Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
blickte sie dem Wagen nach, der sie fast über den Haufen gefahren hätte. Was war nur mit ihren Sinnen los? Normalerweise hätte sie das Auto schon aus weiter Ferne bemerken müssen. Sie erreichte die andere Straßenseite, schüttelte sich wie ein durchnässter Straßenköter und die Tropfen flogen durch die Gegend. Anstatt auf das Wohnhaus zuzugehen, bog sie ab und wanderte die Gasse hinunter, immer weiter, in Richtung Norden, weg von dem Gewitter, bis sie irgendwann ins Zentrum kam. Der Mut hatte sie verlassen. Was, wenn es Killian war, den sie gesehen hatte? Was, wenn er eine Freundin hatte? Der Gedanke störte sie, ohne dass sie sagen konnte, warum. Ein gut aussehender Mann wie er hatte sicherlich viele Verehrerinnen. Das war keineswegs abwegig, sondern im Gegenteil ganz normal. Der Regen hatte etwas nachgelassen. Zum Glück. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie sich mit jedem Schritt etwas mehr vom Unwetter entfernte.
Neonbuchstaben leuchteten ihr entgegen. Liberty Motel. Sie kramte in ihrer Jackentasche und fand den Schlüssel für ihr Zimmer. Herbergen wie diese suchte sie immer auf. Sie waren anonym und es interessierte die Besitzer nicht, wer sich einmietete. Noch dazu waren sie meist kostengünstig. Ideal für jemanden wie sie. Wenige Augenblicke später stand sie in dem kleinen Zimmer, das ihr, wenn auch nur vorübergehend, ein Heim war. Sie zog ihre Kleidung aus, warf sie achtlos auf den Stuhl und stellte sich unter die Dusche. Heiß empfingen sie die Wasserstrahlen und wohltuende Wärme erweckte ihre steif gefrorenen Glieder. Wie gut das tat. Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, legte sie sich ins Bett. Die Decke fühlte sich wunderbar weich auf ihrer nackten Haut an. Sie knipste die Nachttischlampe aus und zog die Decke bis zum Kinn hoch, hüllte sich ein, genoss die wohlige Wärme. Und doch fühlte sie sich verloren, denn das Bett war viel zu groß. Weil die Einzelzimmer bereits ausgebucht waren, hatte sie auf ein Doppelzimmer zurückgreifen müssen. Man war ihr entgegengekommen und mit dem Preis entsprechend runtergegangen.
Die rechte Seite des Bettes war leer. Das Kissen unbenutzt, die Decke unberührt. Sie seufzte. Seit ihrer Begegnung mit dem Werwolf war sie empfindsam geworden. Jede Kleinigkeit, wie diese alberne leere Betthälfte, löste nun ein Stechen in der Brust aus.
Als Killian am nächsten Abend das Haus verließ, um seinem Security-Job nachzugehen, hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Er lauschte ins Dunkel, aber er hörte nichts, außer dem Rascheln der Herbstblätter,die der Wind über die Straße fegte. Vielleicht hatte er es sich eingebildet. Doch auf seine Sinne war normalerweise Verlass. Er setzte sich hinter das Lenkrad seines Wagens und fuhr los. Ein paar Mal die Woche wurde er als Türsteher vor einem angesagten Club eingesetzt. Es war nicht unbedingt die Art Job, die er bevorzugte, aber auch solche Aufträge mussten erledigt werden, zumal sie Geld einbrachten.
Jetzt war es zweiundzwanzig Uhr und seine Schicht begann. Er bestimmte, wer reinkam und wer rausflog. Doch er merkte schnell, als es zu einer unnötigen Rangelei vor dem Club kam, die er gerade noch bewältigen konnte, dass er mit den Gedanken ganz woanders war. Bei Keira. Welch Überraschung. Die junge Wölfin ging ihm nicht aus dem Kopf und er bereute, dass er sie hatte gehen lassen. Er hoffte, dass sie sich sein Angebot durch den Kopf gehen ließ. Sie war stark und zäh, würde eine hervorragende Kriegerin abgeben. Es wäre eine Schande, wenn sie dem ihr vorbestimmten Weg nicht folgte. Wolfskrieger wie sie waren es, welche die Menschen vor Vampiren schützten. Kurz nach Mitternacht rief ihn ein Kollege zur Unterstützung hinein, es gab Schwierigkeiten im Club. Ein paar Männer waren aneinandergeraten und einer von ihnen hatte ein Messer gezückt, mit dem er auf den Rivalen losgehen wollte. Killian und sein Kollege gingen dazwischen und es gelang ihm, den Angreifer mit nur einem Schlag zu entwaffnen. Weil die Kerle keine Ruhe gaben, wurden sie von einem weiteren Kollegen hinausbefördert. Killian bekam am Rande mit, dass der Streit vor der Tür weiterging, dass es sich um eine Rivalität um dasselbe Mädchen handelte und dass das Clubmanagement sich gezwungen sah, die Polizei einzuschalten, weil die Aggressoren randalierten und unschuldige Passanten in ihren Streit hineinzogen. Killian war das nicht recht. Er wollte so wenig wie möglich mit den Bullen zu tun haben, am besten sollten sie gar nicht
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