Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
Unvergleichliche, jeder ein geistiges Universum für sich. Nun, ich darf mich nicht dem Geiz hingeben. Dort, wo sie herkommen, gibt es noch mehr von ihnen. Sei es also. Nehmt diesen hier. Er funkelt am bezauberndsten im Licht der aufgehenden Sonne. Geht nach Thripsey Shee, just wenn die ersten Sonnenstrahlen auf die Wiese fallen. Geht nicht bei Mondlicht, sonst erleidet Ihr einen qualvollen Tod von geisterhaftem Erfindungsreichtum. Haltet den Kristall in das Licht der aufgehenden Sonne, laßt ihn in ihren Strahlen funkeln. Und gebt ihn auf keinen Fall aus der Hand, ehe Ihr nicht handelseinig seid. Die Elfen werden ihr Wort peinlich genau halten. Entgegen der landläufigen Auffassung sind sie ein höchst gewissenhaft gesinntes Volk. Sie werden ihre Verpflichtungen exakt erfüllen: nicht weniger, aber auch gewiß nicht ein Jota mehr. Also verhandelt mit größter Sorgfalt!« Murgen erhob sich. »Ich wünsche Euch viel Erfolg.«
    »Einen Moment noch, Herr. Die Gryphen sind hadersüchtig. Sie sind nicht zufrieden mit ihrem Honig. Ich glaube, viel lieber würden sie mir das Mark aus den Knochen saugen.«
    »Sie sind leicht abzulenken«, beruhigte ihn Mur-gen. »Gebt einem von ihnen zwei Scheiben Honig und dem anderen keine.«
    »Und was ist mit dem Felsblock an Binkings Schlucht? Wird er wieder im Gleichgewicht ruhen wie zuvor?«
    »Just in diesem Moment ist der Rabe dabei, den Felsblock wieder auszubalancieren – keine geringe Leistung für einen Vogel, der Schwingen und Schwanz verloren hat. Er brennt gewiß auf Rache.« Murgen hielt Aillas eine Rolle blaßblauen Seiles hin. »Am oberen Ende des Hohlweges steht ein Baum,dessen Äste über die Klippe hinausragen. Schlingt dieses Seil um den Baum, knüpft eine Schlaufe, in die Ihr Euch setzen könnt, und laßt Euch an der Klippe herunter.«
    »Was mache ich mit dem fuchsköpfigen Weib am Siss-Fluß?« Murgen zuckte die Achseln. »Ihr müßt einen Weg finden, es zu überlisten. Andernfalls hackt es Euch mit einem einzigen Tritt mit ihrem Hühnerbein die Augen aus. Ein Kratzer von ihrem Fingernagel, und Ihr seid gelähmt. Hütet Euch also davor, ihr zu nahe zu kommen!«
    Aillas erhob sich aus seinem Sessel. »Ich danke Euch für Eure Hilfe, dennoch frage ich mich, warum Ihr den Weg zu Euch mit so vielen Fährnissen spickt. Die meisten, die Euch aufsuchen, kommen doch gewiß mit freundlicher Absicht.«
    »Ja, zweifellos.« Es war klar zu erkennen, daß das Thema Murgen nicht interessierte. »Um Eure Frage zu beantworten: Die Fährnisse sind nicht von mir geschaffen worden, sondern von meinen Feinden.«
    »Und die Gryphen so dicht vor Swer Smod? Das ist fürwahr eine Dreistigkeit!«
    Murgen ging mit einer wegwerfenden Handbewegung über das Thema hinweg. »Es ist unter meiner Würde, dem Beachtung zu schenken. Und nun, Prinz Aillas, wünsche ich Euch eine gute und ungefährdete Reise.«
    Mit diesen Worten schritt Murgen zur Tür hinaus. Die Frau mit dem weißen Gewand führte Aillas durch die dunklen Flure zum Portal. Sie blickte hinauf zum Himmel, wo die Sonne bereits den Zenit überschritten hatte. »Wenn Ihr Euch beeilt, könnt Ihr Oswy Untertal noch vor Einbruch der Nacht erreichen.«
    Aillas machte sich mit forschem Schritt auf den Weg. Wenig später kam er an die Grotte, wo die zwei Gryphen saßen. Als sie seine Schritte vernahmen, wandten sie sich zu ihm um. »Wirst du dich noch einmal erkecken, uns mit fadem Honig abzuspeisen?
    Es gelüstet uns nach würzigerer Kost!«
    »Offenbar seid ihr beide halb verhungert«, entgegnete Aillas. »So geht es nun halt manchmal im Leben. Nun gut ...«
    Er zog zwei Honigscheiben aus seinem Bündel. »Normalerweise würde ich ja jedem von euch eine Scheibe anbieten, aber einer von euch hat gewiß größeren Hunger als der andere, deshalb soll er beide bekommen. Ich lasse sie hier, und ihr entscheidet selbst.«
    Aillas entfernte sich unauffällig von dem sofort ausbrechenden Streit, und er hatte noch nicht fünfzig Schritt auf dem Pfad zurückgelegt, als die Gryphen sich schon in den Haaren lagen und gegenseitig an den Bärten zogen. Obwohl Aillas wacker ausschritt, drangen die Geräusche der Auseinandersetzung noch viele Minuten an sein Ohr.
    Er kam zu Binkings Schlucht und spähte vorsichtig über den Rand der Klippe. Der große Felsblock schwebte wieder wie zuvor in prekärem Gleichgewicht. Der Rabe hockte daneben, immer noch bar seiner Schwingen und seines Schwanzes, und starrte mit seinem runden roten Auge in den Hohlweg. Sein

Weitere Kostenlose Bücher