. Sie muss schon lange in Schweden wohnen, dachte Louise.
    Sie fragte, ob sie das Gespräch aufzeichnen dürfe, zog das kleine Tonbandgerät hervor und legte es auf den abgebeizten Tisch. Solche Bauernmöbel wurden inzwischen überwiegend exportiert. Auf dem Tisch standen getöpferte Tassen, und in einem Korb aus Birkenrinde lagen die Zimtschnecken. In einem alten Kaffeekessel aus Kupfer standen ein paar Zweige mit Herbstlaub.
    Fehlte eigentlich nur noch ein knisterndes Feuer in einem offenen Kamin.
    »Wir wissen noch nicht sonderlich viel«, begann Louise. »Aber immerhin so viel, dass Sie und Charlotte demselben Nähkränzchen angehörten und sich seit langem kannten.«
    Alena Dvorska nickte mit ihrem blaulila Turban. Sie hob ihre gepflegten Hände. Sie hatte muskulöse, zupackende Finger mit kurz geschnittenen Nägeln.
    Plötzlich schlug Alena Dvorskas Stimmung um. Alles Fröhliche fiel von ihr ab, und sie wurde ernst.
    »Wir kannten uns über zehn Jahre«, sagte sie, ließ die Hände langsam sinken und begann zu weinen. »Es ist nicht sonderlich einträglich,

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