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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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vertrocknete Ringelnatter an einem heißen Sommertag auf einer Landstraße auf der Pappe lag.
    Wusste ihre Mutter davon?
    Dass Carl-Ivar ihren Speicher genutzt hatte, wusste sie natürlich, aber vielleicht glaubte sie, dass dort oben nur Plunder verwahrt wurde, Schaufensterdekorationen und unverkäufliche Teppiche, die Carl-Ivar nicht hatte wegwerfen, aber auch nicht in Birgittas und seinem ordentlichen Einfamilienhaus hatte lagern wollen.
    Im nächsten Augenblick sah sie vor sich, wie die begehrenswerten Teppiche ausgerollt wurden. Sie wünschte sich so sehr, sie zu besitzen, dass es sie am ganzen Körper schmerzte. Augen, Bauch, Herz wollten alle dasselbe: sie besitzen. Wegen ihrer Schönheit – den harmonischen Farben, die genau auf die Muster abgestimmt waren –, aber auch, weil sie so wertvoll waren.
    Und darüber konnte man einfach nicht hinwegsehen, so viel war ihr klar.
    Sie hatte nie viel Geld besessen, aber immer genug, um gut über die Runden zu kommen, und mehr verlangte sie auch gar nicht. Aber jetzt sahen die Dinge anders aus. Endlich hatte sie ein Ziel vor Augen. Sie wollte Teppichhändlerin werden und benötigte ein Startkapital.
    Wenn Carl-Ivar den Speicher auf den Namen ihrer Mutter gemietet hatte, dann konnte er auch als der ihrer Mutter gelten.
    Wenn dem wirklich so war.
    Annelie hielt das für wahrscheinlich. Die Polizisten, die die Akten abgeholt hatten, hatten sich nicht nach einem weiteren Lager erkundigt. Also ging weder aus Kontoauszügen noch aus Quittungen hervor, dass Carl-Ivar einen Speicher gemietet hatte. So etwas ging schließlich in der Regel auf Kosten der Firma. Besitz, von dem niemand etwas wusste, konnte wohl kaum Teil des Nachlasses werden.
    Hier witterte sie ihre Chance. Sie musste ihre Mutter ausfragen. Und vielleicht in ihre Pläne einweihen. Sie konnten an einem Strang ziehen und sich den Gewinn anschließend teilen.
    Nein, überlegte sie schon im selben Augenblick. Das würde die Sache nur unnötig komplizieren. Sie sah bereits ihre Mutter vor sich, wie sie ihr damit drohte, Birgitta, der Cousine, dem Cousin oder der Polizei etwas zu erzählen, sobald sie auf Widerstand stieß und ihren Willen nicht durchsetzte. Und was sie wollte, konnte sich von einem Augenblick auf den nächsten ändern. Sie war genauso wechselhaft wie ein schwedischer Sommer.
    Annelie war rechts an den Mietshäusern von Kristineberg vorbeigefahren. Dann ließ sie ein Viertel mit Einfamilienhäusern hinter sich zurück. Dahinter begann der Wald, links lag das Meer. Sie fuhr auf den Parkplatz vor der Brücke zum Strandbad und Campingplatz auf der Insel Gunnarsö.
    Jetzt, dachte sie, öffnete die Tasche und nahm die grau marmorierte Mappe heraus. Immer mit der Ruhe, ermahnte sie sich und öffnete sie langsam und andächtig. Sie hatte das deutliche Gefühl, dass der Inhalt der Mappe sie der Wahrheit ein ganzes Stück näher bringen würde.
    Die Briefe und Fotos waren chronologisch geordnet. Die ältesten Briefe lagen zuunterst. Die Fotos waren auf der Rückseite datiert und auf drei Umschläge verteilt.
    Die Mappe war mindestens dreißig Jahre alt. Sie war ein Schatz, der wie eine kostbare Perle in einer Muschel gelegen hatte, die sie jetzt mit Gewalt öffnete. Was Carl-Ivar wohl dazu gesagt hätte, dass sie es sein würde, die sein Geheimnis lüftete?
    Plötzlich empfand sie eine große Zärtlichkeit. Er hätte vermutlich nichts dagegen gehabt. Vielleicht rechtfertigte sie damit auch nur ihr Unterfangen vor sich selbst, aber irgendjemand wäre früher oder später ohnehin darauf gekommen, warum also nicht sie? Er hätte schließlich auch alles verbrennen und sein Geheimnis mit ins Grab nehmen können.
    Aber das hatte er nicht getan.
    Sie trug eine große Verantwortung, das wurde ihr deutlich, während sie in den Briefen blätterte und die Umschläge mit den Fotos öffnete. Sie würde entscheiden müssen, wie es weiterging.
    Das schwindende Tageslicht fiel durch die Windschutzscheibe. Es war Viertel vor sieben, und sie brauchte höchstens zwei Minuten, um zu Gabriella zu fahren. Sie hatte nicht mehr allzu viel Zeit, aber noch genug, um sich einen Überblick zu verschaffen. Sie fasste die Blätter vorsichtig an der Ecke an. Ich bräuchte Baumwollhandschuhe, dachte sie, wie alle, die empfindliches Material handhaben und es vermeiden wollen, Spuren zu hinterlassen. Alle Briefe waren auf Englisch verfasst. Ein ganzes Leben lag vor ihr. Eine zweite Existenz an einem weit entfernten, fremden Ort mit einer

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