Lust de LYX - Ergebener der Lust (German Edition)
seinen Brüdern nicht nur ebenbürtig, sondern besser als sie zu sein. Darum hatte er sich auf die Suche nach beiden begeben, als sie verschwunden waren. Nicht nur, um sie zu retten, sondern auch, um danach als Held bejubelt zu werden. Um den Ruhm einstreichen zu können. Um einen Tag wie den heutigen herbeizuführen, an dem das ganze Königreich sein Loblied singen und alle endlich seinen unschätzbaren Wert für ihr Reich erkennen würden.
Nur dass es jetzt, wo es passiert war, keine Bedeutung mehr hatte. Was spielte das alles noch für eine Rolle? Er war nicht der Retter, für den jeder ihn hielt, sondern ein Scharlatan!
Er
hatte gerettet werden müssen! Und zwar nicht nur körperlich aus Zoraidas Hölle, sondern auch emotional aus seiner eigenen. Von einem Engel, der aus seinem Leben verschwunden war, bevor er ihn hatte daran hindern können. Bevor er Claire sagen konnte, wie viel sie ihm bedeutete. Bevor es ihm selbst klar geworden war. Und jetzt würde er sie nie wiedersehen.
»Sie ist zurückgekehrt.«
Ashur und Tariq schauten beide erstaunt zum Ende der Veranda, wo Nasir stand; die Medaillen an seiner Uniform funkelten im Licht der Nachmittagssonne.
»Wer?« Ashur runzelte die Stirn.
»Claire«, warf Tariq ein.
Ashur wandte sich zu ihm um. »Was meinst du damit?«
Nasir trat zu ihnen. »Als sie uns an dem Berg verlassen hat, haben die Hohen Sieben sie ins Himmelreich zurückgeholt. Doch sie ließen ihr die Wahl zwischen ihrem alten Leben vor ihrer Verbannung und der Rückkehr in die Menschenwelt.«
Dass sie ins Himmelreich zurückgerufen worden war, wusste Ashur bereits. Er hatte – zur großen Bestürzung seiner Eltern – nach seiner Rückkehr mehrere Tage damit verbracht, Claire in der Menschenwelt zu suchen – aus dem Bedürfnis heraus, mit ihr zu sprechen und zu erfahren, warum sie so überstürzt verschwunden war. Warum sie den Feuerbrand-Opal, nach dem sie so lange gesucht hatte, nicht einmal anrühren wollte, obwohl er nur Zentimeter vor ihren Füßen lag. Warum sie Nasir seine Kräfte zurückgab. Als Ashur sie nicht finden konnte, war ihm klar geworden, dass sie in ihre eigenen Gefilde zurückgekehrt sein musste.
»Sie wählte die Menschenwelt«, antwortete Tariq mit ruhiger Stimme.
Ashur starrte seinen Bruder fassungslos an. »Wie bitte?«
Nasir lachte leise, dann bemerkte er an Tariq gewandt: »Ich sagte dir doch, dass es ihn nicht kaltlassen würde.«
Über Tariqs Gesicht flackerte dasselbe Grinsen wie in ihrer Kindheit, wenn sie Ashur geneckt hatten. »Ich wäre jede Wette eingegangen, dass sie sich so entscheiden wird. Sie ist jetzt eine Sterbliche. Genau wie Mira kann sie die Grenze zu unserem Reich nicht überqueren, aber falls du mit ihr sprechen willst, findest du sie dort.«
Mit ihr sprechen? Ashur wollte sie schütteln! Er wollte erfahren, wieso sie ihn gerettet hatte, nur um anschließend wegzulaufen! Und dann … dann würde er sie küssen, bis sie beide zu atemlos waren, um zu streiten.
Der Ball in seiner Brust war mit einem Mal verschwunden. Sein Herz hämmerte bei der Vorstellung, Claire wiederzusehen.
»Wieso?«
»Wieso – was?«, fragte Nasir.
»Wieso sollte sie beschließen, ohne die Opale in der Menschenwelt zu bleiben?« Claire hatte ihm doch geschildert, wie leer ihr Leben ohne die gesamte Bandbreite an Emotionen war! Das schien ihm überhaupt der Grund gewesen zu sein, aus dem sie ihn beschworen hatte. Warum sollte sie nun freiwillig in diese Leere zurückkehren?
»Die Frage kann nur sie dir beantworten.« Tariq grinste.
Ashur schaute ihn an. »Wo ist sie?«
Sein Bruder lächelte erneut. »Dort, wo ihr euch zum ersten Mal begegnet seid.«
Am Sandstrand auf den Marshall Islands. Dort, wo Ashur sich einst nur mit Mühe beherrschen konnte, nicht sofort über sie herzufallen. Er musste sie sehen! Er konnte nicht länger warten. Er brauchte Antworten. Er brauchte –
Ashur trat von der Brüstung weg.
Nasir wandte sich lächelnd zu ihm um. »Ach, plötzlich hast du es eilig? Keine Panik, sie wird nirgendwo hingehen. Wieso bleibst du nicht noch ein Weilchen? Genehmige dir ein paar Drinks. Immerhin ist es deine Party.«
Ashur bedachte ihn mit einem vielsagenden Blick. »Würdest du noch länger bleiben, wenn es um Kavin ginge?«
Tariqs Grinsen wurde breiter. »Du hattest recht.« Er drehte sich zu Nasir um. »Ich fürchte, Vater läuft gerade Gefahr, den stellvertretenden Thronfolger zu verlieren. Du und Kavin, ihr solltet wirklich schnell für Nachwuchs
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