Lyon - A.M.O.R. 01
eines r o ten Leuchtturms, der über den Fluss des Sankt-Lorenz-Stroms in den Norda t lantik zu wachen schien.
„Warum halten wir?“
„Es sind 47 Meilen zu tauchen, ich benötige eine Pause.“ Das war nur die halbe Wahrheit. Jede Faser sträubte sich, die Insel Anticosti zu betreten. Es gruselte ihn, wie sich sein Leben innerhalb kürzester Zeit verändert hatte. A u ßerdem wusste er, was ihn erwartete, erwischten und überwältigten sie ihn – was wahrscheinlich war. Dann starb er lieber im Kampf an einem Stich ins Herz.
Zymon legte sich in das von Tannen geschützte Moos und beobachtete se i nen kondensierenden Atem vor der hereinbrechenden Dunkelheit. Er hatte es gleich beim Erwachen in seiner Hütte gespürt, dem aber zunächst keine B e deutung beigemessen. Lyons Blut stärkte ihn nachhaltig. Anders, als es Magycenblut vermochte. Der Grund war vermutlich der, dass es Amorphenblut war, und vor allem war es im Gegensatz zu Adinas Blut rein. Menschenplasma enthielt weniger Nährstoffe. Er schwankte, ob er es dem König erzählen oder gleich über ihn herfallen sollte. Denn irgendetwas schwächte auch Lyon, und falls es der fehlende Blutaustausch zwischen den verfeindeten Spezies war, so hatten sie sich seit Jahrhunderten ordentlich ins eigene Fleisch geschnitten. Er hielt es im Grunde für undenkbar, der Erste zu sein, dem dies auffiel, auch wenn der Krieg und die Entwicklungen danach je g lichen Kontakt zwischen ihnen völlig entzweit hatten.
Brauchten die Magycen also tatsächlich die Amorphen und umgekehrt? Wie viele Amorphen gab es noch? Hatte er als Jäger genügend übrig gelassen, um seine eigene Rasse nicht auszurotten?
„Weiter!“, murrte Lyon.
„Lass uns das Vorgehen besprechen.“
Lyon nickte. Seine Sorge um Adina glich der einer Mutter. Es bestätigte ihn darin, das Richtige zu tun, indem er dem verliebten Kerl half.
„Zymon-Ki, beantworte mir ein paar Fragen.“
„Sicher. Aber nenn mich bitte Zymon.“
„Was soll dieses Ki überhaupt?“
Ein wenig störte es ihn schon, dass der König der Amorphen nicht einmal ahnte, was sein Name bedeutete. Er schnaufte, überwand seinen Stolz. „Ki ist ein Adelstitel, verliehen für jahrhundertelange, erfolgreiche Dienste.“
„Oh ha. Sir, Lord, Graf Zymon oder lieber Zymon the Killer?“
Zymon erhob sich, knurrte drohend. So etwas musste er sich nicht gefallen lassen, von niemandem.
Lyon hob lässig die Hand und nickte. „Okay, okay, schon gut, setz dich wi e der. Sorry, wenn ich etwas gereizt bin, immerhin ist das mein Volk, das du jahrhundertelang umgebracht hast.“
Zymon fuhr sich durchs Haar. Gut, er hatte sein Leben gerettet und ve r schont, weil er ihn brauchte, doch deshalb nötigte ihn noch lange keiner, sich zu entschuldigen. Jeder spielte seine Rolle in diesem gottverdammten Spiel, das einem nie jemand erklärt hatte. Er legte sich zurück auf das Moos.
„Wer hat das FAL gebaut und wozu?“
„Das Monarchenhaus unter Gaudor Tomac ließ es im 16. Jahrhundert e r richten. Es ist eine Blutbank.“
Lyon blieb vor ihm stehen, seine harte Maske fiel und er blickte ihm unglä u big ins Gesicht. „Bitte?“
„Viele Magycen leben unter Menschen, zivilisiert und kaum zu untersche i den. In den vergangenen Dekaden explodierte ihre Zahl und damit die Nac h frage nach künstlichem Blut. Singles, die nicht fest mit einem anderen Magycen zusammen sind, ernähren sich auf diese Art kostenlos und unko m pliziert. Wir geben es in bestimmten Apotheken heraus. Das Elixier des Homo sapiens sättigt uns nicht vollumfassend und es ist lästig, ständig mit Ausreden aus der Reihe zu tanzen, um sich des Nachts low-cost reinzuziehen. Sieh es als Fertigprodukt mit allen benötigten Vitaminen an, wie Instantprodukte oder Dose n ravioli, nur hochwertiger.“
Lyon brachte beinahe ein Lächeln zustande, ehe er eine ernste Miene au f setzte. „Was noch?“
Zymon sah auf. „Unsere Bevölkerung wird unruhig. Viele, auch die, die sich nicht künstlich ernähren, sind der Meinung, schleichend an Kraft zu verlieren. Seit einigen Jahren forschen sie im FAL auch daran.“
„Weshalb bringen die Jäger dann Amorphen ins FAL?“
„Damals dachte ich, weil man sie dort unauffällig aushorchen und ve r schwinden lassen konnte, eine Art Gefängnis eben. Aber in Wahrheit exper i mentierten sie an euch, das wurde mir klar, als ich für jeden neuen Auftrag eine spezielle Klinge erhielt. Eine pro Amorph.“
„Ein Messer mit einem chemischen Gift, das
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