Luzifers Festung
die letzten Stufen und stand in der vierten Etage der Festung.
Da noch keine Abdeckung vorhanden war, konnte ich von dieser Stelle aus durch die Schlucht schauen. Und nicht nur das. Mein Blick glitt auch durch die Scheibe in das Haus hinein, das dem Japaner gehörte.
Zum erstenmal bekam ich Naga zu Gesicht.
Genau konnte ich ihn nicht erkennen, ich sah wohl die kleine, dunkel gekleidete Gestalt, die sich vor dem helleren Fackellicht im Inneren des Hauses abhob. Er stand auf einer großen Fläche, die mit Quadraten überdeckt war.
Die magischen Zahlen! Dort also fand ich sie.
Naga war nicht allein. Im Hintergrund des Raumes entstand Bewegung.
Da kam jemand. Es waren mehrere Gestalten, die das Haus von der Vorderseite betraten. Auf ihren Schultern lagen lange Stangen, die sie mit den Händen umklammert hielten. Und an den Stangen hing ein Netz.
Mit Inhalt.
Mir stockte der Atem, als ich sah, wer dort in dem Netz gefangen war.
Bill Conolly und Suko! Die Kerle hatten sie also doch erwischt.
Als die Männer ihren Boss erreichten, ließen sie die Stangen von den Schultern rutschen und das Netz mit den beiden Männern zu Boden gleiten. Dann traten sie zur Seite.
Ich zählte über zehn Leute, die sich um den Japaner versammelt hatten und in seinen Händen nicht mehr als Marionetten waren.
Willenlose Geschöpfe, die auf gedankliche Befehle des Meisters reagierten. Und auch töteten! Denn daran, dass sie Suko und Bill am Leben lassen würden, glaubte ich nicht. Doch ich war noch da. Und ich würde ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Gesehen hatte ich genug. Für mich ging es an den Abstieg. Ich wollte die Festung so schnell wie möglich verlassen.
Eine halbe Treppenlänge kam ich weit, als ich, wie vor eine Wand gelaufen, stehenblieb. Die Festung war nicht mehr leer. Zwei Monster erwarteten mich!
***
Ihr Leben hing wirklich nur an einem hauchdünnen Faden, denn die Männer kannten kein Pardon. Sie schleuderten das Netz mit ihren beiden Gefangenen ins Meer, sprangen selbst vom Schiff, enterten ihre kleinen, aber stabilen Boote und ruderte los, während sich das Netz mit der menschlichen Beute im Schlepptau befand.
Bill und Suko hatte zum Glück mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet und tief eingeatmet, bevor ihr eigenes Körpergewicht sie unter Wasser drückte.
Die Kerle ruderten los. Das Netz hatten sie an zwei Booten festgehakt, während es schwer im Wasser hing und durch das starke Gewicht nur träge vorangezogen wurde.
Die beiden Gefangenen erlitten Höllenqualen. Um sie herum war eine dunkle Wand, die irgendwie grünlich schimmerte. Das Wasser umspielte sie, die Dünung trieb sie mal hoch, aber nie über die Wasseroberfläche, so dass es ihnen nicht möglich war, nach Luft zu schnappen. Sie mussten in dieser engen Wasserhölle ausharren.
Verzweifelt versuchten sich Bill und Suko zu befreien. Der Chinese hatte sich aufgerichtet. Er kniete mehr im Netz und wollte die Maschen zerreißen. Mit den bloßen Händen schaffte er es nicht, das musste er schon sehr bald einsehen. Sie blieben Gefangene.
Auch Bills Versuch scheiterte.
Dann begann der Luftmangel. Urplötzlich machte er sich bemerkbar.
Zuerst bei Bill, dessen Lungen nicht das Volumen hatten wie die des Chinesen.
Bis jetzt hatte Bill Conolly es geschafft, die Augen offen zu halten.
Irgendeine Kraft zwang ihn, sie zu schließen. Und trotzdem sah er Bilder.
Keine realen, sondern Visionen, von einem wirbelnden Rot überdeckt.
Instinktiv presste er noch die Lippen zusammen, obwohl jede Faser seines Körpers nach Luft schrie.
Er wollte atmen, er musste atmen.
Es ging nicht mehr. Doch ein winziger Rest seines Verstandes sagte ihm, dass es dann aus war, wenn er jetzt die Lippen öffnete.
Wasser, nur Wasser - und…
Da hielt es Bill nicht länger aus. Er öffnete den Mund, wollte Luft schnappen, doch nur Wasser drang in seinen Rachen.
Es war ein gewaltiger Schwall, eine Mauer - und Luft!
Ihre Bewacher schienen bemerkt zu haben, dass die Männer sterben würden, wenn sie weiterhin unter Wasser blieben. Sie hatten das Netz mit den Gefangenen hoch gehievt. Endlich.
Zuerst brach, hustete und spuckte Bill. Seine Brust schmerzte, die Lungen brannten, er konnte es nicht glauben, dass er wieder frei atmete.
Auf einmal war alles anders, kein Wasser mehr um ihn herum, einfach nichts.
Nur der Himmel über ihm und Wellen, die zum Glück nur unten gegen das Netz schwappten. Er war gerettet.
Und Suko?
Der Chinese hockte rechts neben ihm.
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