Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
einer Küche mit einem gefüllten Kühlschrank, einem Badezimmer mit Badewanne. Ein Traum. Mehr würde es niemals sein. Keira konnte zufrieden sein, wenn sie ein Dach über dem Kopf hatte. Das Geld wurde immer knapper. Sie brauchte bald wieder einen Job. Doch sie hielt es nie lange an einem Ort aus, konnte nie Beziehungen eingehen, die enger waren. Sie versuchte es, hatte für ein Kurierunternehmen gearbeitet, doch dort gab es einen Mann, der versuchte, ihr näher zu kommen. Er war nett, war vor ihr nicht zurückgescheut, obwohl auch er merkte, dass etwas nicht mit ihr stimmte. Wahrscheinlich weckte das seinen Beschützerinstinkt. Er gab sich viel Mühe mit ihr, war geduldig gewesen. Anfangs fühlte Keira sich in seiner Gegenwart wohl, aber dann merkte sie, dass auch sie etwas für ihn empfand. Innige Zuneigung, Freundschaft, vielleicht mehr.
Aber dieses Mehr machte ihr Angst und sie war fortgelaufen, wie sie es immer tat. Seit mehr als hundert Jahren. Immer, wenn jemand zu der wahren Keira vordrang, welche von der starken, unnahbaren Keira abgeschirmt wurde.
Inzwischen war der Regen stärker geworden und kam nun auch durch das Dach, drang in ihre Kleidung. Aus der Ferne hörte sie ein Knattern, das schnell näher kam. Erschrocken hielt sie den Atem an, als jemand die Tür aufriss und ein Moped hineinschob. Der Mann erschrak, als er Keira erblickte. Dann wurde er sauer, weil er sie offenbar für eine Einbrecherin hielt.
„Raus hier! Gesindel!“, brüllte er und hob drohend die Faust in die Höhe.
Keira huschte an ihm vorbei und stürmte hinaus, spürte noch die Faust an ihrer Seite, hörte die Beschimpfungen, dann war sie fort, eilte durch die regennassen Straßen und sprang über riesige Pfützen hinweg.
In einem Hauseingang hielt sie inne, stellte sich unter und atmete tief durch. Ihr war eiskalt. Sie konnte ihre Zehenspitzen nicht mehr fühlen und ihre Hände zitterten ohne Unterlass. Sie versuchte, sie zu wärmen, indem sie sie in ihre Hosentaschen steckte, doch auch dort war es nass. Ihre Finger umschlossen ein aufgeweichtes Stück Pappe. Sie zog es hervor und blickte auf die Visitenkarte dieses selbstbewussten Werwolfs, der glaubte, sie im Zweikampf zu besiegen. Vielleicht konnte er das sogar. Er sah kräftig aus, war wendig und er erinnerte sie ein wenig an Vren. Gedankenverloren strich sie über die Karte, wie sie es schon einmal getan hatte. Killian Blackdoom. Seinen Namen zu lesen, besänftigte sie auf merkwürdige Weise. Die Schrift war vom Regen verschwommen, aber man konnte die Buchstaben noch entziffern. Dieser Werwolf besaß ein Heim, lebte nicht wie sie in billigen Absteigen oder auf der Straße. Sie beneidete ihn darum, war zugleich neugierig, wie es wohl aussah. Ob es sehr menschlich eingerichtet war, weil er sich seine menschliche Seite vielleicht bewahrt hatte? Sie spielte mit dem Gedanken, ihn aufzusuchen, zumal, wie sie gerade feststellte, die Adresse in der Nähe war. Ein Blitz zuckte am Himmel, kurz darauf folgte das Donnern. Es nahm Keira die Entscheidung ab. Sie löste sich vom Eingang, stürmte durch die Straße, bog um die Ecke und rannte die Gasse hinunter. Es schüttete sintflutartig auf sie hernieder, ihre Kleidung klebte wie eine zweite Haut an ihr. Aber der Regen hatte auch etwas Gutes. Er kühlte ihr erhitztes Gemüt, vertrieb alle Wahngedanken, die sich immer wieder in ihren Kopf schlichen. Die Straßen waren leer. Bei dem Wetter trieb sich kein normaler Mensch herum. Endlich erreichte sie die Walter-Knight-Street und dort drüben war der Wohnblock, in dem Killian lebte. Keira blieb auf ihrer Seite der Straße und blickte zu dem fünfstöckigen Gebäude empor. Es war ein Altbau, die Fassaden wirkten grau und ungepflegt. Keine schöne Gegend. Aber immer noch besser als ihr Motel. Zögerlich setzte sie einen Stiefel auf die Straße, zwei weitere Schritte folgten, bis sie auf der Mitte der Fahrbahn anlangte. Jemand blickte aus dem Fenster des obersten Stocks. Es war ein Mann. Vielleicht sogar Killian. Er wirkte athletisch. Sie konnte seinen muskulösen Oberkörper in allen Details erkennen. Entweder war er oberkörperfrei oder trug ein enges Hemd, das nichts versteckte. In der Ferne blitzte es erneut, und als sie wieder zu dem Fenster blickte, stand eine Frau hinter dem Kerl, hatte ihre Arme um seine Brust gelegt, streichelte ihn. Der Anblick versetzte ihr einen Stich ins Herz. In dem Moment leuchteten zwei Scheinwerfer auf und ein schrilles Hupen riss sie zur Seite. Erschrocken
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