Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
du?«
Klara und er konnten das Lied auswendig. Er hatte es auch schon als Kind gesungen. Nach einer Weile begnügte Klara sich wieder mit dem Zuhören.
Er fuhr auf der E 22 Richtung Kalmar. Er passierte Mönsterås, ohne dass ihm das Herz bis zum Hals schlug.
Als er das Schild mit der Aufschrift Timmernabben sah, bekam er Lust, die alte Küstenstraße nach Kalmar zu nehmen. Die letzte Fahrt lag inzwischen viele Jahre zurück: Pataholmen, Korpemåla, Slakmöre, aber dazu hatte er jetzt keine Zeit. Er konnte die schönen Eichenhaine am Wasser sehen. Die Küste südlich von Oskarshamn sah anders aus. Die Granitfelsen wurden von Kuhweiden abgelöst, die bis ans Ufer reichten.
»Papa, sind wir bald da?«
»Gleich«, erwiderte er und versuchte, ihrem Blick im Rückspiegel zu begegnen.
Sie begnügte sich mit der Antwort. Der Kindersitz für Babys lag im Kofferraum. Er würde seine Frau und das zweite Kind abholen. Eigentlich hatte Veronika schon am Vortag nur wenige Stunden nach der Geburt nach Hause kommen wollen, aber die Ärzte hatten sie überredet, über Nacht zu bleiben, damit der Kinderarzt das Neugeborene, ein Mädchen, untersuchen konnte.
Claes war entspannt. Warf einen Blick auf den Beifahrersitz. Der Fleck war kaum zu sehen, wenn man nicht wusste, dass er da war. Er kann als Andenken bleiben, dachte er.
Er lächelte.
9
Merve Turpan war Kriminalpolizistin, aber keine Kommissarin. Noch nicht.
Gelegentlich dachte sie über ihr Ziel nach. Es würde seine Zeit dauern, bis sie es erreichte. Sie mochte ihr Leben so, wie es war, aber sie hatte auch ehrgeizige Pläne.
Die Einzige, die mit ihrem Leben nicht zufrieden war, war ihre Mutter, aber das war eine andere Geschichte.
Merve wusste sehr gut, dass sie nicht dumm war. Nicht nur, weil sie oft die besten Noten und die besten Beurteilungen erhalten hatte, sie hörte es auch oft, vor allen Dingen von ihrem Chef. Sicher auch deshalb, weil er gelegentlich etwas müde war. Vielleicht auch faul. Möglicherweise hatte er auch wirklich so viel um die Ohren, wie er glauben machen wollte, ihr Chef, Kriminalkommissar Fuat Karaoğlu. Er war einen Kopf kleiner als sie und besaß die ungewöhnliche Gabe, sie ständig mit Arbeit einzudecken.
Aber er nahm sie auch ernst. Das gefiel ihr, und sie mochte ihn. Sehr sogar, auf diese widersprüchliche Art, auf die man manchmal seine Quälgeister mag.
Im Augenblick hätte sie alles dafür gegeben, duschen zu dürfen, kühles Wasser an sich herablaufen lassen zu können. Ganz kaltes, oder vielleicht lauwarmes, war im Übrigen sowieso das Einzige, was zur Verfügung stand, obwohl die Wohnung, die sie vor einem Jahr gekauft hatte, in relativ gutem Zustand war. Sie wagte nicht daran zu denken, wie es im Winter werden würde, denn der Hausbesitzer war eindeutig kein Mann, auf den man sich verlassen konnte.
Der schmale Korridor vor ihrem Büro war leer. Es war Sonntag. Durch das offene Fenster hörte sie, wie jemand ein Stockwerk tiefer telefonierte. Vielleicht Cem, aber wenn er etwas von ihr wollte, dann würde er auftauchen.
Cem war der jüngste Kriminaltechniker. Jetzt hatte er eine ganze Fähre zum Rumstöbern bekommen. Vermutlich würde das nichts ergeben. Das war auch die Auffassung Karaoğlus. Cem und die anderen beiden Kriminaltechniker hatten nur den Samstagabend zur Verfügung gehabt. Der Kapitän hatte gemeutert und mit den großen Verlusten argumentiert, die entstanden, wenn die Fähre im Hafen blieb. Außerdem musste nur der Wind drehen und Regen kommen. Dann würden alle Spuren weggespült, auch wenn man den Tatort ordentlich abdeckte.
Sie hörte den Verkehr kaum. Die Ruhe war angenehm. Sie musste sich konzentrieren.
In einer Stunde würde ihr Chef erscheinen, um den Bericht für Interpol abzusegnen, damit sie ihn heute noch abschicken konnten. Hoffentlich war er dann morgen bereits in Schweden.
Fuat Karaoğlu besaß eine kleine Wohnung, die fast unanständig zentral hinter der Hagia Sofia lag. Cem, der schon dort gewesen war, sagte, dass Karaoğlu von seiner Dachterrasse aus sogar das Marmarameer sehen konnte. Karaoğlus Frau sei leider oft krank. Sie könne die Wohnung nicht verlassen. Das ist die Last, die er zu tragen hat, dachte Merve. Vielleicht wirkte er deswegen immer so müde und gelegentlich auch zerstreut. Er hatte Hilfe für seine Frau, ging aber auch häufig nach Hause, um nach ihr zu sehen.
Sie erhob sich, hielt ihr dünnes Baumwolltaschentuch unter kaltes Wasser und fuhr sich damit über Gesicht
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