Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
überlegen.
Die Wärme schlug ihr entgegen. Sie blickte mit zusammengekniffenen Augen in den Garten, der in helles Frühlingslicht getaucht war. Der frische Wind des Vortags war verschwunden, die Luft war lau.
Im Schuppen roch es nach trockener Erde und Benzin. Die Baumschere hing an ihrem Platz an der Wand, und auch die Handschuhe mit langem Schaft waren dort, wo sie hingehörten. Sie zog sie sofort an, um sich nicht die Unterarme zu zerkratzen. Sie wollte damit anfangen, die Rosen zu beschneiden. Das machte Spaß.
Endlich! Voller Glück ließ Birgitta sich auf die Knie sinken. Es war ein recht buschiger Rosenstock, den sie nach dem Kauf des Hauses gepflanzt hatten. Er blühte mit traubenförmig angeordneten Blüten, tiefrot und nur einmal im Jahr, aber dann um so schöner.
Es klingelte. Sie hatte das schnurlose Telefon in der Tasche. Vermutlich Carl-Ivar, dachte sie mit gemischten Gefühlen. Er würde ihr sicher erzählen, dass er noch ein paar weitere Tage bleiben und nicht am Dienstag nach Hause kommen würde.
Aber es war Magnus, ihr Schwiegersohn.
»Hallo, Birgitta!«, sagte er in seinem Stockholmer Dialekt.
Meine Güte, wie servil er klingt, dachte sie.
»Hallo«, erwiderte sie neutral.
»Ist Carl-Ivar zu Hause?«
»Nein. Er kommt am Dienstag.«
»Ach! Schade.«
»Gibt es etwas Besonderes?«
»Es geht um einen Teppich, den er mir aus der Türkei mitbringen will.«
»Und was für einen?«, fragte sie und spitzte die Ohren. Sie meinte, im Hintergrund Verkehrslärm zu hören. Magnus und Lotta wohnten in Stockholm, in der Sibyllegatan im Stadtteil Östermalm, und diese Straße war sehr ruhig, vor allem sonntags.
»Ich kann das mit Carl-Ivar besprechen, wenn er nach Hause kommt«, sagte er.
Was du nicht sagst, dachte sie.
»Kann ich mit Lotta sprechen?« Sie wollte lieber die Stimme ihrer Tochter hören.
»Sie ist nicht hier. Ich bin in Deutschland, in München, geschäftlich.«
Sie beendeten das Gespräch. Sie hielt eine Weile inne, den Rücken der Sonne zugewandt, und dachte über das Gespräch nach. Dann wandte sie sich wieder dem Blumenbeet zu und knipste routiniert alle toten Triebe ab.
Nach einer Weile taten ihr die Knie weh. Sie richtete sich auf, stellte sich neben das Beet und streckte sich. Ihre Nachbarin rief ihr über die Hecke etwas zu.
Agneta Bromse war immer gut gelaunt. Keck, wie man das in Birgitta Olssons Jugend ausgedrückt hätte.
»Ist das nicht herrlich?«, zwitscherte Agneta. »Die Temperatur ist geradezu sommerlich.«
Birgitta nahm an, dass Agneta lächelte, konnte es aber nicht sehen, denn sie trug eine Mütze mit breitem Schirm, wie man sie beim Golfspielen aufhatte.
Birgitta hielt nach Sven Ausschau. Bei seinem Anblick durchfuhr sie ein wohliger Schauer, und das war in ihrem Alter keine Alltäglichkeit. Sie hatte deswegen aber kein schlechtes Gewissen. Sie brauchte sich für nichts zu schämen. Jedenfalls für keine Taten.
Aber Sven war nicht zu Hause, sonst wäre er vermutlich hinter der Hecke aufgetaucht und hätte ihr sein verschmitztes, warmes Lächeln geschenkt. Sie würde Agneta jedoch nicht fragen, wo er steckte. So wichtig war ihr das nun auch wieder nicht.
»Ja, wirklich herrlich!«, pflichtete sie stattdessen bei und hielt die Hand über die Augen, um nicht dauernd blinzeln zu müssen. Sie trug nichts auf dem Kopf, obwohl das vermutlich vernünftiger wäre.
»Dafür wird es dann an Mittsommer kalt und regnerisch!«, meinte Agneta seufzend. Graues, früher einmal blondes Haar schaute hinten unter ihrer Schirmmütze hervor.
»Wie war es denn in der Türkei?«
»Schön! Carl-Ivar ist noch dort. Er kommt erst diese Woche zurück.«
»Da genießen wir also das Alleinsein«, lachte Agneta. »Sven ist auch nicht zu Hause. Er ist geschäftlich unterwegs, kommt aber heute Abend wieder.«
Mehr wurde nicht gesagt, und sie machten beide mit ihrer Arbeit weiter.
Gewisse Bekanntschaften entwickeln sich nie, obwohl man sich nicht streitet, dachte Birgitta und nahm das Unkraut in Angriff.
Ich muss meine Eltern anrufen, erinnerte sie sich. Vielleicht sollte ich sie morgen ja besuchen, nachdem ich ausgeschlafen habe.
Sie waren inzwischen recht alt. Jedes Mal, wenn sie sie besuchte, drängte sich ihr der Gedanke auf, dass es das letzte Mal sein konnte.
Die liebe kleine Mama. Sie rief sich ihre Stimme aus Kindheitstagen ins Gedächtnis: »Ich glaube, ich gehe jetzt in den Salon«, hatte sie gesagt, was bedeutete, dass sie die Schwelle zu ihrem Frisiersalon
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