Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
Limousine.
„Ich rieche und sehe gar keinen Rauch“, sagte Joli. Im nächsten Moment spürte sie einen Schlag auf ihrem Hinterkopf.
„Wo bin ... ich ... wer ... sind Sie?“, stotterte Joli, als sie wieder zu sich kam.
Sie befand sich auf der Rückbank eines Wagens, der mitten im Wald parkte. Neben ihr saß eine Frau, die ihr auf merkwürdige Weise vertraut war. Sie war sich sicher, sie schon einmal gesehen zu haben. Schwarze Haare, strenger Blick, dämonische Züge und eisblaue Augen, die gefährlich glitzerten. Diese Dame war gewiss keine angenehme Person.
„Was wollen Sie von mir?“
Die Fremde antwortete nicht. Sie starrte Joli nur auf unheimliche Weise an. Jolis Hand wanderte zum Türgriff, doch der Wagen ließ sich nicht öffnen.
„Lassen Sie mich gehen.“
„Nicht so schnell, Liebes. Zuvor solltest du erfahren, wem du dienst.“ Ihr Lächeln nahm teuflische Züge an.
„Wem ich diene? Was soll das heißen? Ich diene niemandem.“
„Remierre de Sagrais.“
„Ich diene niemandem“, wiederholte Joli. Nur weil sie ein Arbeitsverhältnis mit einem Adligen eingegangen war, war sie noch lange nicht seine Dienerin. „Heutzutage nennt man das Angestellte.“
„Oh, bitte, bist du etwa eine Erbsenzählerin? Du arbeitest für ihn, du vertraust ihm. Darum geht es. Ich kann nur hoffen, dass er dieses Vertrauen nicht enttäuscht. Er ist so unstet.“
„Wer sind Sie?“, wiederholte Joli ihre Frage. „Woher kennen Sie Remierre?“
„Mein Name ist bedeutungslos.“
„Dann können Sie ihn mir auch sagen, oder?“
Das teuflische Lächeln verwandelte sich in ein amüsiertes Grinsen. „Du gefällst mir, Joli. Ich habe dich beobachtet. Du hast Biss.“
Biss? Das brachte sie auf einen erschreckenden Gedanken. Hoffentlich bekam Joli nicht ihren Biss zu spüren. Diese Dame sah nicht nur untot aus, sondern tot, eben so, wie man sich einen klassischen Blutsauger vorstellte.
„Jade“, sagte die Fremde knapp.
„Jade, erklären Sie mir, wie ich hierher gekommen bin. Was ist mit der Wirtin geschehen? Und den anderen Gästen? Was ist mit dem Feuer?“
„Das alles spielt keine Rolle mehr. Wichtig ist, dass du jetzt hier bist. Ich habe Großes mit dir vor.“
„Und dafür ist es notwendig, dass Sie mich entführen?“
Jade nickte gelassen. „Ich möchte, dass wir zusammenarbeiten.“
„Hah! Das können Sie knicken. Ich werde niemals mit Vampiren zusammenarbeiten.“ Joli hoffte, sich nicht um Kopf und Kragen zu reden. Sie hatte keine große Lust auf eine unschöne Narbe am Hals.
„Du glaubst, du wüsstest alles über Pyrs Kinder, dabei weißt du noch nicht einmal, wer Remierre de Sagrais wirklich ist.“
„Sie kennen ihn anscheinend näher?“, spöttelte Joli.
„Das ließ sich nicht vermeiden, ich war seine Geliebte.“ Ihr triumphales Grinsen nahm surreale Züge an.
„Seine Geliebte?“
Joli verspürte einen Stich in der Herzgegend. Tausend heiße Nadeln piekste die Vorstellung von Rem und Jade in ihre Brust. Natürlich war Remierre kein Waisenknabe. In den letzten 200 Jahren hatte er gewiss mehr als eine Frau beglückt. Joli hatte bloß nicht erwartet, einer von ihnen eines Tages zu begegnen. Sie besah sich ihr Gegenüber noch ein wenig genauer. Dass ein Mensch – Korrektur – ein Vampir, einen solch großen Mund besaß, war erstaunlich. Dass diese Frau trotz ihres überdimensionalen Grinsens attraktiv aussah, war um ein Vielfaches erstaunlicher. Joli versuchte einen Blick auf ihre Zähne zu erhaschen, stellte dann aber fest, dass sie keine spitzen Eckzähne besaß. Vielleicht war sie doch kein Blutsauger. Oder sie besaß die Fähigkeit, ihre Fangzähne aus- und einzufahren. Trotz ihrer Bleiche passte Jade perfekt zu Rem, sie war sein weibliches Pendant. Attraktiv, vereinnahmend. Keine ausstrahlungsarme Brillenträgerin mit Minderwertigkeitskomplexen.
Joli fragte sich, warum Remierre sich ausgerechnet eine Vampirin ausgesucht und warum sich ihre Wege getrennt hatten. Vielleicht stimmte diese Geschichte auch überhaupt nicht und Jade versuchte sie zu täuschen.
„Er ist so ein leidenschaftlicher Mann“, schwärmte Jade. „Du weißt, wovon ich spreche, oder?“, fuhr sie fort, ohne Joli aus den Augen zu lassen.
„Wenn Sie wissen möchten, ob ich Sex mit ihm hatte ...“
„Warum so erregt?“
„Ich bin nicht erregt, ich ärgere mich lediglich über meine Freiheitsberaubung und Ihre unverschämten Fragen.“
„Ich sprach nicht von Sex, das warst du.“
Sie verstummte für
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