Luzifers Heiliger (Die Londoner Drakulia Vampire #2) (German Edition)
diese erste Reaktion währte nicht lange und wurde durch ein ganz anderes Gefühl verdrängt.
Sie lauschte angespannt, die Haare in ihrem Nacken schienen sich aufzurichten. Es war wahrscheinlich nichts als eine Maus oder ein Eichhörnchen gewesen, die ein kleines Steinchen über den Boden rollen ließen. Oder vielleicht war es der Wächter, für den Chas gesorgt hatte, oder sogar Dimitri, der ihr–
Das leicht scharrende Geräusch eines Fußes – kaum hörbar, sicherlich nicht für einen Sterblichen – machte, dass Narcise vom Bett herunterglitt und nach ihrem Säbel griff. Das war die eine gute Sache, die Moldavi getan hatte: Er hatte ihr beigebracht, mit einem Schwert zu kämpfen. Er hatte ihr gestattet, das zu lernen. Sicherlich hatte er dabei ebenso sehr sein eigenes Vergnügen im Sinn – zu sehen, wie sie die Klinge mit Männern kreuzte, die sie allesamt nur bespringen wollten – als auch im Sinn gehabt, ihr ein falsches Gefühl von Sicherheit zu geben – dass diese Fähigkeit ihr nützlich sein könnte, wenn sie eines Tages die Freiheit wiedererlangte.
Letztendlich hatte es ihr nichts genutzt. Es war Chas gewesen, der sie befreit hatte, nicht ihre eigenen Fähigkeiten – eine Tatsache, die sie gleichermaßen wütend und dankbar machte.
Sie zog das Schwert aus seiner Lederscheide, drehte sich leichtfüßig um und glitt tief in die Schatten hinein.
Die schmale, aber tödliche Klinge in ihrer Hand beruhigte sie, und Narcise stand in einer Ecke hinter dem Türeingang und fragte sich, ob es für sie besser wäre, hier zu warten, bis wer auch immer das nun war hereinkam, oder ob sie durch die Tür hinausstürmen und ihrem Gegner dort zu ihren Bedingungen entgegentreten sollte. Aber die Chance dazu bekam sie nie.
Genau in dem Moment, als sich die Tür öffnete, roch sie ihn und sprang aus ihrem Versteck hinter der Tür hervor.
„Was tust du hier?“, fragte sie fordernd und stieß mit der Spitze ihrer Klinge in Giordans Brust. Genau unter seiner Halsgrube.
„Wenn ich das verflucht noch mal wüsste“, erwiderte er und griff mit seiner bloßen Hand nach der Klinge und stieß sie weg von seiner Haut. Die Klinge zerschnitt ihm Handfläche und Finger, und augenblicklich füllte sich die Luft mit seinem Blutgeruch.
Narcise machte eine Schritt rückwärts, wobei sie das Schwert sinken ließ. Ihr Herz hämmerte wild. Satt und warm und vertraut stieg ihr seine Essenz in die Nase. Trotz der Abscheu, die ihr wie eine Bleikugel in den Magen sank, konnte sie die instinktiven Reaktionen ihres Körpers nicht unterdrücken: Das Blut rauschte jetzt in ihren Adern, ihr Gaumen schwoll an, drohte ihre langen Zähne freizugeben, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. All ihre Sinne waren geschärft und angespannt. Sie schluckte, mehrmals.
„Das hast du mit voller Absicht gemacht“, fuhr sie ihn an und trat noch weiter zurück.
Giordans Gesichtsausdruck war nicht weniger feindselig. „Genau wie du, meine Liebe.“
Sie nahm ein Tuch zu Hilfe, um sein Blut von ihrer Klinge zu wischen, und schob den Säbel wieder in seine Scheide. „Ich frage dich abermals: Was tust du hier?“ Dann schüttelte sie den Kopf. „Vergiss die Frage. Geh einfach.“
„Nichts täte ich lieber“, erwiderte er. Seine blauen Augen glitten an ihr entlang und gaben Narcise zum ersten Mal nach langer Zeit das Gefühl, wieder schmutzig und verbraucht zu sein. „Aber Woodmore schickt mich. Er deutete an, hier sei etwas, was ich mir wieder holen solle. Wenn ich mich hier jetzt so umschaue, kann ich nur vermuten, er hat dich gemeint.“
„Ganz sicher nicht“, entgegnete sie. „Ich soll hier – in einem absolut sichern Versteck – bleiben, bis zu seiner Rückkehr mit Angelica.“
„Und falls er nicht zurückkommt?“, fragte Giordan sanft. Er war zum Bett gegangen und nahm eines der Laken, um den Schnitt an seiner Hand zu säubern.
„Dann werde ich zu Dimitri gehen. Er wird mich beschützen.“
„Ich habe dich nie als eine Frau betrachtet, die beschützt werden muss, Narcise. Du kannst dich sehr gut um dich selbst kümmern.“
„Außer, wenn mein Bruder mich weggesperrt hat.“
Giordan schaute sie an. „Selbst da warst du beeindruckend. Auf deine besondere Art.“
Sie drehte sich weg und verlegte sich darauf, daran zu denken, wie sie ihn hasste, und nicht an die Erinnerungen, die gleich einer Flut über sie schwappten, Vertrautheit und Empfindungen, die sie nur schwach machten. „Ich weiß nicht, warum Chas
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