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Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Titel: Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Im ersten Moment hielt sie nicht viel von dieser Idee. Auch im Sommer konnte es nachts hin und wieder recht kühl werden. Außerdem war der Wagen für einen Mann seiner Größe schlichtweg zu klein, um sich hinzulegen, er würde also im Sitzen schlafen müssen.
    Sie überlegte, ihm die Schnapsidee auszureden. Aber dann besann sie sich. Eigentlich war es doch recht nett von ihm, dass er ihr zuliebe diese ungemütliche Alternative vorschlug. Und wenn er schon solch ein Angebot machte, sollte sie es annehmen. Mit schwingenden Hüften lief sie zu der kleinen Kommode, die sich unter den Garderobenhaken befand, und zog den Autoschlüssel aus einer Glasschale. „Voilà.“
    Er rieb sich mit beiden Händen über das kantige Gesicht, wischte sich den Schlaf aus den Augen und gähnte ausgiebig. Der Laut, den er dabei ausstieß, erinnerte sie an das Heulen eines Wolfes. Zum ersten Mal fiel ihr auf, was für einen großen Mund Rem besaß. Beängstigend, wie ein Raubtiergebiss. Rem steckte seinen traumhaften Körper in Hose, Hemd und Schuhe und nahm ihr die Schlüssel aus der Hand. „Merci beaucoup.“
    Mit diesen Worten verließ er sie. Joli starrte auf die Tür, durch die er eben gegangen war und vermisste ihn. Wütend gab sie sich selbst eine imaginäre Backpfeife. Du vermisst einen Kerl, der dich ausgenutzt hat, sagte sie sich. Aber Gefühle waren nicht immer logisch. Leider.
    Müde schleppte sie ihr Kopfkissen und ihre Decke von der Couch zum Bett zurück, um es sich dort gemütlich zu machen, als plötzlich etwas gegen die Fensterscheibe schlug. Erschrocken drehte sie sich um. WarfRem etwa mit Kieselsteinen gegen die Fensterscheibe? Oder stand er dort unten mit einer Leiter, um mit ihr zu fensterin? Vielleicht war ihm der bayerische Braten zu Kopf gestiegen. Der Gedanke war noch absurder als die Vorstellung, dass ein französischer Adliger ein gemütliches Gasthausbett gegen ein Nachtlager in einem viel zu engen Wagen tauschte.
    Auf dem Fensterbrett entdeckte Joli eine Krähe, die durch das halbseitig geöffnete Fenster in ihr Zimmer blickte. Kein Rem. Dennoch etwas völlig Unerwartetes.
    „Willst du herein kommen?“, fragte sie den Vogel amüsiert, der sie mit klugen Augen anblickte, doch im selben Moment breitete er die Flügel aus und erhob sich in die Lüfte. Joli zuckte die Schultern und legte sich ins Bett, schloss die Augen und schlief schnell ein. Durchschlafen konnte sie trotzdem nicht. Ein energisches Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Träumen. Sie kletterte aus dem Bett, torkelte zur Tür und öffnete sie schlaftrunken. Überrascht, die Wirtin zu sehen, bat sie die aufgeregte Frau herein. „Was ist denn passiert?“
    „Rasch, Fräulein Joli, Sie müssen das Zimmer auf der Stelle verlassen. Ein Feuer ist in der Küche ausgebrochen. Die Feuerwehr ist bereits verständigt und auf dem Weg. Die anderen Gäste sammeln sich im Hof. Beeilen Sie sich.“
    Joli war mit einem Mal hellwach, trotzdem nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn es etwas gab, das ihr eine Todesangst einjagte, dann war es Feuer. Vor mehr als zehn Jahren war sie in den Schulferien auf einen Reiterhof gefahren. Die Jugendlichen hatten jeden Sonntag bei den Pferden im Stall übernachtet. Überall waren Schlafdecken ausgelegt gewesen und jeder hatte etwas zum Knabbern mitgenommen. Während sich Joli und einige Freundinnen in eine leere Box am Ende der Stallgasse zurückgezogen hatten und längst eingeschlafen waren, präsentierte der Coolste unter den Jungs eine Zigarettenschachtel. Der Junge hatte die anderen zum Rauchen angestiftet, doch Holz, Stroh und heiße Asche vertragen sich nicht. Diese ersten Raucherfahrungen hatten zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes geführt. Als Joli aufgewacht war, hatte der Stall längst in Flammen gestanden und die Übeltäter waren auf und davon, weil sie die Mädchen in der Aufregung vergessen hatten. Brennende Balken waren von der Decke gestürzt, die Luft war stickig geworden und die Pferde hatten in Panik gegen die Türen ihrer Boxen ausgeschlagen. Joli erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen. Gott sei Dank war die Feuerwehr rechtzeitig vor Ort gewesen, um das Schlimmste zu verhindern. Sie schüttelte den Kopf, um die schrecklichen Erinnerungen fortzuwischen, zog sich an, holte rasch ihre Brille aus dem Badezimmer, griff nach ihrer Reisetasche und folgte der Wirtin durch den Flur, die Treppe hinunter in den Hof. Statt der anderen Gäste wartete vor der Tür eine schwarze

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