Lustig, lustig, tralalalala
mit brünettem Pagenschnitt gesellte sich nun ebenfalls zu der illustren Runde. Feinste Wildlederpumps zierten ihre Füße. Auch ihr Schmuck schien kostspielig zu sein, wenn auch bei weitem klassischer als der der jungen Blonden. Nur der Siegelring der Älteren hätte besser zur Jüngeren gepasst. Er war aus dickem Gold, und oben prangte ein Rubin, der in der Form eines Apfels geschliffen war. Nach einer kurzen Atempause begann der Wolf jedoch erneut sein Haupt zu schütteln und jaulte verzweifelt auf.
«Nein, nein, das muss ein Traum sein, und zwar ein ganz fürchterlicher. Nachts alleine mit drei Frauen in einem Kaufhaus, so brutal kann mir das Leben nicht mitspielen wollen. Das habe ich nicht verdient. Kann mich nicht irgendjemand aufwecken? Von mir aus auch Rotkäppchen. Ich bin drüber weg, wirklich. Es war doch auch alles nur ein Missverständnis. Der Wein, der Wald, die Boulevardpresse … Die Meldungen werden doch immer kreativer, je länger das Sommerloch andauert … Aber nun will ich endlich aufwachen …»
«Iiiihhhh! Ein Wolf!», kreischte der Paris-Hilton-Verschnitt auf einmal so spitz, dass sich die anderen entsetzt die dröhnenden Ohren rieben. «Er wird uns alle umbringen! So helfe uns doch jemand! Tiere sind Feinde, keine Freunde! Ich weiß, wovon ich rede.» Hektisch deutete sie auf den Frosch auf ihrem Kleid, und dem Wolf fiel erst jetzt auf, dass das arme Tier mit einer goldenen Krone verziert war. Doch schneller, als er «Froschkönig!» ausrufen konnte, schnappte sich die Kleine einen Stofftiger und begann auf den armen Wolf einzuschlagen, bis plötzlich aus dem Nichts ein schriller Piepton das Szenario abrupt unterbrach. Den vieren blieb fast die Luft weg.
«Lieber Wolf, liebe Stiefmutter, Prinzessin und Knusperhexe. Das hier ist kein Traum. Dies ist ein Auftrag!»
«Wer war das? Wer spricht da überhaupt? Hallo?» Der Wolf hatte sich wieder vom Boden aufgerappelt und brachte sich erst einmal in Sicherheit vor der pinkfarbenen Teenager-Furie.
«Hallo, Sie? Wer sind Sie denn, und was für einen Auftrag haben wir?», fragte die Stiefmutter hastig. «Im Übrigen bin ich nicht die liebe Stiefmutter, sondern die böse. Nur so fürs Protokoll! Sonst beschwert sich das doofe Schneewittchen wieder bei ihrem Papi.»
«Und antworten Sie schnell. Denn wir sind zu viert und Sienur alleine. Ha!», beeilte sich die Prinzessin zu ergänzen und ballte so provozierend die Fäuste, dass der Wolf den Schwanz zwischen die Beine kniff.
«Du bist ja bekloppter als Hänsel und Gretel! Was soll das denn heißen?» Die Knusperhexe schüttelte heftig den Kopf, dass ihr Doppelkinn nur so wackelte. «Also mich erinnert das Ganze sehr an Big Brother. Sicher sind irgendwo Kameras versteckt, und wir bekommen gleich unsere Wochenaufgabe zugeteilt.»
«O Gott, ich glaube, du guckst echt zu viel fern. Kein Wunder, dass du so aussiehst, als würdest du kleine Kinder zum Frühstück verspeisen. Ich wollte hier nur von Anfang an für klare Verhältnisse sorgen. Immerhin bin ich eine echte Prinzessin», stotterte die Prinzessin, hielt aber dann doch besser den Mund.
«Ach, das blaue Blut hat den Adel aber in letzter Zeit auch nicht vor diversen Peinlichkeiten bewahrt», giftete die Hexe. «Euer Prinz Fiffi hatte ’ne eigene Dokusoap, und diese eine, die so heißt wie die berühmte Biene, war im Fernsehen auf Partnersuche …»
«Ja, ja, es reicht. Es gibt auch bei uns Ausnahmen. ICH weiß mich zu benehmen. Und ich kenne meine Rechte!», lenkte die Prinzessin ein.
«Und sicher auch die Linke …», brummelte der Wolf in seinen grauen Bart.
«Genau. Am besten rufe ich gleich mal meinen Anwalt an. Das hier ist Freiheitsberaubung! Hören Sie? Mein Anwalt wird Sie auseinandernehmen wie ein Spielzeugauto, Sie … Sie … Stimme …», setzte die Stiefmutter nach und machte ein giftiges Gesicht.
«Du meinst wohl ausnehmen wie eine Weihnachtsgans!»,berichtigte die Knusperhexe vorsichtig, während sie sich langsam über den runden Bauch strich. Eine Weihnachtsgans, die könnte sie jetzt auch vertragen.
«Nein, ich meine Spielzeugauto. Fett und Kohlenhydrate habe ich nicht nur aus meinem Speiseplan verbannt. Selbst Worte und Gedanken können den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen. Da möchte ich kein Risiko eingehen. Schließlich bin ich keine zwanzig mehr.»
«Dreißig aber auch nicht …», brummte die Knusperhexe und zwinkerte dem Wolf verschmitzt zu.
«Und vierzig auch nicht!», rief
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