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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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großer, muskulöser Mann mit weißer Schirmmütze, vermutlich ein Amerikaner, erhob sich von der Bank, ging auf und ab und lehnte sich ebenfalls an die Reling. Dann ging auch er nach vorne. Drei junge Frauen, offenbar Türkinnen, standen in dünnen Mänteln und mit identisch karierten Kopftüchern dicht zusammen. Die Farben der Kopftücher unterschieden sich jedoch, eines war rosa, eines türkis, und eines hatte einen Lilaton. Sie hatten sich zu den Kopftüchern passend geschminkt. Vermutlich Schwestern, dachte Ilyas. Sie waren überaus hübsch.
    Dann blickte er wieder auf die Wellen, auf die imposante Süleymaniye-Moschee und die Blaue Moschee mit ihren sechs Minaretten. Dazwischen lagen die steilen Gassen des Basars.
    Das Anlegemanöver war nicht einfach, da die Fähren in mehreren Reihen lagen. Auf dem Kai herrschte ein fast undurchdringliches, chaotisches Gewimmel. Über allem hing der Duft von gegrilltem, frisch gefangenem Fisch. Am Kai lagen die Fähranleger der verschiedenen Reedereien dicht an dicht bis zur Galatabrücke, die das Goldene Horn überspannte. Oben auf der Brücke war ein Gewimmel von Leuten mit Angeln zu erkennen.
    »Goldenes Horn, eigentlich ein seltsamer Name«, meinte Ilyas, dem das Schweigen schließlich zu schaffen machte. Er wollte sich unterhalten.
    »Es handelt sich um eine breite Flussmündung und nicht um eine Bucht. Der Name kommt angeblich daher, dass die Seefahrer in früheren Zeiten so reich waren, dass sie Gold und glänzende Gegenstände ins Wasser warfen.«
    Ilyas schwieg. Manchmal wusste er nicht recht, ob Ergün ihn auf den Arm nahm oder die Wahrheit sagte.
    Ergün schnippte die Asche seiner Zigarette ins Wasser.
    »Ob das stimmt, weiß ich nicht«, fuhr er fort.
    »Warum sollte das nicht wahr sein?«
    Ergün zuckte mit den Achseln.
    »Sie haben vielleicht Allah dafür gedankt, wohlbehalten ans Ziel gekommen zu sein.«
    Ilyas beschloss, nicht alles zu glauben, was der Mann sagte. Im nächsten Augenblick bereute er, Ergün seine Pläne anvertraut zu haben. Er hatte ihm von den fantastischen Orten erzählt, an die er reisen wollte. Vielleicht wollte er auch ganz dorthin ziehen. Wenn es ihm nur gelänge, hier in Istanbul etwas Geld zusammenzubekommen.
    »Wie steht es denn mit den Finanzen?«, fragte Ergün prompt, als hätte er seine Gedanken gelesen.
    »Mäßig«, antwortete Ilyas wahrheitsgemäß. »Aber schließlich arbeite ich noch nicht so lange! .. «
    »Was ist überhaupt gegen Istanbul einzuwenden?« Ergün nickte Richtung Wasser. »Du kannst doch hierbleiben?«
    »Nichts. Alles okay, außer dass alles absurd teuer ist«, beeilte sich Ilyas zu versichern und empfand wieder das unbequeme Gefühl, das er immer hatte, wenn er über seine Zukunftspläne sprach.
    Es war Ergün deutlich anzumerken, dass er fand, Ilyas solle gelassener sein und sich nicht so viele Gedanken machen. Ilyas fühlte sich wie ein dummer kleiner Junge, weigerte sich aber auch, den Glauben an die Zukunft mit ihren Möglichkeiten aufzugeben.
    Im Übrigen hatte er keine Lust auf Gelassenheit. Aber es war aussichtslos. Er würde das Geld nicht zusammenbekommen. Sein Frust war nicht zu übertreffen. Man musste blind sein, wenn man das Geschäftsviertel Beyoğlu durchquerte, um sich nicht verführen zu lassen. Hübsche T-Shirts, erstklassige Turnschuhe und schicke Handys. Aber alles kostete ein Vermögen. Nichts für ihn. Noch nicht.
    Es war schwer, den Versuchungen zu widerstehen. Das Geld zerrann ihm zwischen den Fingern. Gleichzeitig nahm seine Panik zu. Wie sollte das alles nur gehen? Er hatte sich vorgenommen zu sparen, um weiterzukommen.
    Plötzlich dachte er daran, wie einfach und billig alles zu Hause im Dorf gewesen war. Das sagte er zu Ergün.
    »Dann fahr doch nach Hause!«, meinte Ergün grinsend.
    Aber in das kleine Dorf am Ufer des Tigris in der Osttürkei zurückzufahren kam nicht in Frage, obwohl er sich gerne daran erinnerte, wie er im Sommer am Fluss gespielt hatte.
    Seltsamerweise rief sich das Dorf immer wieder in Erinnerung, obwohl er versuchte nicht zurückzudenken. Aber das Heimweh machte, was es wollte. Er fand es tröstlich, sich die halbverfallenen Häuser vorzustellen, die uralte Siedlung im Flusstal zwischen steilen, felsigen Bergen. Der Staub der Straße wirbelte auf und kitzelte ständig in der Nase. Disteln und verdorrtes Gras klammerten sich an der von der Sommersonne ausgetrockneten Erde fest. Abends fiel der Lichtschein heimelig aus den Höhlen, in denen immer noch Menschen

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