Lyon - A.M.O.R. 01
sie wollten. Er mochte die Menschen, sie waren so … friedlich. Nicht wie er, ein Magyc, dessen Rasse vor langer Zeit Krieg gegen die Amo r phen geführt und gewonnen hatte, ungeachtet dessen dennoch weiter mord e te. Er atmete tief durch und zwang sich zurück in seine Gelassenheit. Seine Zeit als Auftragsspürhund war lange vorbei. Mit den H o mo sapiens kam er gut zurecht, niemand wusste, wer er war und er brauchte nichts anderes mehr als seine Ruhe.
„Verdammter Mist!“ Zymon-Kis linkes Bein zuckte und er hievte es vom Geländer. Die Folgeschäden seines Berufes holten ihn stets in die Realität z u rück und erinnerten ihn an seine Vergangenheit. Obwohl nur ein Phanto m schmerz, peinigten ihn seine Verletzungen, die er sich in der Ausübung seiner Pflicht in den Jahrhunderten zugezogen hatte. In keiner Körperform war er imstande, das Muskelstechen zu verdrängen.
Seit seine Kräfte nachließen, gelang ihm fast nur noch die Form des Nebels und die ständig wiederkehrenden Qualen drangsalierten ihn von Mal zu Mal schlimmer. Das Vermächtnis seines Lebens. Davor konnte er nicht davonla u fen. Er keuchte stoßweise, als die Schmerzen endlich abklangen. Mit vor A n strengung zitternden Fingern nahm er den Bagel und versuchte , den Geda n ken zu ignorieren, dass er durch die unerträglichen Anfälle bald sein Ende fi n den würde.
Oberflächlich betrachtet stellte New York eine der anonymsten Städte auf E r den dar. Vor zwei Wochen hatte Adina zum zweiten Mal das starke Bedürfnis verspürt, dieser Weltstadt den Rücken zu kehren, doch nun atmete sie erleic h tert die Autoabgase ein und wusste, hier war es möglich, in der Menge unte r zutauchen und gleichzeitig als angehende Verrückte nicht aufzufallen.
Das Glucksen blieb ihr im Halse stecken. Sie fühlte sich furchtbar durche i nander. Eine Abfolge von Bildern des Absturzes quälte sie und nichts schien mehr zu sein, wie es einmal war. Alles wandelte sich … weil sie sich wandelte? Es war nicht durchdacht gewesen, Hals über Kopf das Kloster zu verlassen, auch wenn ihr Entschluss weiterhin feststand. Aber zu der Erkenntnis gelangte ihr Bewusstsein erst, als der Fahrer des Überlandbusses sie aus ihrem Erschö p fungsschlaf riss, um ihr die Tür zu weisen, weil ihr Ticket nur bis hierher g e reicht hatte und ihre Bargeldreserven aufgebraucht waren. Eine nette Großf a milie nahm sie schließlich mit in die City.
Adina blickte auf die Plastiktüte mit ihrer Kleidung und schleppte sich we i ter. Sie sah sicher aus, wie sie sich fühlte. Bohrende Fragen ließen sie nicht zur Ruhe kommen, so sehr sie auch versuchte, das Warum und Wie zu verdrä n gen. Wie hatte er sie in der Luft auffangen können? Warum stürzte er sich nach ihrer Rettung auf sie? Ihre Gedankengänge und Gefühle glichen Lyons Verhalten. Ein Strudel aus Un-Wörtern drehte sich in ihrem Kopf, obwohl sie sich zwang, einfach an Nichts zu denken. Unlogisch – unmöglich – unve r ständlich – unerklärlich – unbegreiflich …
Die Begegnung mit Lyon wirkte wie ein Traum. Ein angenehmer, zumindest wenn sie an die Empfindungen dachte, die er ausgelöst hatte, aber ansonsten der absolute Albtraum.
Adina hielt inne, als sie die Anzeichen eines Schocks bei sich erkannte. B e stimmt hielt er sie in eisernen Klauen, verhinderte eine klare Reflexion. Sie sollte sich erst einmal gründlich ausschlafen. Passanten starrten sie bereits an, als hätte sie nicht alle Nadeln an der Tanne. Sie streckte den Rücken und wich den Blicken aus. Ausgerechnet in dem Moment, als sie zielstrebig hatte weite r gehen wollen, erfasste sie ein sehnsüchtige s Prickeln . Willenlos sackte Adina wie betäubt in einem schmalen Hauseingang nieder. Diese unbändigen G e fühlsausbrüche würden sie gleich nach den Fieberschüben umbringen. Oder davor. Mann, wenn sie nur wüsste, woher sie kamen, wodurch sie ausgelöst worden waren. Seit Wochen verschlimmerte sich beides nebst den Her z schmerzen von Tag zu Tag. Es gab einfach keine Erklärung und es ließ sich keine Krankheit feststellen.
Sie kämmte sich mit den Fingern das Haar, zitterte vor Erschöpfung. I n ständig hoffte sie, Emanuel würde ihr öffnen und ihr, obwohl sie ihn vor e i nem Jahr verlassen hatte, trotzdem helfen. Sie bedurfte unbedingt einer D u sche, sie hatte keinen Cent mehr in der Tasche und ihr Limit war bereits übe r zogen. Ihr Magen jaulte, ohne Luft zu holen und Müdigkeit hängte ihr G e wichte an die Lider. Sie stemmte sich hoch,
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