Lust kennt kein Tabu
begonnen habe. Mit seinem besten Kumpel. Womöglich ist das sogar die effektivste Rache.“ Als sie den prüfenden Blick ihrer Freundin bemerkte, hob sie die Brauen. „Was denkst du?“
„Nimm dich bloß in Acht. Sag Nicholas möglichst bald die Wahrheit. Es ist ja nicht so, dass du was Schlimmes getan hättest. Wenn er Bescheid weiß, kann er keinen Verdacht schöpfen. Und falls du nichts mehr von Wendell willst, solltest du weitere Begegnungen vermeiden.“
„Natürlich hast du recht“, murmelte Zienna. Zumindest, was den Rat betrifft, Wendell nicht wiederzusehen …
Doch sie bezweifelte, dass es richtig wäre, Nicholas einzuweihen. Vorerst hatte sie das Wichtigste getan und die beunruhigenden Neuigkeiten mit der Freundin geteilt. Jetzt fühlte sie sich erleichtert. Das Gespräch mit Alexis half ihr, klarer zu denken. Und Wendell würde gewiss nichts ausplaudern, was seinen Freund verletzen könnte, oder? Wohlkaum, wenn er merkt, wie viel ich Nicholas bedeute …
Bald danach verließ sie das Loft, damit Alexis noch eine Stunde schlafen konnte. Nun ging es Zienna wesentlich besser. Nein, sie wollte Nicholas keinen reinen Wein einschenken. Sie verstanden sich großartig – und Wendell würde das nicht zerstören.
Und da er schweigen würde, gab es keinen Grund, warum sie die einstige Affäre erwähnen sollte. Stundenlang hatte sie sich den Kopf über das Wiedersehen zerbrochen. Reine Zeitverschwendung …
Denn Wendells Rückkehr nach Chicago würde ihre Beziehung zu Nicholas nicht beeinflussen.
Auf keinen Fall.
4. KAPITEL
Zienna las den Fragenbogen, den ihr neuer Patient ausgefüllt hatte. Vor seiner Ankunft hatte sie den medizinischen Bericht seines Arztes gelesen – bei zwei Tassen starkem Kaffee. Um nach der langen, fast schlaflosen Nacht wach zu bleiben, brauchte sie das Koffein.
„Lassen Sie mich zusammenfassen, was ich Ihren Angaben und Ihrem Krankenblatt entnehme.“ Sie legte die Papiere beiseite und ging zu dem Mann, der auf der Behandlungsliege saß. „Seit fast zwei Jahren haben Sie im rechten Ellbogen Schmerzen, die von Ihrer Arbeit als Maschinist herrühren.“
Ed, ein kräftig gebauter Mann Mitte vierzig, nickte. „Genau.“
„Trotz verschiedener Therapien haben Sie immer noch Schmerzen?“
„Ja. Und nun hat mein Doc eine Operation vorgeschlagen. Aber das will ich nicht. Zumindest jetzt noch nicht.“
„Deshalb sind Sie hier“, sagte Zienna lächelnd. „Ich bin froh, dass Sie sich an unser Reha-Center gewandt haben. Sie werden Ihre Entscheidung gegen eine Operation nicht bereuen.“
„Anscheinend sind Sie sich sicher.“
„Oh ja. Wir haben hier andere Methoden. Hatten Sie jemals Probleme mit Ihrem linken Knie?“
Verdutzt runzelte Ed die Stirn. „Mit meinem linken Knie?“
„Die Kinesiologie ist eine Lehre, die auf Zusammenwirkungen im ganzen Körper basiert. Immer wieder fällt mir auf, dass die Stelle, an der die Patienten Schmerzen empfinden, diese Beschwerden nicht verursacht. Das nennt man neuronale Kopplung zwischen oberen und unteren Gliedmaßen, die funktionell verbunden sind. Da ich über die Symptome in Ihrem rechten Ellbogen informiert bin, wäre ich nicht überrascht, wenn Sie Schwierigkeiten mit Ihrem linken Knie hätten.“
„Oh ja …“ Nachdenklich starrte Ed vor sich hin. „Vor ein paar Jahren habe ich mir mein linkes Knie bei einem Fahrradunfall verletzt, und manchmal tut es immer noch weh.“
„Großartig!“
„Das finden Sie großartig?“, fragte er verwundert.
„Sorry, es ist nur … Nun, ich liebe meinen Job – vor allem, wenn ich jemandem helfen kann, der schon alle Hoffnung verloren hat. Letzten Monat kam ein Patient mit einem Bänderriss in der linken Schulter zu mir und glaubte ebenfalls, er müsste operiert werden. Nachdem ich dieUrsache des Schmerzes im rechten Fußknöchel gefunden hatte, war er nach ein paar Behandlungen schmerzfrei.“
Skeptisch runzelte Ed die Stirn.
„Die wunderbare Macht der Kinesiologie.“ Schon oft hatte Zienna Personen behandelt, deren emotionaler Stress zu körperlichen Schmerzen führte. In ihrer Praxis bemühte sie sich um das physische, emotionale, mentale und spirituelle Wohl aller Patienten. „Mit der Behandlung beginne ich erst, nachdem Sie allen Tests unterzogen wurden, die in unserem Institut nötig sind. Aber ich glaube, ich kann Sie von den Beschwerden in Ihrem Ellbogen erlösen.“
Jetzt grinste Ed. „Wenn Sie mir eine Operation ersparen, werde ich Ihnen ewig dankbar sein.“
In
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