Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
leid, alter Freund, diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich kann dir nur sagen, was ich gesehen habe und was ich glaube.“
„Und was glaubst du?“
„Dass uns ruhmreiche Zeiten bevorstehen, dass wir zu alter Macht und Stärke finden werden, um die Menschheit endgültig zu unterjochen und die Werwölfe zu vernichten.“ Er löste seine Hände voneinander und ballte eine zu einer schmalen Faust, die unter der Kraftanstrengung zu zittern begann.
Antoine hätte jeden anderen Empathen angezweifelt, doch Rors Worte waren unantastbar. Alles, was er jemals vorausgesehen hatte, war in Erfüllung gegangen. Was er sagte, würde geschehen, denn niemand kannte die Zukunft besser als er.
„Die Menschenfrau muss gefunden werden, bevor es die Werwölfe tun. Auch sie werden hinter ihr her sein. Und du weißt, zu welchen Gräueltaten diese Bastarde fähig sind. Unsere Königin schwebt in großer Gefahr, mehr denn je“, sagte Ror erregt und Antoine wurde der Ernst der Lage bewusst.
„Gut, ich werde alles veranlassen.“
„Nein, Antoine, du wirst nichts tun.“
Erstaunt hielt er inne und musterte die reglose Gestalt. „Lord Vasterian hat mich beauftragt …“
„Das spielt keine Rolle.“ Ror erhob sich zu seiner vollen Größe, die über die eines gewöhnlichen Mannes hinausragte. „Es tut mir leid, Antoine. Aber dies ist meine Aufgabe.“
„Lord Vasterian selbst gab mir den Auftrag, alles zu tun, was nötig ist“, widersprach Antoine, denn er war von dem innigen Wunsch beseelt, sich seinem Meister zu beweisen. Viel zu lange hatte er in Levans Schatten gestanden, war immer nur die Nummer Zwei gewesen, aber das war seine Chance.
Ror zuckte die Schultern, als sei es ihm egal, dass Antoine von Vasterian legitimiert worden war.
„Wer hat dich beauftragt?“, fragte er herausfordernd.
„Die Königin selbst“, sagte Ror.
Verdammt! Er war ihm entkommen.
Killian Blackdoom ballte die Hände derart stark zu Fäusten, dass sich die Sehnen an seinem Handrücken abzeichneten. So etwas durfte nicht passieren! Nicht so kurz vor dem Ziel! Er hatte den jungen Vampir durch die nächtlichen Straßen Londons verfolgt, hatte geglaubt, leichtes Spiel mit ihm zu haben, aber dann hatte der Kleine ihn plötzlich abgehängt. Wahrscheinlich kannte sich der Junge in der Gegend aus, stammte von hier, hatte schon als Mensch in diesem Viertel gelebt.
Wahrscheinlich war er noch in der Nähe. Killian sprang auf einen Müllcontainer, zog sich an dem darüber befindlichen Fenstersims hoch und schwang sich auf den Vorsprung des niedrigen Dachs. Dort nahm er Anlauf, klomm an einem Rohr hinauf und gelangte auf das Hauptdach. Von hier aus hatte er einen gutenÜberblick über die Stadt und seine wölfischen Sinne lokalisierten schnell jede Bewegung in seinem näheren Umfeld. Ein betrunkenes Pärchen, eine Katze, die sich an Abfällen verköstigte und ein junger Mann, der panisch durch die Straßen rannte, sich immer wieder ängstlich umblickte. Das war er! Sein Vampir!
Jeder Muskel seines Körpers spannte sich an und Adrenalin rauschte heiß durch seine Adern. In seiner Brust glühte das Herz eines Jägers. Killian nahm begierig die Verfolgung auf. Das Jagen war wie eine Droge. Vernebelte die Sinne seines menschlichen Anteils und erweckte den Wolf in ihm. Es war Verlangen, das in ihm brannte. Wild, leidenschaftlich. Dieses Mal würde ihm der Bursche nicht entkommen. Seine Beine drückten sich vom Dach ab, er sauste durch die Luft, landete auf dem nächsten Dach, kam seiner Beute näher, immer näher. Als er glaubte, fast nur noch die Hand nach dem Kerl ausstrecken zu müssen, schoss etwas aus den Schatten auf den Vampir zu, zwang ihn, einen Haken zu schlagen. Er bog in eine Seitenstraße ein, die in einer Sackgasse enden würde, was der Kleine wohl nicht ahnte, aber sehr schnell feststellen würde. Killians Erregung nahm zu, er spürte den Herzschlag in seinem Hals und versuchte, seinen Konkurrenten in der Dunkelheit auszumachen. Wer war es, der so dreist seine Jagd störte? Der in sein Revier eindrang? Verflucht! Der Vampir gehörte ihm!
Der zweite Jäger war groß, schmal und vor allem schnell. Zu schnell für einen Menschen. Killian hielt inne und beobachtete das Wesen, das wie ein Blitz hinter dem Vampir herschoss. Seine Bewegungen waren kraftvoll, grazil, animalisch. Sehr animalisch. Ein Werwolf! Natürlich! Aber diese Beute gehörte ihm! In seiner Brust erwachte das feurige Glühen des Wolfskriegers, der sein Revier verteidigt.
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