Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Rechtsmedizinalbehörde die Voraussetzungen für diese Kompetenz erheblich erhöht. Nach Möglichkeit sollten Rechtsmediziner die Gutachten verfassen, aber die nächste Gerichtsmedizin lag in Linköping, und es verstand sich von selbst, dass man von dort aus keinen so großen Bezirk abdecken konnte.
Der Mann unter dem Tuch reagierte immer noch nicht. Schweigend nähte sie weiter. Sie setzte Einzelstiche, verknotete den Faden und schnitt ihn dann ab. Das Resultat konnte sich sehen lassen. Die Wundränder waren erstaunlich klar abgegrenzt.
Die Türkante, mit der er kollidiert war, musste sehr scharf gewesen sein!
»Jetzt sind Sie fertig«, sagte sie und zog das grüne Tuch beiseite.
Der Mann lächelte erleichtert.
»Das haben Sie richtig gut gemacht. Zarte Frauenhände!«
Das tat gut. Sie erwiderte sein Lächeln, bat den Mann, noch liegen zu bleiben, und ging zur Anmeldung.
»Du kannst jetzt reingehen und den Verband legen«, sagte sie zu der Pflegehelferin als kleine Rache dafür, dass sie sich dünn gemacht hatte.
Dann ging sie ins Arztzimmer, suchte nach der entsprechenden Patientennummer in der Datenbank und begann zu diktieren, während sie aus dem Fenster schaute.
Dann musste die Diagnoseziffer eingegeben werden, stets ein Hemmschuh, wenn man gerade so richtig in Fahrt gekommen war. Sie blätterte im Verzeichnis, fand »Stirnverletzung« und gab die entsprechende Ziffer ein. Jetzt fehlte nur noch die Ziffer für die Ursache. Sie blätterte weiter. Natürlich war »aus freien Stücken mit einer Tür kollidiert« nicht vorgesehen. Aber sie fand »Sturz auf gleicher Höhe« und nahm das, obwohl es nicht ganz stimmte. Dann brauchte sie noch eine Ziffer für eine Behandlung und entschied sich für »Wundreinigung und Sutur«.
Sie erhob sich und kehrte zum Tresen der Anmeldung zurück.
Inzwischen brodelte die Gerüchteküche. Sie hörte sowohl die Namen Christoffer und Rosen und konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Sie sah Christoffer Dauns geschmeidige Gestalt vor sich. Ständig heischte er nach Bestätigung.
Dieser Mann konnte ein paar Ratschläge von einem gestandenen Mannsbild wie Ronny wirklich gut brauchen! Er hatte den richtigen klinischen Mentor.
»Er will von allen Patienten geliebt werden und so viele wie möglich an sich binden«, hörte sie eine der Schwestern grinsend sagen.
»Aber nur die Frauen. Früher oder später wird ihm das noch zum Verhängnis!«, meinte eine andere. »Wie diesem Arzt in Skåne, den sie wegen Missbrauchs angeklagt haben.«
»Sei dir da nicht so sicher, Daun passt auf«, meinte die Sekretärin, die plötzlich aufgetaucht war.
»Aber es ist ihm wohl kaum zuzutrauen, dass er jemanden erwürgt. So durchgeknallt ist er dann auch wieder nicht«, meinte die Pflegehelferin.
»Stille Wasser sind tief«, erwiderte Gunnel.
Womit auch das gesagt war.
In diesem Augenblick trafen sowohl der Krankenwagen als auch Ronny Alexandersson ein. Wenig später erschienen ein Polizist und eine Polizistin.
Die Trage wurde in ein Untersuchungszimmer gerollt. Der Zustand der Patientin war stabil.
Ronny hatte die Gerichtsmedizin in Linköping angerufen, um zu fragen, wie er vorgehen musste. Sets für gerichtsmedizinische Untersuchungen gab es in der Notaufnahme mit Stäbchen für Abstriche, Maßband, Kamm, Holzstäbchen, um etwa Hautreste unter den Fingernägeln zu sichern. Weiterhin enthielten sie eine Checkliste, Formulare und Körperskizzen, auf die man die Verletzungen eintragen konnte. Die Verletzungen am Hals waren mit bloßem Auge zu erkennen.
Gunnel hatte alles vorbereitet, inklusive Kamera, um die sichtbaren Verletzungen zu dokumentieren. Schon sehr tüchtig, dachte Fresia und kam sich großzügig vor.
»Vielleicht bleibst du besser«, meinte Ronny zu Fresia. »Vier Augen sehen mehr als zwei.«
Der Beamte reichte ihnen braune Papiertüten für Tinas Kleider, die die Kriminaltechniker untersuchen wollten. Sie hatten bereits ein weißes OP-Hemd für Tina geholt.
»Wo habt ihr den Mann, der über sie hergefallen ist?«, wollte Ronny wissen.
»Er ist in der Polizeistation beim Verhör«, gab der Beamte zurück.
Mehr sagte er nicht. Ronny nickte. Die beiden Beamten wollten nach der Untersuchung mit Tina sprechen und fragten, wo in der Klinik das möglich sei.
»Sie können das gern hier machen«, meinte Gunnel. »Sie bekommen eine Tasse Kaffee von mir, während Sie warten.«
Sie gingen ins Untersuchungszimmer. Tina sagte nicht viel, war aber erleichtert, als sie Ronny
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