Lusttropfen (German Edition)
schwarz lackierten Fingernägeln und einem Ring in der Nase. Spießig – das war das erste Wort, welches Dee an Rose richtete. Während Rose sich für ihr Studium abrackerte, ging Dee lieber auf Partys und ließ sich von allem und jedem ins Bett zerren. Sex zur Stressbewältigung – so lautete ihr Motto. Dee war nicht minder intelligent als Rose und kam aus ebenso gutem Hause. Sie nahm das Leben jedoch um einiges leichter als ihre permanent angespannte Zimmergenossin. Sie brauchten eine halbe Ewigkeit, um sich anzunähern und als sie endlich Freundschaft schlossen, waren sie unzertrennlich. Jetzt arbeiteten sie sogar im selben Verlag und hatten auch außerhalb der Arbeit denselben Freundeskreis.
Als Dee an diesem Morgen in ihrem überladenen und völlig chaotischen Büro saß, bemerkte sie, wie Rose mit hängenden Schultern und großer Sonnenbrille an den Glasscheiben ihres Arbeitszimmers vorbei schlich. Dee hatte endgültig die Nase voll von dieser Selbstmitleidstour und erhob sich, fast schon wütend, von ihrem bequemen Lederstuhl. Noch ehe Rose sich verdrücken konnte, hielt Dee sie am Ärmel ihres rosafarbenen Twinsets zurück.
„Hey“, sagte sie. „Wohl wieder mal eine lange Nacht gehabt, was?“
„Ich hatte viel nachzuarbeiten“, versuchte sich Rose heraus zu reden und schob sich nervös die Brille hoch.
„Ja, aber sicher doch“, meinte Dee ironisch. „Wann wirfst du die alten Fotos endlich in den Müll? So kann das doch nicht weitergehen. Ist er es wert, dass du dich für ihn kaputt machst?“
Rose ließ einen tiefen Seufzer hören. „Wahrscheinlich nicht“, antwortete sie. „Ich kann einfach nichts dagegen tun, verstehst du? Ich meine, ich suche auf den Bildern nach versteckten Hinweisen. Ob er vorher schon unglücklich mit mir war, oder mich vielleicht vorher schon betrogen hat. Aber ich finde nichts, was mir einen Anhaltspunkt geben könnte.“
„Na, er wird kein Schild um den Hals getragen haben, oder? Weißt du was, Rose, du musst einfach mal wieder raus. Unter Leute, die dich mögen. Lass uns doch heute Abend in einen Club gehen und uns den Frust von der Seele tanzen. Was meinst du dazu?“, versuchte Dee ihre Freundin zu überreden, obwohl sie bereits wusste, wie die Antwort ausfiel.
„Ich weiß nicht“, begann Rose zögerlich und nestelte an einer verirrten, blonden Haarsträhne. „Ich überlege es mir, okay? Können wir später darüber sprechen? Ich brauche dringend einen Kaffee.“
Dee ließ Rose seufzend ziehen. Sie brauchte schnellstens einen Plan und sie wusste auch schon, wenn sie dafür einspannen konnte.
In der Mittagspause lief Dee geradewegs zur nächsten Bäckerei und besorgte einen Karton mit Éclairs. So bewaffnet eilte sie zurück zum Verlag und ging auf direktem Wege in die obere Etage ihrer Bosse. Mit einem beschwingtem Klopfen an die Bürotür ihres Verlagsleiters Percival, bat sie um Einlass. Als Percival Dee hereinbat, setzte sie ihr süßestes Lächeln auf und kam ohne Umschweife zur Sache.
„Hi Percy“, sagte sie und öffnete den Karton mit dem Zuckergebäck. „Ich habe eine Bitte an dich und ja, ich will dich bestechen.“ Dee grinste, als sie sah, wie Percival schluckte.
„Du bist ein böses Mädchen, Dee. Meine ganze Diät ist dahin, wenn ich auch nur einen von diesen kleinen Köstlichkeiten probiere“, sagte Percival und leckte sich über die Lippen. „Ach, was soll es. Kommt her ihr verführerischen Dinger.“ Mit einem seligen Gesichtsausdruck, biss Percival in das cremige Gebäckstück und verdrehte glücklich die Augen.
„Was kann ich für dich tun, Dee? Und komme mir jetzt nicht wieder mit einer Gehaltserhöhung, das ist nicht drin“, schmatzte er.
„Keine Sorge, es geht nicht um Geld“, winkte Dee ab. „Ich mache mir ernsthaft Sorgen um Rose. Seit der Trennung von diesem … Mistkerl, ist sie einfach nicht mehr sie selbst.“
„Das ist mir auch schon aufgefallen“, antwortete Percival, während er sich – bereit für eine Plauderei – näher zu Dee beugte und ein zweites Éclair griff. „Dieser, wie hieß er noch gleich, Kerl hat ihr ganz schön zu schaffen gemacht. Ich muss gestehen, ich war letzte Woche in seinem Restaurant und muss sagen, seine Küche ist traumhaft. Ich bekam eine Einladung, sonst wäre ich natürlich nie dorthin gegangen“, fügte er schnell hinzu, als er Dees hochgezogene Augenbraue bemerkte.
„Sie ist unsere Freundin, Percy“, sagte Dee tadelnd. „Aber ich will nicht so hart sein. Wahrscheinlich
Weitere Kostenlose Bücher