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Lustig, lustig, tralalalala

Lustig, lustig, tralalalala

Titel: Lustig, lustig, tralalalala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Ihre blonden Haare hat sie zum Pferdeschwanz hochgebunden, trotz Bäuchlein wirkt sie irgendwie zart und zerbrechlich. Und sie lächelt mich an. Ganz offen und freundlich. Mir werden von jetzt auf gleich die Knie weich.
    «Ich   …» Mir versagt die Stimme, ich räuspere mich und umkralle meine Tüte noch ein bisschen fester.
    «Fang schon an, liebe Weihnachtsfrau!», fordert Gunnars Frau mich lachend auf. «Wir warten doch schon alle auf unsere Geschenke!» Gunnar sitzt stocksteif neben ihr und umklammert ihre Hand. So verzweifelt habe ich ihn noch nie gesehen, blanke Angst zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Angst, dass jetzt alles auffliegt. Aber noch etwas sehe ich da, als er seiner Frau einen panischen Blick zuwirft. Ist das – Liebe? Kann es sein, dass Gunnar seine Frau auf eine Art und Weise ansieht, wie er mich noch nie angesehen hat? Ich schlucke schwer, in meinem Kopf dreht sich alles. Was war mit mir in den letzten Jahren? Warum hat er sich auf mich eingelassen? War ich denn so blind? Aber ist es nicht auch meine Pflicht, seiner Frau die Wahrheit zu sagen? Mein Blick fällt wieder auf ihren Bauch, den sie unablässig streichelt. Ich räuspere mich noch einmal.
    «Von drauß vom Walde komme ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr. Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldne Lichtlein blitzen. Und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor.» Im Eiltempo rattere ich das einzige Weihnachtsgedicht herunter, an das ich mich erinnere. Die Runde wirkt etwas verwundert, hört mir aber brav zu. Wenige Sekunden später gelange ich ans Ende des Gedichts. «Nun sprecht, wie ich’s hier innen find, sind’s guteKind, sind’s böse Kind?» Die Gesellschaft klatscht, selbst Gunnar kriegt mit Mühe und Not ein Lächeln zustande.
    «Das war’s», raune ich meinem Kollegen zu, greife ihn bei der Hand und zerre ihn hinter mir her aus dem Saal.
    «Und was ist mit den Geschenken?», will er wissen, als wir wieder draußen stehen.
    «Hab mich vertan, die sind für meine nächste Veranstaltung.»
    «Aha.» Wir schlendern durch die Halle nach unten in die Lobby, Weihnachtsmann nimmt seine Mütze und seinen Bart ab. Zum Vorschein kommen blonde Locken und Sommersprossen, das darf ja wohl nicht wahr sein! Er lächelt mich freundlich an. «Wenn du noch Zeit hast, könnten wir ja etwas zusammen trinken», schlägt er vor und zwinkert mir zu. Mein Blick fällt auf den schmalen Goldring, den er an der rechten Hand trägt.
    «Nein, danke.» Ich schüttele den Kopf. «Ich habe noch eine Verabredung mit dem Nikolaus.»
     
    Von Gunnar habe ich nur noch ein einziges Mal etwas gehört. Fast ein Jahr später rief er mich an und wollte sich mit mir treffen. Er heulte mir vor, seine Frau hätte ihn für einen anderen verlassen, und er wäre so einsam. Sein Pech. Und Glück für Natalie. Sie hat übrigens seinen Laden übernommen, den er ihr aus steuerlichen Gründen überschrieben hatte, der Idiot! Heißt jetzt «Natalies Modelädchen» und hat nur noch Klamotten für Frauen. Das Schaufenster ist so lala, aber als sie mich mal als Dekorateurin buchen wollte, habe ich abgelehnt. Ich mache jetzt was anderes: Ich schreibe Gedichte für Firmenjubiläen und Geburtstage. Herrlich altmodisch und überhaupt nicht mehr meiner Zeit voraus.
     
    Anne Hertz
ist das Pseudonym der Schwestern Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann. Bevor Anne Hertz 2006 in Hamburg zur Welt kam, wurde sie 1969 und 1972 in Düsseldorf geboren. Fünfzig Prozent von ihr studierten Jura, während die andere Hälfte sich der Anglistik widmete. Anschließend arbeiteten 100   Prozent als Journalistin. Anne Hertz hat im Schnitt 2,0   Kinder und mindestens 0,5   Männer. Sie hat bereits fünf Romane geschrieben, zuletzt «Goldstück», im Februar erscheint ihr neuer Roman «Sahnehäubchen». Mehr Infos unter www.anne-hertz.de

Ruth Moschner
Die lange Nacht im Kaufhaus Nirgendwo
    E s war einmal vor nicht allzu langer Zeit ein Wolf. Eines Morgens, der Wolf war mal wieder spät von seiner nächtlichen Jagd zurückgekommen und sofort eingeschlafen wie ein Baby, schreckte er plötzlich hoch. Das Geräusch einer Klospülung hatte ihn wach gemacht. Ziemlich ungewöhnlich, dachte der Wolf, eigentlich erledigt man sein Geschäft hier hinter Büschen und Bäumen. Klospülungen hat im tiefen Wald noch keiner erfunden.
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