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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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auszudenken!
    Die reichen Nachbarn hatten das Haus so aufwändig umgebaut, dass es nicht wiederzuerkennen war, und den ganzen Garten mit riesigen Maschinen umgraben lassen. Birgitta hatte sich erzählen lassen, dass der lila Flieder weichen musste, weil er nicht zur Fassade passte. Bei weißem Flieder wäre das anders gewesen. Die Frau arbeitete als Gartenarchitektin. Die Geschmäcker waren wirklich sehr verschieden! Zu Grau passt vermutlich das meiste, hatte Birgitta gedacht, und ihr hatten die Büsche leidgetan, die zum Verbrennen abtransportiert worden waren. Heckenrose, Traubenkirsche, Strauchfingerkraut, Karlszepter und falscher Jasmin.
    Dann waren weitere schwere Maschinen herbeigerollt und hatten eine sterile Landschaft, rechtwinklige Rasenflächen und Kieswege und immergrüne, beschnittene Büsche, angelegt.
    Sie ging in die Diele und öffnete die Tür zur Abstellkammer, in der sie die Kleider für die Gartenarbeit aufbewahrte. Beim Eintreten stolperte sie über eine Tasche, die sie nach ihrer Rückkehr dort abgestellt hatte. Sie war groß, schwarz und aus Stoff, Carl-Ivar hatte sie ihr mitgegeben. Sie nannten diese Art von Taschen immer »Schmugglertaschen«. Die Teppichhändler in der Türkei verwendeten sie für die Teppiche. Es gab sie in unterschiedlichen Größen. Die Teppichhändler konnten auch größere Teppiche so klein zusammenfalten, dass man sie problemlos nach Hause tragen konnte. Andernfalls kam der Teppich als Fracht. Carl-Ivar hatte noch nie erlebt, dass ein Teppich nicht angekommen war.
    Diese Tasche war nicht sonderlich groß. Sie wusste nicht, was Carl-Ivar gekauft hatte, aber es musste sich um etwas Außergewöhnliches handeln, da er ihr aufgetragen hatte, die Tasche nicht aus den Augen zu lassen. Sie hatte sie in die Kabine mitnehmen müssen.
    Sie dachte an Carl-Ivar, als sie die Tasche auf seine Schuhe und unter seine Jacketts und Anzüge stellte.
    Dass er am Vorabend nicht angerufen hatte.
    Sie telefonierten sonst immer einmal täglich, allerdings nicht sonderlich lang. Es reichte zu wissen, dass alles in Ordnung war. Nach so vielen gemeinsamen Jahren hatte man sich ohnehin nicht mehr viel zu sagen. Das war schön. Sie durfte ganz sie selbst sein.
    Sie nahm sich vor, ihn nach dem Frühstück anzurufen, und nahm ein kurzärmeliges Hemd und eine weiche, ausgebleichte Jeans vom Kleiderstapel, der so hoch war, dass er vermutlich bis ans Ende ihres Lebens und noch etwas länger reichen würde. Ich muss ausmisten, dachte sie, Klamotten wegwerfen, ein Befreiungsschlag.
    Der Rasenmäher dröhnte immer noch, als sie aus der Abstellkammer kam. Sie zog sich an und sah vor ihrem inneren Auge den Mann ein paar Häuser weiter behäbig auf seinem Rasentraktor sitzen.
    Dieser Mann war ein warnendes Beispiel dafür, welche Konsequenzen ein ungesundes Leben für einen Körper hatte. Mitte vierzig und schon einen Bierbauch. Es war nicht viel Fantasie nötig, um sich vorzustellen, wie es mit seinem Herzen weitergehen würde.
    Sie ging in die Küche und goss den Kaffee in die Thermoskanne. Dann machte sie sich rasch ihre beiden Knäckebrote, dasselbe Frühstück jeden Morgen, goss Orangensaft in ein Glas, holte eine Kaffeetasse aus dem Schrank und setzte sich. Sonntags kam keine Zeitung. Sie starrte aus dem Fenster und biss krachend in ihr Knäckebrot. Plötzlich sah sie vor ihrem inneren Auge, wie sich ihr Nachbar mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Brust fasste.
    Sie hatte schon immer eine lebhafte Fantasie besessen. In Gedanken ließ sie den Nachbarn mit dem Rasenmäher leiden. Er rang nach Luft, rief um Hilfe, aber seine Stimme ging im Motorenlärm unter. Er machte ein paar vergebliche Versuche, die Höllenmaschine zum Stillstand zu bringen, was ihm nicht glückte, und brach dann über dem Lenkrad zusammen, während die Maschine ihren Weg durch die niedrigen Büsche, über die Grundstücksgrenze und auf die Wiese des Nachbarn fortsetzte. Dann mähte sie eine tiefe Schneise und näherte sich dem Pool. Der leblose Körper hing wie ein sonnenverbrannter Fleischberg über dem Lenkrad.
    Gerade als die Maschine im Begriff war, ins Wasser zu kippen – sie hörte bereits das Platschen und die plötzliche Stille danach –, musste sie blinzeln.
    Was gab sie sich nur für wilden Hirngespinsten hin? Sie atmete durch und trank einen Schluck Kaffee.
    Wie der Nachbar reagierte, als er einen Rasentraktor und eine Leiche in seinem Pool fand, würde sie also nicht erfahren. Aber das konnte sie sich auch später noch

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