Lykos (German Edition)
plötzlich ein dunkler Schatten hinter der Steinmauer erhob und mit einem Satz herübersprang. Bevor Bernd und seine Frau reagieren konnten, stand eine ziemlich große Gestalt zwischen ihnen, schubste Carola Ritsch mit einem kräftigen Stoß um und hieb mit einem scharfen Gegenstand nach ihrem Mann. Der Schmerz in der Brust brannte höllisch und der Angegriffene sah für einen Moment Sterne. Die Wucht des Schlags holte auch ihn von den Beinen und er stürzte mit dem Kopf gegen die Mauer auf der anderen Straßenseite, so er bewusstlos liegen blieb.
Als er wieder zu sich kam, spürte er, wie Carola seinen Kopf hochhob und verzweifelt seinen Namen rief. „Bernd, Bernd ..., wach doch auf. Scheiße, was ist denn ... oh, Gott sei Dank, du lebst“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
„Was ..., was ist passiert? Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er benommen.
„Ja, ja, alles OK, mir fehlt nichts. Aber was ist mit dir?“
„Ist OK, geht schon wieder. Ich war für einen Augenblick wirklich weg.“
„Du hast dir den Kopf gestoßen, hoffentlich ist es nicht schlimm“, sagte Carola tief besorgt und blickte ihren Mann immer noch ängstlich an. Er fasste sich an den Hinterkopf und fühlt eine dicke Beule. Blut bemerkte er aber zu seiner Erleichterung nicht. Dennoch war er ziemlich wackelig auf den Beinen, als er sich erhob. Seine Frau stütze ihn und sie gingen langsam wieder zurück in die Siedlung. Der Schreck über das Erlebte steckte ihnen beiden in den Knochen und sie blickten sich ständig um.
„Ich möchte gern wissen, was das war“, sagte Bernd Ritsch und schüttelte seinen Kopf. Er war eigentlich recht kräftig und sportlich, so schnell warf ihn nichts um.
„Was meinst du damit?“, fragte Carola verständnislos.
„Na ich meine, was war das dort eben?“
„Na, irgend so ein wahnsinniger Kerl. Wir können froh sein, er einfach abgehauen ist.“
„Hast du ihn genauer erkennen können?“, fragte Bernd aufhorchend.
„Nein ..., er ist einfach zu schnell weg ..., außerdem war es doch dunkel“, antwortete Carola.
„Bist du wirklich in Ordnung?“
„Ja, alles OK mit mir, hab ich dir doch schon gesagt. Aber dich müssen wir zu einem Arzt bringen.“
Als sie endlich wieder an eine Laterne gelangten, konnte man erkennen, Bernd Ritsch einen langen, dreifachen Riss in seinem T-Shirt von der Brust bis fast zum Bauchnabel hatte. Es blutete auch ein wenig und er verspürte jetzt wieder das Brennen. Er hob das Hemd an und betrachtete die Schmarre auf seiner Haut, die zwar nicht sehr tief, aber dafür ziemlich breit war und noch von zwei weiteren rötlichen Streifen rechts und links daneben flankiert wurde.
„Jetzt sieh dir das an, der Typ muss eine Waffe gehabt haben“, sagte er erstaunt und verspürte ein Gefühl zwischen Wut und Fassungslosigkeit, ausgerechnet ihnen so etwas hier geschehen war.
„Du musst auf jeden Fall sofort zu einem Arzt“, bemerkte Carola Ritsch und betrachtete die Wunde mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Aber der ist um diese Zeit nicht mehr da. In der Rezeption hat man mir gesagt, der deutsche Arzt jeden Abend von sechs bis neun anwesend ist. Jetzt haben wir es nach elf, der ist weg.“
„Das ist egal, Bernd. Das muss sich ein Doktor ansehen“, beharrte Carola ernst.
„Ach was, das ist nur ein Kratzer. Viel wichtiger ist, was wir jetzt unternehmen. Sagen wir morgen der Reiseleitung bescheid oder gehen wir zur Polizei? Ich weiß überhaupt nicht, was man hier unternimmt, um eine Anzeige zu erstatten.“
„Das ist doch jetzt nicht so wichtig. Du musst das da nachsehen lassen“, sagte Carola fast schon flehend.
„Nein, das wird schon wieder. Ich will lediglich wissen, wie man diesen Kerl erwischen kann. Wenn ich den in die Finger kriegen würde ...“
„Bernd, bitte, hör auf. Wir sind gleich da und können doch dann mit dem Wagen ...“
„Ich gehe heute nicht mehr zu einem Arzt, klar?“ sagt er und wehrte jeden weiteren Versuch einer Diskussion mit einer ablehnenden Handbewegung ab. Er wurde langsam wütend und ging einige Schritte voraus. Sie hatten inzwischen wieder die Straße erreicht, an der das Hotel lag und betraten die Lobby.
Ein aufmerksamer Bediensteter an der Rezeption blickte Bernd Ritsch über den Rand seiner schmalen Brille an und machte dann ein besorgtes Gesicht. „Kann ich ihnen helfen, haben sie sich verletzt?“, fragte er mit etwas Akzent.
„Nein, nein, alles in Ordnung“, wehrte der Gefragte ab und schüttelte den
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