Lux Aeterna (German Edition)
Fürsten wie Marcus Carolus dürfte in der Vampirwelt nicht lange unbemerkt bleiben.
Leander Knight reiste nach London.
Während er unbewusst und mehr instinktiv den Weg in Richtung des Britischen Museums einschlug, überlegte er, wo er die erwachten Vampire unterbringen sollte. Bei ihm waren sie auf die Dauer nicht sicher.
Nach Jason Dawns erstem Tod hatte er zwar dessen Landhaus in den Cheviot Hills an der englisch-schottischen Grenze gekauft, doch dieses bedurfte unbedingt einer Renovierung, zumindest das obere Stockwerk, welches durch ein undichtes Dach und das unbeständige, oft regnerische Wetter in dieser Region in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Das nächstgelegene Dorf war ziemlich weit entfernt, und es sah so aus, als ob er und der Fürst selbst Hand anlegen müssten, denn es stand zu erwarten, dass fremde Arbeiter vielleicht doch das eine oder andere mitbekommen und Gerüchte in die Welt setzen würden.
Doch zunächst musste er eine Frage klären: Was war mit Lady Alderley?
Das Britische Museum mit seinen gigantischen Eingangssäulen erinnerte Leander an seine Heimat Atlantis. Dieses Museum war unter anderem für seine ägyptischen Mumien berühmt. Irgendetwas hatte ihn hierher gezogen.
Als normaler Besucher schlenderte er durch die weitläufige Anlage. In seinen Gedanken rief er den Namen der Vampirin, bis er einen sehr schwachen Impuls empfing. Lady Lydia Alderley schlief in aller Öffentlichkeit: in einem ägyptischen Sarkophag. Um sie aufzuwecken, musste der Halbengel bis zur Dunkelheit warten. Er brauchte Gewissheit. Ein weiterer Fürst würde die Position der vertragstreuen Vampire erheblich verbessern können.
Nachdem das Museum längst geschlossen hatte und nur der Nachtwächter seine Runde drehte, kehrte Leander zurück zu dem Sarkophag, aus dem er die Gedankenkraft empfangen hatte. Es kostete selbst ihn Mühe, den schweren, prunkvoll verzierten Deckel anzuheben.
Doch es lohnte sich. Die schlafende Adelige mit den langen, schwarzen Haaren, gekleidet in ein ebenso schwarzes, am Mieder mit Stickereien verziertes Samtkleid, erinnerte den Atlanter an Schneewittchen, so makellos weiß war ihr Teint. Sie erwachte deutlich sanfter als der herrschsüchtige Römer. Sie schlug einfach die Augen auf, als der Halbengel mental ihren Namen rief und sie um ihr Erwachen bat.
Als Leander ihre strahlend blauen Augen sah, war selbst er entzückt von soviel Schönheit. Und noch etwas stellte er in diesen Augen fest, es handelte sich wirklich um eine Fürstin, keine Grenzgängerin, wie er zunächst vermutet hatte.
„Sie haben also doch nicht alle finden können“ , dachte er, als er der Vampirin seine Hand reichte, um ihr aus dem Sarkophag zu helfen. Dieses Mal hatte er vorgesorgt und einer Blutspendeaktion im Krankenhaus vorab einen kleinen Besuch abgestattet. Jetzt hatte er eine Feldflasche mit frischem Blut dabei, die er der Lady als erste Stärkung reichte.
„Es ist kalt“, bemerkte diese nach einem gierigen Schluck enttäuscht. Leander verneigte sich. „Verzeiht, Mylady, doch einige Dinge bedürfen der Erklärung. Bitte kommt mit mir. Ich werde Euch in den nächsten Tagen über alles informieren.“
„Seid Ihr nicht der Wächter des Schwarzen Kaders?“, fragte die Vampirfürstin erstaunt.
„Den Cadre Noir gibt es nicht mehr, Mylady, wie so viele andere Dinge auch. Bitte, folgt mir nun“, war Leanders ungeduldige Antwort.
So traf auch Lady Alderley kurz darauf auf dem Weingut ein, und Leander konnte beiden Vampirfürsten seinen weiteren Plan nahe legen. Die Verantwortung der Fürsten siegte über die anfängliche Neugier auf ein unabhängiges Leben. Zugleich lockte der Machtanspruch auf dieses neue Volk von Vampiren, dass ihnen von dem Halbengel anvertraut werden sollte. Dafür verziehen sie ihm sogar die Unterbrechung ihrer Schlafphasen.
Obwohl sie aus unterschiedlichen Zeitaltern stammten, fanden die beiden scheinbar auf Anhieb Gefallen aneinander, was diesem Vorhaben nur entgegen kam.
* * *
Leander betrachtete das verlassene Anwesen, das einmal dem Neuzeitfürsten Jason Dawn gehört hatte. Die Fensterläden waren geschlossen. Der Efeu hatte bereits von der Hälfte des Mauerwerkes Besitz ergriffen. Eine unbefestigte Straße führte einige Meter entfernt am Anwesen vorbei, die im aufgeweichten Zustand nur mit einem Geländewagen befahrbar war.
Hier kam höchstens mal der Landtierarzt vorbei oder ein LKW mit Lebensmittellieferungen für die
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