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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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anderen Frau und einem gemeinsamen Kind. Einem Mädchen.
    Die Fotos waren sowohl in Schwarzweiß als auch farbig, die meisten waren bei blendender Sonne gemacht worden, die Fotografierten blinzelten, die Schatten waren tiefschwarz. Die Bilder waren vor Restaurants oder in Straßencafés aufgenommen worden, mit Palmen und anderen exotischen Bäumen im Hintergrund, die auf südliche Breitengrade schließen ließen.
    Annelie nahm ein Foto und betrachtete es eingehender. Eine im Freien aufgenommene Amateurfotografie mit schwacher Sepiafärbung. Annelie sah abwechselnd Carl-Ivar und die Frau neben ihm an. Schließlich blieb ihr Blick bei Carl-Ivar hängen. Es rührte sie, ihn als jungen Mann zu sehen, und sie erinnerte sich daran, wie er in ihrer Kindheit gewesen war.
    Sie selbst hatte kein Fotoalbum aus ihrer Kindheit, mit dem sie ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen könnte. Ihre Mutter hatte so etwas natürlich auch nicht, aber sie verwahrte einige wenige Fotos in einem abgegriffenen weißen Briefumschlag. Es passierte nicht oft, dass Annelie sie anschaute. Gabbi ließ sie manchmal in ihren gediegenen Fotoalben blättern, in denen gelegentlich auch sie auftauchte. Hin und wieder wurden sie dann nostalgisch. In der Regel wurde Annelie jedoch missmutig, wenn sie sich alte Fotos von sich selbst anschaute. Deswegen hatte sie sich auch nie einen Fotoapparat zugelegt. Sie wollte die Zeit nicht festhalten, sie hatte bislang nicht verstehen können, was das für einen Sinn haben sollte. Christoffer besaß natürlich eine Kamera und fotografierte viel, aber auch diese Fotos sah sie sich nicht sonderlich oft an.
    Auf dem Bild musste Carl-Ivar ungefähr dreißig sein. Sein Körper wirkte weniger steif, und er sah zufrieden aus. Vielleicht sah er auch stolz aus? Er war schlanker und hatte volles Haar, weizenblond und nach hinten gekämmt. Seine Stirn glänzte. Er trug eine helle Hose, ein weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und an den Füßen dieses uralte Sandalenmodell, das er immer noch gerne im Sommer getragen hatte. Seine Unterarme waren braungebrannt.
    Sie hatte ihn als Kind immer als lustig und unbekümmert empfunden. Ob wohl alle Menschen mit den Jahren schwermütiger wurden? Oder kam ihr da wieder ihre eigene Kindheit in die Quere? Dass der Unterschied zwischen ihrer eigenen dürftigen Existenz und seinem freien erwachsenen Leben so extrem sein konnte. Oder wirkte er nur wegen der Frau, die neben ihm stand, so fröhlich?
    Sie betrachtete die Frau eingehender. Sie war klein und schlank und trug ihr schwarzes Haar hochgesteckt. Ihr ovales Gesicht hatte sanfte Züge, und ihre Brauen waren kräftig und dunkel. Sie trug große Ohrringe, wie Birgitta sie nie im Leben getragen hätte. Sie sahen fein und filigran aus.
    Die Frau blickte mit freundlichen Augen direkt in die Kamera. Ihr Mund war ernst, und deswegen ließ sich kaum sagen, in welcher Gemütsverfassung sie sich befand. Es war ein Mona-Lisa-Lächeln.
    Aber die beiden gehörten zusammen, sie fühlten sich miteinander wohl – daran konnte kein Zweifel bestehen. Annelie wurde warm ums Herz, und ein immer größeres Wohlbehagen breitete sich in ihr aus, während sie weiterblätterte. Na, na, Carl-Ivar, dachte sie. Du hast wirklich nichts anbrennen lassen und ziemlichen Mist gebaut!
    Sie wurde von Neid, aber auch von einer stimulierenden Spannung erfüllt, und zwar nicht nur, weil sie ein Geheimnis enthüllt hatte, sondern weil sie jetzt wusste, dass sich Carl-Ivar etwas getraut hatte. Er schien stolz und glücklich auf sein zweites Leben gewesen zu sein. Er war jedoch auch feige, denn er hatte sich nie zur Ganzheit bekannt. Er hatte in ständigem Zwiespalt gelebt.
    Während die Dämmerung hereinbrach, überschlugen sich ihre Gedanken. Sie musste los. Sie blätterte schneller. Die Frau war auf vielen der Fotos zu sehen, sie hatte sich im Laufe der Jahre kaum verändert. Ihr Haar war ergraut, und sie hatte es kürzer geschnitten.
    Dann war da noch das Mädchen. Erst Babyfotos, dann Bilder einer immer erwachsener werdenden Frau, die nur das dunkle Haar von ihrer Mutter geerbt hatte. Die Jahre waren verstrichen, und sie war größer als ihre Mutter geworden. Ähnelte sie Carl-Ivar? Schwer zu sagen.
    Annelie versuchte, mit Hilfe der Daten auf der Rückseite der Fotos auszurechnen, wie alt das Mädchen in etwa war. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sie ein paar Jahre jünger war als sie. Mit einer gewissen Zufriedenheit konstatierte sie, dass sie sich ein bisschen ähnlich

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