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Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Lydia sah ihm direkt in die Augen. Sie konnte seinen sauren Atem riechen. Das Skalpell blitzte, und Lydia dachte an ihre Glock, die sie leichtsinnigerweise fallen gelassen hatte.
    »Auf dich habe ich gewartet, Schlampe«, zischte er.
    »Und ich auf dich«, gab Lydia zurück, ließ Juno los und stieß Hugo mit aller Kraft ihren Ellenbogen in den Unterleib. Er krümmte sich zusammen und rammte ihr das Skalpell in den Oberschenkel. Sie spürte den brennenden Schmerz und fing zu schreien an. Ohne nachzudenken zog sie sich das Instrument aus dem Bein. Obwohl er die Arterie verfehlt hatte, ergoss sich ein Blutschwall aus der Wunde. Lydia rappelte sich auf und schwenkte das Skalpell.
    »Komm her, du Schwein, ich schicke dich zu deinem Robbie«, sagte sie, als Hugo näher kam. Blitzschnell sprang er vor, packte ihr Handgelenk und verdrehte es, bis das Skalpell zu Boden fiel. Lydia ergriff mit der freien Hand sein T-Shirt, zog ihn an sich und ließ ihre Stirn auf sein Nasenbein krachen. Er taumelte rückwärts und stierte sie verblüfft an, während das Blut aus seiner Nase schoss. Lydia tastete nach dem Skalpell und fand es, als er sich gerade wieder auf sie stürzte. Sie nahm seine Drosselvene ins Visier, verfehlte sie und rammte Hugo die Klinge ins Auge. Er brüllte vor Schmerzen und fiel zuckend zu Boden. Sicher hatte sie nicht fest genug zugestoßen, um sein Hirn zu verletzen. Hoffentlich machte der Schmerz ihn bewusstlos. Lydia schleppte sich zum Altar und hob die Glock auf. Er regte sich nicht. Die Flammen schlugen mittlerweile bis an die Decke.
    Lydia steckte die Glock in ihren Hosenbund und eilte zurück zu Juno. Ihr Bein pochte, und auf einmal wurde ihr schwindlig. Mehr noch als Bernard Hugos Tod wünschte sie sich, dass Juno überlebte. Während sie gegen den Schwindel und den Wunsch ankämpfte, Hugo eine Kugel in den Kopf zu jagen, schleifte sie Juno zur Tür.
    Sie drehte sich um, um zu sehen, ob der Ausgang von den Flammen blockiert wurde. Als sie sich wieder umwandte, war Hugo verschwunden.
    »Verdammte Scheiße!«, rief sie, und ihre Todesangst rang mit ihrer Wut.
    Sie versuchte, sich zu beeilen. Juno wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Die Tür war noch drei Meter entfernt.
    Da tauchte er wie ein Ungetüm aus dem Qualm auf und griff sie an. Das Skalpell ragte aus seiner Augenhöhle, und er brüllte vor Hass und vor Schmerzen. Lydia wich ihm geschickt aus, und er taumelte an ihr vorbei, stolperte über den am Boden liegenden Juno und stürzte, wobei sich das Skalpell noch tiefer in seinen Kopf bohrte.
    Mit gezückter Waffe war Lydia über ihm. Sie rollte ihn auf den Rücken, kniete sich auf ihn und rammte ihm die Pistolenmündung in den Mund. Er lebte noch, bekam jedoch kaum noch Luft, weil seine Nase gebrochen war und eine Waffe in seinem Mund steckte. Lydia unterdrückte ein Lächeln.
    »Du mieser, psychopathischer Schwanzlutscher«, sagte sie.
    Das Feuer und die einstürzenden Gebäudeteile nahm sie nicht mehr wahr. Den bewusstlosen Juno hatte sie vergessen. Jetzt gab es nur noch sie und ihn. Ein Heulen und Tosen und gleißend helles Licht erfüllten das Kircheninnere. Auf einmal schien sich alles zu verlangsamen. Ein unbeschreiblicher Zorn überwältigte Lydia. Dieses bohrende Gefühl schlummerte seit dem Todestag ihrer Mutter in ihrem Herzen, wo es jahrelang gewachsen war wie ein Parasit. Auf einmal fiel ihr ein, dass sich der Tod ihrer Mutter heute zum fünfzehnten Mal jährte. Das schwarze Loch in ihrer Seele hatte alles verschlungen, was sie glücklich hätte machen können, hatte jede Aussicht auf Liebe und Freude aus ihrem Herzen herausgesogen. Es hatte sie zu dem gemacht, was sie jetzt war – eine Besessene mit einer Waffe in der Hand, die in einer brennenden Kirche auf einem Monster kniete. Sie könnte den Abzug betätigen, seinem Leben und den Qualen, die er ihr bereitet hatte, ein Ende machen und seine Opfer rächen. Und dann? Würde sie in der Lage sein, diesen Wurm, der sie von innen auffraß, zu besiegen, oder würde sie sich in eine verabscheuungswürdige Kreatur verwandeln?
    »Lydia, es reicht.«
    Sie hob den Kopf und sah ihre Mutter vor sich stehen. Sie drehte sich zu Juno um; er war verschwunden.
    »Du bist früher nach Hause gekommen, weil ich in der Schule beim Rauchen erwischt wurde«, schluchzte Lydia und rammte die Pistole noch tiefer in Hugos Mund. »Er hat dich ermordet, weil ich einen Fehler gemacht habe.«
    »Er hat sie beobachtet, Lydia. Wäre es nicht an jenem Tag passiert,

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