Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
würde sie erkennen, dass alles zu ihrem Besten war und eines Tages würde sie seinem Meister sogar dankbar sein. Und wenn diese Zeit gekommen war, würde er seine Entlohnung erhalten. Er würde ihr nah sein dürfen, für lange, lange Zeit.
Sein Meister hatte ihn zurückgeschickt und er war froh darüber, denn so konnte er sie beobachten, zusehen, wenn sie schlief, wenn sie träumte und eben diese Träume beeinflussen. Aber das war nicht seine einzigeAufgabe. Er musste sie vorbereiten. Ganz behutsam, damit der Plan funktionierte. Vorbereiten auf eine große Zukunft.
Er schlich um das Bett herum, in dem der Werwolf und die Menschenfrau lagen. Wie friedlich sie schliefen. Und wie schön das Mädchen aussah. So unschuldig, so rein. Er schob sich über die Wand neben ihrem Kopfende und schaute auf sie hinab, streckte die Hand nach ihrer Wange aus und glitt darüber. Oh, er wünschte, er hätte etwas fühlen können, aber er war nicht aus Fleisch und Blut, hatte keinen Tastsinn, mit dem er die Weichheit ihrer Haut hätte spüren können. Nur über ihre Träume konnte er mit ihr in Kontakt sein. Schon bald würde sie die Wahrheit erfahren.
Dr. Freck stand über ihr und zückte einen Dolch aus seiner Kitteltasche, der im Licht der Fackeln golden glänzte. Sie sah den Tanz der Flammen in der spiegelnden Oberfläche und verkrampfte sich, denn Joli wusste, was er damit vorhatte. Sie schrie um ihr Leben und ihr Schrei hallte durch das Gewölbe, doch die Schattengestalten blieben unbeeindruckt, reagierten nicht, als hätten sie nichts gehört.
Dann ging alles ganz schnell. Freck beugte sich zu ihr herunter, ritzte ihre Arme und Beine auf, während sich unter ihr das Portal in die Unterwelt öffnete. Joli war nicht sicher, ob die anderen die spiralförmige Öffnung sehen konnten, über der sie schwebte, denn sie reagierten darauf nicht, blieben mechanisch in ihren Bewegungen. Verstört blickte Joli in die unendliche Tiefe, aus der eine bleiche Gestalt zu ihr heraufgeflogen kam. Pyr. Das Gesicht der Königin war verzerrt, ein grausames Lächeln zierte ihre feuerroten Lippen und ihre dunklen Haare wehten durch den Auftrieb um ihr Gesicht. Spindeldürre Finger streckten sich nach ihr aus. Joli wollte ihr ausweichen, wollte verhindern, dass diese Knochenhände sie berührten, da spürte sie die Vereinigung, konnte die dunkle Energie fühlen, die sich in ihrem Inneren ausbreitete, von ihr Besitz ergriff. Pyr schien nach ihrem Herz, ihrer Seele zu greifen.
„Nein!“, schrie sie wie von Sinnen.
Da stürzte ein haariges Wesen aus den Schatten. Es war ihr vertraut und doch fremd, wirkte surreal, wie alles hier unten, doch Joli wusste, dass es gekommen war, um sie zu retten. Es war Rem. Im selben Moment wachte sie auf und fand sich in den starken Armen ihres geliebten Werwolfs wieder.
„Ganz ruhig“, flüsterte er, doch die Sorge in seiner Stimme war kaum zu überhören.
Er war aufgeregt, das merkte sie ihm an. Fest schlang er die Arme um sie, drückte sie an sich und küsste sie auf ihren Schopf.
„Wieder der Traum?“
Sie nickte und blickte zum Fenster. Die Sonne war aufgegangen und der Tag brach an. Sie war froh, hatte sie doch zu viel Angst, sich noch einmal hinzulegen. In der Aufregung war es ihr nicht gelungen, Theresas Ratschlag zu befolgen. Im Gegenteil. Sie war wieder in dieselbe Panik verfallen wie beim Mal davor. Wie war es möglich, dass sich Pyrs Energie so echt angefühlt hatte? Übelkeit stieg in ihr auf. Übelkeit, die von ihrem Magen herrührte. Sie löste sich aus Rems Armen und verschwand eilig im Bad. Was war nur los mit ihr? Brütete sie eine Krankheit aus?
Nachdem sie sich in die Toilette erbrochen hatte, warf sie einen Blick in den Spiegel und erschrak fast zu Tode. Sie sah wie eine Untote aus. Bleich. Dunkle Augenringe verunzierten ihr rundes Gesicht, das sonst zumindest etwas Farbe aufwies. Sie sah aus wie ein Vampir. Vielleicht verwandelte sie sich nach und nach in Pyr. Was für ein Albtraum!
„Was ist nur los mit mir?“, fragte sie sich, als hoffte sie, ihr Spiegelbild könne ihr eine Antwort geben.
Vielleicht hatte sie Hunger. Sie ging in die Küche, um sich ein kleines Frühstück zu machen. Tatsächlich verschlang sie weit mehr als sonst. Aber da rumorte es erneut in ihrem Bauch und Joli übergab sich ein zweites Mal. Als sie zu Rem zurücktaumelte, denn richtig gehen konnte sie nicht mehr, sprang der aus dem Bett.
„Joli!“, rief er aufgeregt und versuchte, sie zu stützen.
„Es
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