Lust de LYX - Ergebener der Lust (German Edition)
aufhören, mich daran zu erinnern, oder?«
»Nein, niemals«, bestätigte Tariq schmunzelnd. »Wozu sind Brüder da?«
Im Licht der warmen Nachmittagssonne saß Claire in einem gestreiften Liegestuhl und spielte mit den Zehen im weichen Sand, während sie die sanften Wellen beobachtete, die ans Ufer rollten. Palmen wiegten sich in der leichten Brise, die ihr die Haare aus dem Gesicht blies. Die Bucht war heute viel ruhiger als sonst. Keine Touristen. Keine Einheimischen. Nur sie und diese wunderbare Aussicht, an der sie sich nie sattsehen konnte.
Sie würde diesen Ort vermissen. Ihr blieben nur noch zwei Monate ihres Forschungssemesters, anschließend wurde sie an der Uni zurückerwartet. Nachdem sie beschlossen hatte, in der Menschenwelt zu bleiben, musste sie sämtliche früheren Pläne für die Zukunft an den Nagel hängen und einen völlig neuen Weg einschlagen. Sie hatte den Oberen gesagt, dass sie
wahrhaftig
leben wollte. Jetzt bekam sie die Chance dazu.
Ein bleischweres Gewicht schien sich auf ihre Schultern zu senken. Sie atmete tief durch. Depression nannte man das wohl. Geboren aus tiefster Enttäuschung. Claire bereute ihre Entscheidung nicht – nicht, nachdem sie jetzt die Wahrheit kannte –, dennoch hatte ein Teil von ihr irgendwie gehofft, dass diese ganze Sache anders ausgehen würde. Derselbe Teil, der so töricht gewesen war, an eine glückliche Zukunft mit Ashur zu glauben.
Immerhin war er frei. Das sollte ihr eigentlich genügen. Und vielleicht wartete trotzdem noch irgendwo das Glück auf sie. Obwohl sie sich im Moment nicht vorstellen konnte, es bei einem anderen Mann zu finden. Seufzend schlug sie die Zeitschrift auf ihrem Schoß zu und schob sich die Sonnenbrille auf den Kopf. Sie war viel zu lange in der Sonne gewesen. Offenbar hatte sie sich das Gehirn versengt. Sie stand auf, klappte den Liegestuhl zusammen und machte sich, das Magazin unter den Arm geklemmt, auf den Rückweg zu ihrer Hütte am anderen Ende der Bucht. Dort lehnte sie den Stuhl gegen die Verandabrüstung, wischte sich den Sand von den Füßen und stieß die Fliegengittertür auf.
Sie schnappte nach Luft.
Mitten auf der Couch in ihrem Wohnzimmer saß – Ashur. Er hatte beide Arme über der Rückenlehne ausgebreitet und die Beine übereinanderschlagen; ein amüsierter Ausdruck huschte über sein Gesicht, als sie ihn mit offenem Mund anstarrte.
»W-was tust du denn hier?«, stammelte Claire. Herrje, cool ging anders.
»Ich warte auf dich, sieht man das nicht? Dachte schon, du würdest da draußen verbrutzeln.« Er sprang auf. »Ich hoffe, du hast Sonnencreme benutzt, bei deinem hellen Teint.«
Claire konnte seinen Worten kaum folgen. Sie wusste nur, dass der Dschinn, von dem sie die ganze letzte Woche geträumt hatte, jetzt leibhaftig hier in ihrem Wohnzimmer stand und seine außergewöhnliche Aura den ganzen Raum auszufüllen schien. Es war, als hätte sie ihn beschworen, doch dem war nicht so.
»Ich … ich verstehe das nicht! Du solltest doch in Gannah sein!« Sie neigte den Kopf. »Wieso bist du hier?«
Ashur kam herüber, und ihr Herzschlag beschleunigte sich rasant. Doch er berührte sie nicht. Stattdessen schwang er sich auf die Armlehne des Sessels neben ihr. »Ich könnte dich wohl dasselbe fragen.«
Sie forschte in seinen vertrauten Zügen. Diese verlockenden Lippen, von denen sie geträumt hatte, waren so nah, dass sie an nichts anderes denken konnte als daran, sie wieder und wieder zu küssen.
»Du hast die Opale nicht mitgenommen«, bemerkte er sanft. »Warum nicht? Ich dachte, du wolltest sie unbedingt?«
Claire suchte nach den passenden Worten, wohl wissend, dass sie sie nicht finden würde. »Ich bin nicht wegen ihnen in deine Welt gereist, sondern, um dir zu helfen.«
»Weshalb bist du dann so schnell verschwunden?«
»Weil ich … in Versuchung geriet. In den Opalen steckt eine unbändige Macht. Mir war klar, dass ich, wenn ich nicht sofort gehen würde, es später vielleicht nicht mehr könnte.« Sie trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Ich bin nicht sicher, ob du es weißt – ich selbst ahnte es jedenfalls nicht, bis ich dort war –, aber Zoraida war nicht nur eine Zauberin. Sie war ein himmlisches Wesen, so wie ich. Ein gefallener Engel. Und genau wie für mich, war die Macht der Opale eine Verlockung für sie. Doch anstatt dieser Versuchung zu widerstehen, erlag sie ihr. Ihr Licht wurde dunkel. Es existierte nur noch ein kümmerlicher Rest davon in ihr, und trotzdem konnte
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