Luzifers Heiliger (Die Londoner Drakulia Vampire #2) (German Edition)
humoristische Seite der Angelegenheit. Erstaunlich. Zweimal an einem Abend; sogar innerhalb einer Stunde?
„Wer von uns beiden klingt denn nun melodramatisch? Wie einer von Mrs. Radcliffes Romanen, Miss Woodmore?“, fragte er, beinahe spöttisch.
In ihr flatterte etwas, denn seine Stimme war jetzt viel tiefer. Sie konnte sie kaum hören unter all den Geräuschen der fahrenden Kutsche und den Rädern. Draußen war sonst nichts zu hören, und sie stellte erschrocken fest, wie spät es schon war. Fast Morgen.
„Nun?“, hakte sie kurz angebunden nach. Wobei ihr gleich einfiel, trotz all ihrer Wut über die Lage: er war immerhin ein Earl des Königreichs. Und obendrein ein vampirischer – gab es das Wort überhaupt? Sie traute sich nicht, ihn zu fragen, obschon er sicherlich eine Meinung dazu hatte, ganz bestimmt. Und ihre Art und Weise kannte er ja nun auch schon zur Genüge.
Er setzte sich wieder zurecht, strich über seine Mantelumschläge und fuhr sich kurz durchs Haar, was eine überraschend liebenswerte Geste war. „Ich werde einen recht komplizierten Sachverhalt so einfach erklären, wie ich nur kann, Miss Woodmore“, sagte er.
„Zerbrechen Sie sich bitte nicht den Kopf, ob mein Verstand hier ausreicht.“ Das Kätzchen hatte wieder die kleinen Krallen ausgefahren. „Ich bin durchaus in der Lage, jeden Sachverhalt, den Sie mir zu beschreiben belieben, zu verstehen. Ich war es, die Chas die Geometrie und das Griechisch beigebracht hat.“ Und leicht war die Aufgabe nicht gewesen, da Griechisch für sie genauso schwer gewesen war. Aber vor Chas hätte sie das nie zugegeben.
„Ist dem so? Nun gut, also dann“, setzte er an. Und das verräterische Kräuseln in seinen Augenwinkeln war wieder da, sogar seine Mundwinkel schienen nach oben zu wandern. „Ich habe einige geschäftliche Interessen auf dem Festland und im Fernen Osten, und einige wenige auch in der Neuen Welt. Und wie es so ist mit den Reichen und Mächtigen, habe auch ich reichlich Feinde–“
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, murmelte Maia
„–die jede Gelegenheit ergreifen würden, um meinen Geschäften zu schaden, oder sie ganz zu vernichten, oder sonst was“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. Aber sein Blick war etwas schärfer geworden, und sie wusste: er hatte sie gehört. „Viele von diesen Feinden sind Mitglieder der Drakulia, und dann sind es auch noch einige Sterbliche. Ihr Bruder fungiert als mein Agent oder Strohmann und, falls erforderlich, wird er – ehem – unerwünschte Individuen davon – ehem – abhalten, weiteren Schaden anzurichten. Er hilft mir auch bei der Zusammenarbeit mit einigen meiner anderen Geschäftspartner, die ebenfalls Drakule sind.“
„Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass mein Bruder ein von Ihnen gedungener Mörder ist?“, warf Maia mit großen Augen ein. „Er tötet Leute?“ Sie glaubte, gleich in Ohnmacht zu fallen. Das Herz hämmerte ihr in der Brust, ein ganz und gar hässliches Klopfen, das sie bis in den Magen spüren konnte, der gerade auch zu rebellieren drohte.
Mama und Papa ... was würdet ihr nur denken, wenn ihr hiervon wüsstet? Oh, Chas, in was bist du da hineingeraten?
„Nicht Leute, Miss Woodmore. Soweit mir bekannt ist, hat Ihr Bruder niemals das Leben einer sterblichen Person zu verantworten gehabt. Aber er hat für das Verschwinden einer nicht geringen Anzahl von Vampiren gesorgt, oder hat sie überredet, sich anderswo auszutoben. Und all das tat er schon lange, bevor ich ihn kennenlernte. Was übrigens dadurch zustande kam, dass er mir das Gleiche antun wollte.“ Corvindale taxierte sie jetzt mit den Augen, und Maia spürte ein keines Ziehen irgendwo tief in ihr. „Sehen Sie, Miss Woodmore, die einfachste Weise, die Sache zu betrachten ist: es gibt gute und es gibt böse Vampire. Ihr Bruder tötet die bösen Vampire.“
„Ich nehme an, Sie zählen sich dann nicht zu den ‚bösen‘ Vampiren?“
Maia wusste nicht, wie und woher sie den Mut nahm, derlei zu sagen – denn es wurde ihr da noch einmal bewusst, dass sie sich nicht nur in einer Kutsche mit einem Earl befand und einem der mächtigsten Männer der Londoner Gesellschaft und in ganz England, sondern dass er obendrein noch ein Vampir war. Ein blutrünstiger Vampir.
Und, Mündel oder nicht, sie war mit ihm allein.
Er gab einen tiefen Laut von sich, den sie zuerst gar nicht als Lachen erkannte, aber als das Licht auf sein Gesicht fiel und die kantigen Wangenknochen sowie die gerade
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