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Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Titel: Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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durchgeschlafen hatte, grenzte an ein Wunder. Er drückte die Wagentür auf und kletterte hinaus. Die Sonne war gerade erst aufgegangen, aber Remierre war kein Langschläfer. Er wusste selbst nicht genau, wo er sie hernahm, doch er hatte stets einen Überschuss an Energie. Vorsichtig reckte und streckte er sich, woraufhin seine Knochen an allen Ecken und Enden knackten, dann gähnte er ausgiebig und rieb die Stelle über seinem Hintern, welche durch seine gekrümmte Schlafhaltung in Mitleidenschaft gezogen worden war. War es denn ein Wunder, dass die Knochen eines 200 Jahre alten Mannes knackten? Bedachte man sein biblisches Alter, so hatte er sich doch hervorragend gehalten. Seine Gedanken drifteten wieder zu Joli, weil ihm klar wurde, dass er gestern Abend überreagiert hatte, als er sie, wegen seiner persönlichen Grundsätze, die er immerhin selbst verletzt hatte, zurückgewiesen und zudem noch allein im Zimmer zurückgelassen hatte. Er wollte noch einmal mit ihr über alles reden.
    Remierres Blick schweifte zum Gasthaus. Genauer gesagt zu einer kleinen Schiefertafel, auf der in ordentlicher Schreibschrift ‚Heute: Schlemmerfrühstück für zwei Personen’ in hellgrüner Kreide geschrieben stand. Sein Magen knurrte. Vielleicht konnte er nicht wieder gutmachen, was er gestern mit seiner sturen Art verbockt hatte, doch zumindest wollte er ihr zunächst eine Freude machen, sie überraschen.
    Schnellen Schrittes begab er sich in das Restaurant, in dem bereits die Hut-Lady und ihre Freundin, eine Matrone in Rosa, Platz genommen hatten. Beide studierten die Speisekarte und unterhielten sich angeregt über ihre Rassehunde, die unter dem Tisch lagen und vor sich hin dösten. Remierre bemühte sich möglichst geräuscharm an ihnen vorbei zu gehen. Doch die Tiere nahmen seinen verräterischen Geruch auf, den eine menschliche Nase nicht wahrnahm. Sofort schossen der aggressive Dobermann und ein besonders enthusiastisch kläffender Zwergpudel unter der Tischdecke hervor und knurrten Remierre um die Wette an. Ein Glück, dass beide Tiere an der Leine lagen, andernfalls wären sie vermutlich über ihn hergefallen.
    „Joran von Wedelsburg! Nicht schon wieder!“ Die Hut-Lady stöhnte entnervt und zerrte an der gespannten Leine. „So kenne ich ihn nicht, bitte entschuldigen Sie.“
    Um jegliche Konfrontationen zu vermeiden, wich Rem noch weiter zurück.
    Die Matrone griff nach ihrem Zwergpudel und setzte ihn auf ihren breiten Schoß, wo sie ihm ein Stück Wurst von ihrem Teller vor die Schnauze legte. Das Tier war sofort abgelenkt und beteiligte sich nicht länger am Überfall auf Remierre.
    „Bei Hunden habe ich wohl kein Stein im Brett“, sagte er, zwinkerte der Hut-Lady zu und ging zu einem der hinteren Tische, um möglichst viel Abstand zwischen sich und Joran von Wedelsburg zu bringen. Er setztesich, nahm die Speisekarte in die Hand und ignorierte das nicht enden wollende Gebell. Als er die Menükarte aufklappte flog ihm ein loses DIN-A4-Blatt entgegen, auf dem sich eine Ankreuzliste zur Selbstzusammenstellung des Frühstücks befand. Remierre merkte, dass er gar nicht wusste, was Joli gern aß, daher improvisierte er und nahm von allem, was sich auf der Liste befand, eine kleine Portion.
    „Haben Sie gewählt?“, fragte die Wirtin, die an seinen Tisch trat.
    „Ja. Ich hätte das Frühstück gern auf einem großen Tablett zum Mitnehmen.“
    „Ein Frühstück im Bett für die Liebste? Hach, das ist schön. Ich wünschte, mein Mann wäre so romantisch wie Sie. Ja, ja, so ist das, wenn man noch jung ist.“
    Kurz darauf brachte sie ihm ein Tablett, auf dem sich ein Korb verschiedener Brötchensorten, diverse Aufstriche, Wurst und Käse sowie eine große Portion Rührei mit Speck befanden.
    „Guten Appetit, mein Herr. Und schöne Grüße an die junge Dame.“
    Remierre nahm ihr das Tablett ab. Wenige Augenblicke später lief er die Treppe hinauf zu den Gästezimmern, den Gang hinunter, bis er Jolis Tür erreichte. Da er keine freie Hand zur Verfügung hatte, klopfte er mit dem Stiefel gegen die Holztür. Einen Moment wartete er auf ihre Reaktion, als diese ausblieb, versuchte er es noch einmal. Und noch einmal.
    „Joli? Wach auf, ich bin es, Rem.“ Er hielt inne, weil ihm bewusst wurde, wie sehr er es mochte, von ihr Rem genannt zu werden. Es wurde ihm warm ums Herz. Sie hatte ihn irgendwo berührt, wo ihn noch nie jemand zuvor berührt hatte. Wieder keine Reaktion. Vielleicht war sie noch immer wütend auf ihn. Er

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