Luzifer
zeigen.
Ich hatte von Menschen gehört, die wahnsinnig geworden waren, als sie dieses Gesicht sahen. Der Anblick und die darin einzementierte Verachtung und Kälte hatten ihnen den Verstand geraubt. Mir erging es nicht so, da ich auf diesen Anblick vorbereitet gewesen war. Doch spurlos ging er nicht an mir vorüber. Auch ich spürte, daß sich die Haut auf meinem Rücken zusammenzog.
Das war eine Warnung, die mich mehr als nachdenklich werden ließ. Am liebsten hätte ich das Kreuz aus der Tasche genommen und weggeworfen. Aber ich stand da und rührte mich nicht. Ebenfalls wie zu Stein erstarrt.
Mir kam das Gesicht vor, als wäre es zweidimensional. In dieser Welt jedoch spielten Maße und Dimensionen keine Rolle. Da verschoben sich die Begriffe wie Breite, Höhe und Länge. So mußte meiner Ansicht nach Luzifers Kopf alles beherrschen, die Seite, den Hintergrund, den Vordergrund…
Ich drehte mich um.
Ja, ich hatte mich nicht geirrt. Luzifers Gesicht war überall. Rechts, links, vorn und hinten. Eine Mauer des Schreckens, die mich, den Menschen, noch kleiner machte und mir die Ausweglosigkeit direkt vor Augen hielt. Wieviel Zeit und ob überhaupt Zeit vergangen war, das konnte ich nicht einmal sagen, dafür hörte ich Luzifer sprechen, ohne daß sich die Lippen dabei bewegten.
»Du bist gekommen, Geisterjäger, weil du keine andere Wahl hattest. Du hast dich der Hölle gestellt. Unsere Geduld ist am linde. Das Böse, das sich in meiner Person manifestiert, hatte beschlossen, dich endgültig zu vernichten. Ich und Lilith, die schon vor langer Zeit dein Kreuz beeinflußten, haben beschlossen, dich hinzurichten. Es hätte dir schon längst klar sein müssen, zu deutlich sind die Hinweise auf deinen Tod gewesen. Erinnere dich an gewisse Dinge, die geschehen sind. Erinnere dich genau daran, John Sinclair.«
»Was willst du?«
»Daß du dich an das Rad der Zeit erinnern sollst. Es gehört mir, ich habe es aus dem Lande Aibon, das von euch Menschen als Fegefeuer bezeichnet wird, geholt, um dich daran festzubinden. Du bist Satans Knochenuhr entkommen, dem Rad der Zeit nicht. Ein Freund von dir hat es erleben können, doch er hat vergessen, was ersah. Vielleicht wollteer es dir auch nicht sagen.«
»Wo steht es?« rief ich.
»Nicht so voreilig, Sinclair. Auch wir halten uns an die Gesetze, die ich aufgestellt habe. Deiner Freundin schickte ich die Träume, sie weiß, was dir bevorsteht, sie, die ehemalige Hexe. Wäre sie nur dem Satan hörig geblieben, so hätte sie vieles nicht zu erleben brauchen. Es hätte ihr nichts ausgemacht, dich zu vernichten, so aber wird sie dich als normaler Mensch töten, bevor diejenigen das Urteil gesprochen haben, die über dich zu Gericht sitzen werden.«
»Du willst gegen mich verhandeln?«
»Nicht ich, ich befehle. Es sind andere, die es sich nicht nehmen lassen wollen.«
»Wo sind sie denn?«
»Sic werden begleitet vom Totenchor der Seelen, den du gehört hast. In dieser meiner Welt haben sie auf dich gewartet. Ich bin sie, und sie sind ich.«
»Asmodis…«
»Beelzebub und Baphometh!« Er donnerte mir die drei Namen entgegen und hatte sie kaum ausgesprochen, als innerhalb dieses weiten und dennoch eingeengten Saals etwas geschah.
Licht erschien…
Es war kein Licht, wie ich es kannte, nein, mehr eine helle Dunkelheit, ein graues Licht mit wenig Kraft, dafür jedoch mit Schatten angereichert. Es drang von überall her und hoch, um ein Ziel zu treffen, das ich genau vor mir sah.
Es sah so aus, als würden sie auf einer langen Bank nebeneinander hocken, doch sie saßen in der Leere dieser Schreckensdimension, wobei sie mich angrinsten.
Drei mächtige Dämone, die Reinkarnation des Bösen. Ich sah Baphometh, den Dämon mit den Hörnern und dem Ziegenbart, der rot schimmerte, als würde er innerlich brennen. Neben ihm hockte Asmodis. Böse, verschlagen, mit seinem dreieckigen Gesicht, der breiten Stirn und dem ebenfalls breiten Maul mit den eisenartigen Stiftzähnen.
Auch Beelzebub sah ich. Ein haariges, geduckt wirkendes Monstrum mit glühenden Augen und einem Gesicht, das Ähnlichkeit mit dem eines Gorillas aufwies.
Das Licht hielt sie erfaßt und ließ sie aussehen wie Gestalten auf einer Filmleinwand. Leider jedoch existierten sie, auch wenn sie sich nicht rührten und mich nur anstarrten. Sie also wollten über mich Gericht sitzen. Es fiel mir schwer, zu glauben, daß diese drei Teufel zusammen Luzifer bildeten, wo er sich gleichzeitig auch noch zeigte und
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