Lust und Gefahr
gefallen war, herrschte Schweigen. Robins Auto hustete, protestierte, sprang schließlich jedoch an, und sie fuhr davon.
Danny räusperte sich. »Zieh dich an und verpiss dich. Ich will dich nie mehr wiedersehen.«
Ohne ein Wort wandte Jon sich ab und tat, worum er gebeten worden war. Er fühlte sich seltsam betäubt, als er seine Sachen zusammensuchte. Verdammt, eigentlich war er Schlimmeres gewohnt. Immerhin war er inmitten eines weitaus schlimmeren Szenarios aufgewachsen.
Und das machte es nicht leichter zu ertragen.
Julia blickte durch die Infrarotbrille, als sie im Leerlauf langsam den Serpentinenweg hinunterrollte. Hinter der nächsten Kurve könnte sie die Scheinwerfer anschalten.
Robin setzte an einem Mini-Markt den Blinker, und Julias gesamter Körper begann zu prickeln. Vielleicht bekam sie ihre Chance früher, als sie geglaubt hatte. Sie bog auf den Parkplatz neben dem Gebäude und wartete, während Robin ausstieg und tankte.
Schließlich stellte Robin ihren Wagen vor dem Geschäft ab und ging hinein. Ja. Diesmal hatte sie abgeschlossen.
Jetzt musste Julia schnell und entschlossen handeln. Zwar waren Menschen auf dem Parkplatz, aber sie hatte die Erfahrung gemacht, dass eine hübsche Frau, die sich selbstbewusst verhielt, praktisch mit allem durchkam. William hatte diesen Trick häufig benutzt. Julia war der perfekte Köder gewesen. Sehr oft.
Sie ging zur Beifahrertür von Robins Wagen und tat so, als würde sie aufschließen, während sie an der Schnur zog, die das Schloss öffnete. Sie glitt in das Auto und machte die Motorhaube auf. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Robin noch immer auf der Toilette war, öffnete sie die Kühlerhaube, zog eine Schere hervor, griff in den Motorraum und durchtrennte die Kabel zur Batterie. Dann schloss sie die Motorhaube wieder und ging in den Laden, um sich einen Kaffee zu holen. Niemandem war etwas aufgefallen. Julia gab vor, das furchtbare Gebräu zu trinken und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Robin aus dem Waschraum kam. Die junge Frau eilte mit rotgeränderten Augen zu ihrem Wagen. Das Auto sprang nicht an.
Unauffällig sah Julia zu, wie Robin fluchte, schrie, auf das Lenkrad trommelte und in Tränen ausbrach.
Unsicher stieg sie aus dem Wagen, warf einen Blick unter die Kühlerhaube, konnte die durchtrennten Drähte, die Julia versteckt hatte, jedoch nicht entdecken. Schließlich kam sie zurück in den kleinen Laden. »Entschuldigen Sie«, wandte sie sich an die schmallippige Dame hinter der Kasse, die laut Namensschild »Ruby« hieß. »Kennen Sie einen Mechaniker in der Gegend, den ich um diese Zeit noch anrufen kann?«
Skeptisch schaute Ruby auf die Uhr. »Ich weiß nicht. Robbie ist um diese Uhrzeit meistens schon betrunken.«
»Wer ist Robbie? Und wo kann ich ihn finden?«
»Sie könnten Earl fragen. Er ist Wirt in der Bar nebenan. Robbie ist sein Halbbruder. Wenn Robbie da ist, können Sie selbst sehen, ob er noch zu irgendetwas zu gebrauchen ist. Was anderes fällt mir nicht ein, Herzchen.«
»Danke.« Robin ging hinaus und starrte verloren auf ihr Auto.
Julia folgte ihr. »Probleme mit dem Wagen?«, fragte sie freundlich.
Robin lachte bitter auf. »Wohl eher Probleme mit dem Leben an sich.«
»Brauchen Sie ein Handy? Soll ich jemanden für Sie anrufen?«
»Nein danke«, entgegnete Robin. »Ich habe ein Handy. Ich könnte meinen Bruder anrufen, aber im Moment würde ich mir lieber die Hand abhacken, als seine Nummer zu wählen.«
»Autsch. Also, versuchen Sie es in der Bar? Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, doch der Laden sieht nicht sehr vertrauenerweckend aus. Soll ich mitkommen?«
Erst jetzt schien Robin sie wahrzunehmen. »Danke. Das ist nett, aber ich will Ihnen keine Umstände machen. Es geht schon.«
»Oh, das macht keine Umstände. Ich bestehe darauf. Mein Name ist Kelly. Und wie heißen Sie?«
Julia ging neben Robin her und unterhielt sich mit ihr. Als sie die Bar erreicht hatten, war in ihr ein perfekter Plan gereift.
7. KAPITEL
A ls Robins Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, war sie dankbar, dass Kelly darauf bestanden hatte, sie zu begleiten. Es war nett von ihr. Tatsächlich war die junge Frau beinahe ein wenig zu nett. Ihre Nettigkeit wirkte so zielgerichtet. Es war eher ein Verhalten und kein Wesenszug. Es kam Robin so vor, als könnte die Frau einen Schalter umlegen und die Nettigkeit wäre verschwunden – vielleicht interpretierte sie aber auch einfach zu viel Negatives in eine
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