Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
Rudel ein Werwolf, der befähigt war, einen Biss auszuführen und die endgültige Verwandlung einzuleiten. Doch das war, wie auch in ihrem Fall, nicht immer gegeben. Keira merkte, dass sie mit ihren Gedanken abgedriftet war und die Männer das Gespräch mittlerweile beendet hatten. Quentin musterte sie und in seinem Blick sah sie jenes Misstrauen, das sie immer in Charrs Augen gesehen hatte.
„Ein kniffeliger Fall“, sagte er nachdenklich. „Aber interessant ist er auch. Ich habe noch nie gehört, dass jemand so lange in diesem, nennen wir es Zwischenstadium, lebte, ohne verrückt zu werden.“
Ha, wenn Quentin wüsste, wie oft sie schon an den Rand des Wahnsinns gerückt war, ihn fast überschritten hatte. Einzig ihre Kämpfernatur und ihr Wunsch, den Mörder ihres Mentors zu finden, hatten sie davor bewahrt.
„Keira ist geschwächt. Sie hat immer wieder schlimme Anfälle. Wir können nicht bis zum nächsten Vollmond warten, um sie zu verwandeln“, sagte Killian.
„Das werdet ihr müssen. Für die Verwandlung ist es zwingend, dass du dich in deiner Werwolfform befindest.“
„Das wissen wir, aber gibt es keinen Weg, der ihr hilft, das alles durchzustehen, durchzuhalten? Ich meine, das ist doch kein Zustand, immerzu diese Schmerzen.“
Und die Wahnvorstellungen, von denen er nichts wusste. Keira hatte sie verschwiegen, weil sie ihm unmöglich noch mehr zumuten wollte.
„Es gibt einen Grund, warum Chimären mit der Zeit immer aggressiver und gefährlicher werden. Sie versuchen, Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen. Schmerz mit Schmerz.“
Das stimmte leider. Keira hatte diese Entdeckung vor einigen Jahrzehnten gemacht. Sie hatte wieder einen ihrer Anfälle gehabt, war ausgerastet, als hätte sich ihr Verstand für unbestimmte Zeit verabschiedet, und dann hatte sie auf diesen Kerl eingeschlagen, der zufällig ihren Weg gekreuzt hatte. Es war ein großer, starker Typ gewesen, den nichts so leicht hatte umhauen können. Als Retourkutsche hatte er ihr ins Gesicht geschlagen. Sie hörte noch deutlich das Knacken ihres Nasenbeins. Dann hatte sie ein mächtiger Schmerz durchfahren, den sie kaum ausgehalten hatte. Blut war aus ihren Nasenlöchern geflossen. Aber dann, trotz aller Schmerzen, trotz der Übelkeit, hatte sie gemerkt, dass es ihr besser ging als vorher.
„Das ist nicht dein Ernst“, empörte sich Killian, aber Quentin hob beschwichtigend beide Hände. „Ich sage doch nicht, dass ihr euch prügeln sollt, wenn Keira einen Anfall hat. Im Gegenteil. Es geht darum, das Adrenalin in die richtigen Bahnen zu lenken.“
„Ach, und wie soll das gehen?“
Quentin grinste verschwörerisch. „Ich bitte dich, du bist ein Mann, sie eine Frau, ihr werdet doch wohl wissen, wir ihr euer Blut in Wallung bringen könnt.“ Er zwinkerte Keira zu.
Killian räusperte sich und klopfte mit der Faust gegen seine Brust. Seine Wangen hatten sich leicht gerötet. „Ähm ja … danke für den Rat, Quentin. Aber … ich will noch etwas anderes mit dir besprechen.“
Keira war dankbar, dass er das Thema wechselte. Und so weihte Killian seinen Freund in alles ein, was sie mit Ann Suthers Hilfe herausgefunden hatten.
Nachdenklich nahm Quentin die Brille ab und fuhr sich mit seiner Hand über die Stirn. „Ich habe da mal etwas gehört …“ Dann sprang er wie von einer Tarantel gestochen auf und eilte zu einem Regal, das bis unter die Decke reichte. Dort zog er scheinbar wahllos ein Buch hervor, pustete den Staub vom Einband, schlug es auf und blätterte darin. Immer wieder befeuchtete er seinen Zeigefinger mit der Zunge, blättert schneller und noch schneller. „Hier ist es! Die Linie der Todgeweihten.“
„Der Todgeweihten?“, kam es von Killian und ihr wie aus einem Munde.
„Was ist das für ein Buch, zeig mal her.“ Killian stand auf und nahm es Quentin einfach ab, der es sich gefallen ließ.
„Eine Sammlung von alten Legenden und Geschichten. Mein Ur-Ur-Großvater hat es gebunden, weil er fürchtete, die Aufzeichnungen könnten verloren gehen, so lose, wie sie waren.“
„Interessant.“ Killian blätterte vorsichtiger in dem Buch, weil er offenbar fürchtete, das dünne Papier könne reißen. „Nun erzähl schon, was hat es mit diesen Todgeweihten auf sich?“
„Oh … das ist eine spannende Sache.“
„Das glaube ich gern.“ Er gab Quentin das Buch zurück.
„Ihr kennt das ja. Vampirisches Blut besitzt sehr viel Macht und je älter es ist, desto mächtiger ist es. Je näher ein Vampir an der
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