Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
überschritt.
Den Salon hatte sie sich in einem der Zimmer im Erdgeschoss eingerichtet, und sie war ständig auf dem Sprung zwischen der Spüle und den Köpfen der Frauen aus der Gegend. Sie führte den einzigen Damenfrisiersalon in Bråbygd. Die Männer arbeiteten auf den Äckern oder rackerten sich im Wald ab. Die Frauen kümmerten sich um das Vieh, sie molken oder misteten die Ställe aus. Und ihre Mama kümmerte sich außerdem noch um Eleganz und Schönheit.
Birgitta erinnerte sich an das Gelächter und die Stimmen, die den Lärm der Trockenhauben übertönten. Als kleines Mädchen umgab sie sich sehr gerne in dieser schönen und fröhlichen Welt mit Lockenwicklern und den intensiven Gerüchen der Haarfestiger und -färbemittel. Umringt von redseligen Frauen, die den Salon frisch frisiert und onduliert verließen.
Ob das Gros des Verdienstes wohl in die Landwirtschaft geflossen war? Obwohl ihre Mutter auch immer etwas Geld in der Blechdose sparte, die in dem Regal mit dem Vorhang mit dem kleinen Blumenmuster unter dem großen Spiegel stand.
Manchmal öffnete sie die Dose und gab Birgitta Geld für neue Haarklammern oder eine Limonade im Café in Kristdala, wo sie als Teenager gerne hinging. Sie hatte mit ihrer Mutter nie über Geld geredet. Ihre Kindheit lag lange vor der großen Epoche der Aussprachen.
Der Korb für das Laub war wieder voll. Sie trug ihn über die Wiese und leerte ihn auf dem Kompost aus.
Das Telefon klingelte erneut. Es war Lotta. Sie wollte wissen, wie es ihnen gehe.
»Gut«, erwiderte Birgitta.
»Ist Papa schon wieder zu Hause?«
»Nein. Er bleibt ein paar Tage länger. Du weißt doch, wie gut es ihm in der Türkei gefällt. Ich habe jetzt Nachtdienst und wollte mir noch ein paar Ferientage aufheben. Wo bist du eigentlich?«
»Zu Hause in Stockholm. Warum?«
Birgitta dachte nach. Sollte sie ihrer Tochter erzählen, dass Magnus angerufen hatte?
»Ach, nichts weiter«, erwiderte sie, da ihr klar war, dass das nur zu weiteren Fragen führen würde. Bei Lotta und Magnus war alles immer so heikel, ohne dass sie hätte sagen können, warum. Es war einfach so, und man hatte das zu akzeptieren. »Wie geht es den Kindern?«, fragte sie stattdessen.
Die beiden geliebten Enkel. Der Gedanke an sie erfüllte sie mit leichtem Unbehagen. Ging es ihnen wirklich gut?
»Denen geht’s bestens«, erwiderte Lotta so geschäftsmäßig wie immer. Wie hatte sie nur eine so effektive Tochter bekommen können?
»Sie wollen sich nicht ein bisschen mit ihrer Großmutter unterhalten?«, fragte Birgitta und versuchte, nicht fordernd zu klingen.
»Ich glaube nicht«, sagte Lotta. »Wir sind gerade auf dem Sprung.«
»Ach so … na dann grüß sie von mir und Magnus auch.«
Sie ging in die Küche und trank zwei Gläser kaltes Wasser, während sie an Magnus dachte. Er hatte in letzter Zeit begonnen, sich für Teppiche zu interessieren. Wahrscheinlich ein Bestandteil seiner Oberschichtallüren, genau wie die schöne Wohnung, die Antiquitäten und das Segeln.
Es war natürlich nett, dass jemand Carl-Ivar zuhörte, wenn er von seinen Reisen in den Orient und seinen Teppichkäufen erzählte. Mit Teppichen ließ sich zweifellos Geld verdienen, aber da musste man dann schon in einer anderen Liga mitspielen als Carl-Ivar, der deswegen mit Teppichen handelte, weil sie ihm schlicht und ergreifend gefielen. Er hatte auch Erfolg gehabt, weil er in Småland in kleinen Verhältnissen aufgewachsen war und somit sowohl Sinn für und Respekt vor dem Geld besaß.
Magnus arbeitete für Großunternehmen in der Reklame-Marketing-Branche oder so ähnlich. Birgitta kannte sich mit diesen Dingen nicht aus. Carl-Ivar auch nicht. Es ging nicht um kleine Summen, so viel hatten sie jedenfalls verstanden.
Magnus war Ingenieur und hatte an der Kungliga Tekniska Högskolan in Stockholm studiert. Das war schon was, jedenfalls in Oskarshamn. Inzwischen besaß er eine eigene Firma, die laut Lotta blendend lief. Er war eine gute Partie gewesen. Birgitta sah ihren Schwiegersohn vor sich. Immer tadellos von Kopf bis Fuß: Schuhe, Hose und Hemd unter dem Blazer oder dem Pullover aus reiner Schurwolle. Sogar die Brille funkelte. Er lächelte gerne mit nur einem Mundwinkel. Das hatte er immer getan.
Sie kannten Magnus und seine Familie schon von früher, trafen sie aber immer nur im Sommer und auch eher auf Distanz. In Klintemåla wurden sie die Stockholmer genannt. Die Gräben waren tief und unüberbrückbar. Die Stockholmer wohnten in
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