Lynne Graham
Wohnhäuser in der Stadt in ihrer Hand.
Madrigal Court war ein unabhängiges Reich inmitten des Metaxis-Imperiums, doch schon bald, wenn Gladys nicht mehr war, würde auch das wunderbare alte Haus ihm gehören. Das war schon jetzt abzusehen. Selbst wenn ihre Großmutter ihr einen Teil des Anwesens vererben sollte – was keineswegs feststand … allein die Summe der unbezahlten Rechnungen und die Kosten für die Beerdigung waren Grund genug, das Haus so schnell wie möglich zum Verkauf zu stellen. Ophelia konnte nur hoffen, dass Lysander Metaxis ihr die Möglichkeit lassen würde, das von der Mauer umschlossene Gartenstück zur weiteren Nutzung zu mieten. Schließlich lag es in gebührendem Abstand zum Haus und hatte auch einen eigenen Zugang von der Straße.
Erst stopfte Ophelia die Bettwäsche in die Waschmaschine, dann stieg sie in ihre Gummistiefel und eilte nach draußen. Den Park hatte sie allein nicht in Ordnung halten können, doch der Garten innerhalb der Mauer war eine blühende Oase. Hier wuchsen in säuberlich aufgeteilten Beeten Stauden und exotische Schnittblumen, mit denen sie ihr kleines Geschäft aufbauen wollte. Zwar hatte sie sich inzwischen einen Stammkundenkreis erarbeitet, doch für eine feste Aushilfe reichte es noch lange nicht.
Nach einer guten Stunde Gartenarbeit kehrte sie in die gemütliche Küche zurück, wo ein alter Holzofen aus den Zwanzigerjahren – das modernste Stück im Raum! – für anheimelnde Wärme sorgte.
„Guten Tag! Zeit für den Tee!“, grüßte Haddock sie krächzend von seiner Stange.
„Guten Tag, Haddock.“ Ophelia verstand den Wink und hielt dem großen Papageien eine Erdnuss hin. Sie war mit dem alten Vogel aufgewachsen und liebte ihn geradezu abgöttisch. Und da sie wusste, wie gern er seine Streicheleinheiten hatte, strich sie ihm sanft die Kopffedern glatt.
Bekannte Schritte näherten sich. Pamela Arnold, eine Frau Ende zwanzig mit einem roten Pagenkopf und lustigen braunen Augen, kam in die Küche. „Mädchen, so wie du aussiehst, brauchst du unbedingt einen Mann, an den du dich anlehnen kannst.“
„Nein, danke. So verzweifelt bin ich noch nicht.“ Eine lockere Bemerkung, die Ophelia allerdings durchaus ernst meinte. In ihrem bisherigen Leben waren Männer ein nie verendender Quell von Problemen, Kummer und Enttäuschungen gewesen. Ihr Vater hatte die Familie bereits vor vielen Jahren verlassen und vergessen, dass Ophelia überhaupt existierte. Ihre Mutter war mit einem Mann nach dem anderen ausgegangen, die sie alle entweder um Geld erleichterten, gewalttätig waren oder sie mit anderen Frauen betrogen. Und Ophelias erste Liebe hatte solche Lügen über sie verbreitet, dass sie in der Schule zur Ausgestoßenen geworden war.
„Oh, nicht schon wieder!“, stöhnte Ophelia verlegen auf, als Pamela eine irdene Kasserolle auf den blank geschrubbten Küchentisch stellte. „Du kannst uns doch nicht ständig füttern …“
„Wieso nicht? Du bist im Moment ziemlich erschöpft, und du bist meine beste Freundin. Ich finde zwar nicht gut, wie du dich aufopferst, aber ich kann dir wenigstens ein wenig helfen.“
Ophelia hob kritisch eine Augenbraue. „Ich opfere mich nicht auf …“
„Doch, tust du, noch dazu für eine höchst unsympathische Person. Aber jetzt verschließe ich mein respektloses Mundwerk und sage keinen Ton mehr.“
„Meine Großmutter hat meiner Mutter finanziell unter die Arme gegriffen und mir ein Zuhause gegeben, als ich dringend eines benötigte. Sie hätte weder das eine noch das andere tun müssen.“ Ophelia verstummte. Ihre Großmutter hatte mit ihrer schroffen Art viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Gladys war es gelungen, sich durch das strenge britische Klassensystem von ganz unten nach oben zu boxen, um dann einen Mann der obersten Gesellschaftsschicht zu heiraten. Doch letztendlich hatte es nur einen einzigen Schicksalsschlag gebraucht, um der starken Frau den Boden unter den Füßen wegzuziehen und Ophelias viel schwächere Mutter Cathy zu zerstören.
Das war jetzt über dreißig Jahre her, und noch immer hallte das Echo von Verbitterung, Wut und Erniedrigung durch Ophelias Leben. Das tief sitzende Vorurteil hatte auch auf sie Wirkung gehabt, selbst wenn sie immer versuchte, offen zu bleiben. Der Name Metaxis erfüllte sie mit einer unterschwelligen Feindseligkeit, die ihrem heiteren und großzügigen Wesen eigentlich völlig fremd war.
Während sie frischen Kaffee aufbrühte, musste sie ein Gähnen
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