Lupus - Ankunft der Woelfe
bestens auszukennen. Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte sie trocken und trat neben ihn. »Sie wissen, dass es keine Bedeutung hat, was ich Ihnen jetzt spontan zu der Toten sage. Bei diesem Fall hat sowieso Professor Steinmeier das Sagen, und der ist bei einem wichtigen Pressetermin. Ich habe noch keinen Blick auf die eben erst eingetroffene Leiche werfen können.« Sie zeigte auf den Tisch mit der Toten. »Der Staatsanwalt kommt in einer halben Stunde. Dann ist auch der Polizeifotograf da sowie die angemeldeten Kollegen von der Mordkommission.«
»Haben Sie nicht schon jetzt etwas für mich?«, fragte der Ermittler und hob das Tuch an. »Es eilt wirklich. Der ganze offizielle Quatsch hält uns nur auf.«
Eva ging an den Nebentisch, erweckte den Laptop aus dem Ruhemodus und klickte sich ins Intranet der Rechtsmedizin. Dort öffnete sie die Datei mit dem Fall. »Sie kennen das Prozedere? Wir hatten letzte Nacht eine Durchschnittstemperatur von drei Grad und gegen zwei Uhr kurzzeitig minus ein Grad. Bodenfrost. Das hat Professor Steinmeier heute früh hier festgehalten. Die Außentemperatur wird mit der gemessenen Körpertemperatur abglichen, dabei kommen wir auf einen Todeszeitpunkt zwischen ein Uhr Mitternacht und drei Uhr heute früh.«
»Das weiß ich bereits«, brummte der Sonderermittler. »Kurz nach ein Uhr hat jemand die Krankenschwester noch lebend gesehen, als sie zu ihrem Auto ging. Um drei Uhr wurde sie tot aufgefunden. Kommen Sie bitte hinter Ihrem Computer hervor und sehen Sie sich die Leiche an! Sagen Sie mir, was Sie sehen! Das ist es, was mich interessiert.«
Etwas in seiner Stimme irritierte sie. Diese Zielstrebigkeit gemischt mit versteckter Unruhe. Unter Cubes Augen lagen Schatten. Ging ihm der Fall etwa nahe? Hatte er die Tote gekannt?
Verlegen fischte Eva ein frisches paar Schutzhandschuhe aus der Box, zog sie über und ging zu dem Tisch mit der abgedeckten Toten. Dort zog sie den Mundschutz vors Gesicht, schob die Plane am Gesäß der Toten ein Stück beiseite und drückte vorsichtig gegen die Haut. »Sehen Sie, die Leichenflecken verschwinden noch. Das bestätigt die Annahme von Professor Steinmeier über den Todeszeitpunkt.«
Der Ermittler zerrte die Plane komplett zurück.
»Sagen Sie mir etwas dazu!«
Eva blickte auf einen aufgerissenen Brustkorb und ein halbes Gesicht. Die rechte Wange fehlte, ein Auge war tiefer in die Höhle gesackt.
Sie erschauerte. »Wie schrecklich. Wer tut so etwas?«
»Das will ich herausfinden. Und Sie können mir dabei helfen.«
Eva spürte, wie sie unter seinem bohrenden Blick noch unsicherer wurde. Sie hatte noch nie eine ähnliche Verletzung bei einer Toten gesehen. Auch nicht in den Büchern der Rechtsmedizin. Dunkel erinnerte sie sich an einen Fall aus der Schönheitschirurgie ihres Vaters. Ein Schäferhund hatte seinen Besitzer angefallen. Das Gesicht musste neu moduliert werden. Das hatte ähnlich ausgesehen.
»Es könnten die Bisse eines Kampfhundes sein«, mutmaßte sie und betrachtete nachdenklich die schweren Verletzungen.
»Aber das ist doch der Kieferabdruck eines Menschen?«
Sie spürte, wie ihr heiß wurde. Er hatte recht. »Ja, das sieht nach menschlichen Zähnen aus«, gab sie zu.
»Und der aufgerissene Brustkorb?«
Neben der Lunge klaffte ein tiefes Loch. »Das sind sehr tiefe, scharfe Einschnitte. Wurde ein Werkzeug gefunden?«
»Nein.« Der Ermittler hob einen Hautlappen an.
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich sehe keine Tüten mit Asservaten. Doch hier fehlt etwas.«
»Was suchen Sie denn?«
»Das herausgerissene Fleisch! Wo ist es?« Sie zeigte auf das Loch im Gesicht und in der Brust.
Der Ermittler ging einen Schritt zurück »Wir haben nichts gefunden. Nur die Blutlache.«
Eva biss die Zähne aufeinander und schwieg.
»Was denken Sie«, unterbrach Cube die Stille. »Mit welcher Waffe könnte der Täter zugeschlagen haben?«
»Also, wenn Sie mich so fragen.« Sie machte eine Pause. Es war ihr erster Tag. Sie konnte sich doch nicht gleich bei der ersten Leiche so weit aus dem Fenster lehnen. Aber das, was sie da sah, war ziemlich eindeutig. Sie schluckte und redete weiter. »Es sieht so aus, als hätte jemand mit Zähnen und einem sehr scharfen Werkzeug gewütet.«
»Haben Sie eine Idee?«
Der Kerl ließ einfach nicht locker. Sie müsste ihn mit einer ersten Mutmaßung beschäftigen. »Die Schnitte sind glatt und tief. Die Tatwaffe muss ein sehr scharfes und spitzes Messer gewesen sein. Vielleicht ein
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