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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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und schlitternd erreichte er in kurzer Zeit den Grund des Tals. Hier fand er sich in einem Garten voller Apfelbäume, allesamt reich beladen mit roter Frucht, aber er marschierte entschlossen weiter und gelangte so an das Ufer des Flusses. Dort saß auf einem Baumstumpf eine Frau mit dem Gesicht eines Fuchses und den Beinen eines Huhnes.
    Aillas musterte sie bedächtig. Schließlich fuhr sie ihn an: »Mann, was starrt Ihr mich so an?«
    »Madame Fuchsgesicht, Ihr seid fürwahr höchst ungewöhnlich.«
    »Das ist kein Grund, mich in Verlegenheit zu bringen.«
    »Das war nicht meine Absicht, Madame. Ihr seid, wie Ihr seid.«
    »Beachtet, daß ich hier in aller Würde sitze. Nicht ich war es, der wie ein Wildfang den Berg herunter gesprungen und getollt kam. Derlei ausgelassene Possen könnte ich mir niemals gestatten; die Leute würden denken, ich sei eine wilde Range.«
    »Ich war vielleicht ein wenig ungestüm«, gab Aillas zu. »Würdet Ihr mir eine Frage gestatten, aus purer Neugier?«
    »Vorausgesetzt, sie ist nicht ungebührlich.«
    »Das müßt Ihr entscheiden, und Ihr müßt Euch mit der Bedingung einverstanden erklären, daß ich mich, indem ich die Frage stelle, zu nichts verpflichte.«
    »So fragt denn.«
    »Euer Gesicht ist das eines Fuchses, Euer Rumpf ist der einer Frau, Eure Beine sind die eines Huhnes. Welcher dieser drei Anteile ist der bestimmende in Eurem Leben?«
    »Die Frage ist unschicklich. Nun ist es an mir, Euch um einen Dienst zu bitten.«
    »Aber ich habe ausdrücklich jede Verpflichtung von mir gewiesen.«
    »Ich appelliere an Eure ritterliche Schule. Würdet Ihr zulassen, daß eine arme, verängstigte Kreatur vor Euren Augen von der Strömung fortgerissen wird? Tragt mich über den Fluß, wenn Ihr so gut sein wollt.«
    »Das ist eine Bitte, die kein Herr von Stand abschlagen könnte«, sagte Aillas. »Tretet her, direkt anden Rand des Wassers, und zeigt mir die zum Überqueren günstigste Stelle.«
    »Gern.« Die Frau stolzierte hinunter zum Fluß. Aillas zog sein Schwert, und mit einem einzigen, mächtigen Streich hieb er die Frau durch die Körpermitte in zwei Teile.
    Doch die Teile wollten nicht still stehen. Das Bekken und die Beine rannten hin und her; der Rumpf und die Arme zuckten und wälzten sich und trommelten auf den Boden, während der Kopf wüste Schmähungen brüllte, die Aillas das Blut in den Adern gefrieren machten. Schließlich sprach er ein Machtwort: »Still, Frau! Wo bleibt Eure hochgepriesene Würde?«
    »Hebt Euch hinweg!« kreischte sie. »Meine Vergeltung wird nicht lange auf sich warten lassen!«
    Aillas packte sie bedächtig beim Kittel, schleppte sie zum Wasser und trug sie über die Furt. »Mit den Beinen auf der einen und den Armen auf der anderen Seite werdet Ihr weniger zu Übeltaten geneigt sein!«
    Die Frau antwortete mit einem neuen Schwall von Verwünschungen, doch Aillas stellte sie ungerührt am anderen Ufer ab und ging seines Weges. Der Pfad führte hügelan. Er blieb stehen und schaute noch einmal zurück. Die Frau reckte den Kopf hoch und pfiff. Sofort kamen die Beine über den Fluß gesprungen. Die beiden Hälften fügten sich zusammen, und die Kreatur war wieder ganz. Aillas schritt trübsinnig weiter, den Gaboon-Berg hinan. Im Osten, tief unterihm, dehnte sich grüner Wald, dann kam Ödland, wo nicht einmal ein Grashalm gedieh. Eine steile Felsenklippe ragte jäh vor ihm auf; offensichtlich endete hier der Pfad. Zwei Schritte weiter, und Aillas sah Binkings Schlucht, eine enge Spalte, die durch die Klippe schnitt. Am Eingang der Schlucht stand ein zehn Fuß hoher Sockel mit einer dünnen Spitze, auf welcher, in exaktem Gleichgewicht schwebend, ein gewaltiger Felsblock ruhte.
    Mit größter Behutsamkeit ging Aillas näher heran. Nicht weit von ihm, auf dem Ast eines toten Baumes, saß ein Rabe, der Aillas aufmerksam mit seinem roten Auge fixierte. Aillas drehte ihm den Rücken zu, legte einen Pfeil ein, schwang herum, zog und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Der Rabe fiel getroffen in einem flatternden Haufen zu Boden. Dabei streifte er mit einem Flügel den Felsblock. Der Felsblock schwankte, neigte sich zur Seite und donnerte in die Kluft.
    Aillas barg seinen Pfeil, schnitt dem Vogel Schwanz und Flügel ab und steckte sie in sein Bündel. Eines Tages würde er seine zwölf Pfeile schwarz befiedern.
    Der Pfad führte durch Binkings Schlucht hinauf zu einer Terrasse über der Klippe. Eine Meile voraus, in einer Ausbauchung unterhalb der

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